Glenn Schumacher / „Ech & Du“: Zwölfjähriger Lycée-Schüler kreiert seinen ersten Wein als Schulprojekt
Ab Mai belebt eine Besonderheit den Weinmarkt an der Mosel. Dann gibt es „Ech & Du“, den Pinot gris eines Zwölfjährigen. Glenn Schumacher hat ihn unter Anleitung seines Vaters kreiert und seine Entstehung von Anfang bis Ende begleitet. Das Schulprojekt hat auch einen karitativen Aspekt.
Glenn ist aufgeregt. Obwohl die „Weinstuff“ der Eltern quasi sein zweites Zuhause ist, rutscht er unruhig hin und her. Als Zwölfjähriger hat er nicht alle Tage mit der Presse zu tun. Vater Tom, der das Weingut Schumacher-Lethal führt, ist da relaxter. Das iPad mit der selbst zusammengeschnittenen Dokumentation hat der „Septième“-Schüler mitgebracht und am Donnerstag mussten alle Unterlagen für das Projekt in der Schule sein.
Das meiste hat er also hinter sich. Einen eigenen Wein wollte er immer schon mal machen, erzählt er. Als er im Sommer 2021 ins „Lycée Aline Mayrisch“ in Luxemburg-Stadt wechselt, das im Volksmund „Lamel“ heißt, steht es den Schülern frei, im Laufe des Schuljahres eine Projektarbeit einzureichen. Der Winzersohn ergreift die Gelegenheit, seine Pläne um zu setzen.
Ein Pinot gris soll es werden. Eigene Fotos auf dem Tablet zeigen ihn bei der Weinlese im September 2021, auf dem Gabelstapler mit den Kisten voller Trauben auf dem Weg zur Presse, im Weinkeller beim Befüllen des Tanks, beim Messen der Süße und mit dem Vater bei den Proben, mit der Nase im Weinglas. Während des Gärprozesses macht er eine Entdeckung. „Ich habe gesehen, wie die roten Trauben weiß wurden“, sagt er.
Produkt mit eigener Note
Vater Tom hat Tipps beigesteuert und den Wein nach der Gärung noch kurz im Barrique nachreifen lassen. Das verleiht dem Produkt eine eigene Note. Vor zwei Wochen wurde abgefüllt. Da zerbricht Glenn sich schon länger den Kopf über den Namen und das Etikett. Er malt, verwirft, fängt wieder neu an.
„Lamel Gris“, seine erste Idee, hätte den Link zum Schulprojekt geschaffen, aber da gibt es vielleicht Schwierigkeiten mit Urheberrechten der Schule. Schließlich steht der Name fest: „Ech & Du“. Vater Tom ist der eine, Sohn Glenn der andere des Duos auf der Flasche. „Außerdem steht der Name für mich und die Herausforderung“, sagt der junge Winzerlehrling zum philosophischen Hintergrund.
„Du & Ech“ entspräche zwar mehr der „political correctness“, aber Glenn lehnt das ab. Da lässt er sich von Erwachsenen nicht reinreden. Sein Wein, seine Entscheidung. Für das Etikett hat er die luxemburgischen Nationalfarben gewählt. Die Druckerei hat grafisch noch ein bisschen nachgeholfen und der Prototyp schaut schön aus. Noch ist es auf einer der 1.333 Flaschen von Hand aufgeklebt.
Die richtigen sind im Druck. Die Zahl der Flaschen der limitierten Auflage gibt die Kapazität des Tanks vor. 1.000 Liter darin ergeben die Zahl der Flaschen. Glenn hat alles durchdacht, sogar den Verkauf, mit dem er einen guten Zweck erfüllen will. Er besucht den Sportzweig des Gymnasiums, ist ein begeisterter Fußballspieler und outet sich als Fan von Bayern München und des 1. FC Köln.
Spende an Special Olympics
Letzteres ist er aus Loyalität zum „Papp“. Der findet den Club und das Stadion in der Stadt toll, erzählt Glenn. Der Club spielt derzeit auf dem siebten Platz in der Bundesliga. Das weiß er ganz genau, die aktuelle Tabelle hat er im Kopf. Seine Vorbilder wie Thomas Müller oder Jamal Musiala vor Augen, die beide eher im offensiven Mittelfeld spielen, trainiert er bis zu dreimal in der Woche. Deswegen ist er auch nicht so ganz glücklich, dass er derzeit in der Abwehr eingesetzt ist. Wie es halt manchmal so geht im Verein, wenn jemand ausfällt. Trotzdem: Er hat es gut und weiß, dass andere dieses Glück nicht haben. Deswegen gehen 25 Prozent der Einnahmen jeder verkauften Flasche als Spende an die Sportbewegung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung, Special Olympics.
Glenn findet es schade, dass nicht alle Mitschüler die freiwillige Projektarbeit gemacht haben. „Das ist das einzige Schuljahr, wo wir so etwas machen“, sagt er über den spielerischen Einstieg in die Gymnasialzeit. Die, die mitgemacht haben, waren kreativ. Sein bester Freund hat 50 französische Bücher gelesen und sie in kurzen Essays zusammengefasst. Jemand anderes hat ein kleines Schiff aus Lego gebaut und noch ein anderer hat einen Comic geschrieben.
Eine Mitschülerin hat monatelang trainiert, um 50 Körbe im Basketball zu schaffen. Diese Woche waren Projektwochen in der Schule unter dem Motto „Mir wuessen iwwert eis eraus“. Glenn hat sich an diesem Tag gleich mehrmals vom 10-Meter-Brett in der Coque in die Tiefe gestürzt. Nicht nur da ist er über sich hinausgewachsen. Und er ist stolz. „Ech & Du“ könnte nicht nur als Schulprojekt, sondern auch als soziales Engagement ein Erfolg werden.
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Schulprojekte:
Winzerssohn kreiert Wein.
Bauernsohn kreiert neue Kartoffelsorte.
Schustersohn fertigt Schuhe an.
Film heute Abend im Journal.