Motorsport / Dylan Pereira will in Le Mans gewinnen: „Es ist das bisher größte Rennen meiner Karriere“
Rennfahrer Dylan Pereira verwirklicht sich am kommenden Wochenende einen „Kindheitstraum“, wenn er an den Start der 24 Stunden von Le Mans geht. Der Luxemburger vom Team TF Sport will den Herausforderungen im legendären Rennen trotzen und gleich bei seiner ersten Teilnahme an dem mythischen Rennen ganz oben auf das Podium fahren.
„Es ist ein mythisches Rennen. Jeder will einmal dort gewinnen“, kommt Dylan Pereira ins Schwärmen, wenn er an das 24-Stunden-Rennen von Le Mans denkt: „Es steckt so viel Historie in diesem Rennen. Überhaupt dort mitzufahren ist eine große Sache. Es ist eine herausfordernde Strecke. Es ist ein Rennen, in dem wirklich alles passieren kann.“
Seit seiner Kindheit träumt Pereira von einer Teilnahme an dem Rennen mit Legendenstatus – am Samstag wird es dann endlich so weit sein: Um 16 Uhr geht der Luxemburger erstmals an den Start des prestigereichen Events. In der Klasse GTE-Am startet er für den britischen Rennstall TF Sport. „Es ist das bisher größte Rennen meiner Karriere“, sagt er im Vorfeld.
Zu jeder Zeit Einsatzbereit
Bereits am Freitag reiste der Luxemburger an die Strecke – dort wohnt er nicht, wie man meinen könnte, in einem Hotel, sondern in einem Mobilehome; dieses teilt er sich mit seinen beiden Teamkollegen Ben Keating (USA) und Felipe Fraga (Brasilien). Die drei pflegen ein professionelles Verhältnis, verstehen sich aber auch privat gut. „Wir waren zwar noch nie über längere Zeit auf so einem kleinen Raum. Wir kommen aber sehr gut miteinander zurecht“, erzählt Pereira lachend: „Wenn man hier gewinnen will, darf man sowieso nicht egoistisch sein. Man muss sich gegenseitig unterstützen und zusammenhalten.“
Die ersten Ausfahrten auf der legendären Strecke hat es bereits in den vergangenen Tagen gegeben, im Training ließen Pereira, Keating und Fraga den Motor ihres Aston Martin schon aufheulen. Mit den Vorbereitungen auf das Ausdauerrennen hat der Sportsoldat aber bereits im Vorfeld begonnen. „Unsere Akkus müssen für das Wochenende voll sein, deshalb muss man schon im Voraus auf die Ernährung achten und auch Ergänzungsmittel zu sich nehmen“, erklärt er.
Immerhin muss er zu jeder Zeit einsatzbereit sein und während des gesamten Rennens anstrengende neun Stunden in seinem Boliden verbringen. Die Fahrzeit wird im Voraus festgelegt: Keating steuert den Aston Martin von TF Sport während insgesamt sechs Stunden, Fraga und Pereira werden jeweils während neun Stunden – verteilt über das ganze Rennen – im Cockpit Platz nehmen. Die Fahrtzeit wird zudem an die Stärken der drei Fahrer angepasst. Pereira hat beispielsweise wenig Schwierigkeiten, bei Nacht zu fahren, deshalb wird er wohl vermehrt eingesetzt, wenn es dunkel ist.
Herausforderung
„Die größte Herausforderung wird es sein, in der Nacht auf die Autos der anderen Kategorien zu achten. Die Hypercars und LMP2-Boliden fahren auf den Geraden etwa 40 km/h schneller als wir. Wenn diese von hinten ankommen, ist man im Rückspiegel blind. Ihre Scheinwerfer leuchten extrem hell und verblenden die anderen“, erzählt der Luxemburger: „Das Schwerste wird es sein, sie richtig einzuschätzen und ihnen, wenn nötig, Platz zu machen, ohne dabei Zeit zu verlieren oder einen Unfall zu bauen.“
Die Kunst ist es, schnell zu fahren, gleichzeitig aber das Auto zu schonenüber die Herausforderung eines Ausdauerrennens
Ruhezeit wird es innerhalb der 24 Stunden kaum geben. „Wir werden wahrscheinlich dreimal so lange hinter dem Steuer sitzen wie üblich – so können sich die anderen beiden Fahrer zwischen den Stints etwas länger ausruhen“, erklärt der Sportsoldat: „Mehr als zwei Stunden wird es aber sicherlich nicht geben. Sollte es zu einem unvorhergesehenen Zwischenfall kommen, könnten es auch weniger werden. Es kann sein, dass wir wachgerüttelt werden und innerhalb von 5-10 Minuten im Auto sitzen müssen.“
Ganz so hektisch wird es in der Vorbereitungswoche nicht werden – auch wenn Testfahrten bei Nacht für jeden Piloten Pflicht sind, um sich an das Rennfahren im Dunkeln zu gewöhnen. Nach den Practice-Sessions und dem Qualifying wird der Wagen dann am Freitag von den Mechanikern noch einmal auf Herz und Nieren geprüft und Verschleiß-Teile, wie zum Beispiel die Bremsen oder Radlager, ersetzt – ehe das Rennen am Samstag und Sonntag ansteht.
Taktik und Strategie
Zuvor wird im Team aber noch über Taktik und Strategie entschieden, in einem Ausdauerrennen muss der Wagen eher schonend behandelt werden: „Wir bestimmen, wann wir angreifen, wie wir mit den Reifen umgehen und so weiter. Eigentlich geben wir aber nur im Qualifying richtig Vollgas, danach geht es darum, den Wagen so zu fahren, dass er es über die gesamte Dauer schafft“, erklärt Pereira: „Wir bremsen im Rennen zum Beispiel nicht auf letzter Rille, wenn es nicht unbedingt sein muss. Auch das Fahren über die Kerbs werden wir im Rennen vermeiden. Im Qualifying wird das noch anders sein.“ Das Fahren über die Kerbs verursacht starke Vibrationen, dadurch können Teile am Auto beschädigt werden oder auch Reifenschäden entstehen. „Wir werden im Rennen nur bei 98 Prozent sein und etwa pro Runde eine Sekunde langsamer fahren, als wir es könnten. Die Kunst ist es, schnell zu fahren, gleichzeitig aber das Auto zu schonen.“
Für die Piloten bedeutet das, dass ihr Fahrstil nach dem Qualifying angepasst werden muss – oder auch während des Rennens. Für den Luxemburger stellt dies allerdings keine Probleme dar: „Im Training werden wir bereits alles ausprobieren, sodass wir uns schnell daran gewöhnen.“
In Le Mans ist der Zweite der erste Verliererwill gewinnen
Vor allem darf man sich aber nicht aus der Ruhe bringen lassen, sagt Pereira und erklärt, dass auch wenn kleinere Fehler passieren, keine Hektik aufkommen darf: „Wenn man beim Boxenstopp zum Beispiel zwei Sekunden verliert, darf man sich nicht aufregen. Auch die anderen fahren nicht perfekt und werden Fehler machen.“
Pereira ist aber im Herzen Rennfahrer. Er will schneller sein als die Konkurrenz und am Ende wenn möglich ganz oben auf dem Podium der GTE-Am-Kategorie stehen: „Das Ziel ist es, unsere Klasse zu gewinnen. Damit könnte ich in meiner Karriere einen großen Sprung nach vorne machen.“ In den kommenden Jahren würde er nämlich selbst gerne einen der Prototypen in der WEC steuern.
Sieg als Ziel
Mit einem Podestplatz will sich der 24-Jährige nicht zufriedengeben, er ist ambitioniert – es soll der höchste Platz auf dem Treppchen werden. „Einen Sieg in Le Mans will jeder in seinem Palmarès haben, dort ist der Zweite der erste Verlierer. Wenn man sich die Bilder der vergangenen Jahre ansieht, dann sind die Zweiten und Dritten immer traurig.“
Die Chancen, in Le Mans am Ende ganz oben zu stehen, schätzt Pereira selbst nicht schlecht ein. Zusammen mit seinen beiden Teamkollegen bildet er eine starke Fahrergemeinschaft und auch der Aston Martin von TF Sport hat die nötige Schnelligkeit, um dort zu gewinnen (auch im vergangenen Jahr stellte das britische Team den Sieger).
In den vorigen WEC-Saisonrennen hat TF Sport, sowie auch die Konkurrenz, aber nicht die komplette Leistung des Boliden abgerufen. Deshalb sei es im Voraus schwer einzuschätzen, wie stark die anderen Teams wirklich sind. „Bis zum Rennstart kann man das nicht genau sagen“, so Pereira. Und die Konkurrenz in der Klasse GTE-Am, in der TF Sport fährt, ist groß. Während in der höchsten Klasse, den Hypercars, lediglich fünf Teams für das Rennen in Le Mans gemeldet sind, starten in der Kategorie GTE-Am insgesamt 23 Autos. „Sich gegen so viel Konkurrenz durchzusetzen wäre schon etwas Besonderes“, freut sich Pereira auf das bisher größte Rennen seiner Karriere.
Einziger Wermutstropfen: Die Zuschauerzahl in Le Mans ist aufgrund der Pandemie begrenzt, die Stimmung, die das Event „zum Teil auch ausmacht“, wird dieses Jahr nicht ganz aufkommen.
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