Hochwasserschäden / Echternacher Kläranlage hat es hart getroffen und muss manuell betrieben werden
Das starke Hochwasser hat das Großherzogtum vor zwei Wochen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Welche Schäden haben Luxemburgs Kläranlagen erlitten? Das Wasserwirtschaftsamt gibt einen Einblick in die aktuelle Lage.
Zwei Wochen ist es her, dass Luxemburg von der Hochwasserkatastrophe heimgesucht wurde. Viele private und öffentliche Gebäude sowie Straßen sind beschädigt worden. Aus den beiden letzten Coronastep-Berichten geht hervor, dass in drei Kläranlagen „aufgrund von Schäden oder Unzugänglichkeiten nach den Überschwemmungen“ keine Proben entnommen werden konnten. Hierbei handelt es sich um die Kläranlagen in Echternach, Grevenmacher und Übersyren. Doch wie schwer hat das Hochwasser Luxemburgs Abwasserbehandlungsanlagen getroffen?
Das Tageblatt hat bei dem Direktor des Wasserwirtschaftsamts, Jean-Paul Lickes, nachgefragt, wie es um Luxemburgs Kläranlagen steht. Derzeit sei es noch nicht möglich, den Schaden in Zahlen festzuhalten: „Die Schäden selbst werden noch beziffert“, so Lickes. Das „Syndicat intercommunal de dépollution des eaux résiduaires de l’Est“ (Sidest) müsse noch einen Schadensbericht erstellen. Lickes sagt, dass einige Anlagen zwar beschädigt wurden, aber: „Wir sind insgesamt mit einem blauen Auge davongekommen.“
Anlage Echternach muss manuell betrieben werden
Die Kläranlage in Echternach hat es am härtesten getroffen, dort hat es „reale Schäden“ gegeben, stellt Lickes fest. Allerdings seien auch die Anlagen in Rosport und Mompach betroffen. Die in Echternach „war komplett überflutet. Auch die ganze Elektromechanik stand unter Wasser und ist nicht wiederverwertbar“, teilt der Direktor mit. Dort habe es anfangs tatsächlich Schwierigkeiten gegeben, um die Anlage wieder in Gang zu bekommen und die Vorklärung des verschmutzen Wassers zu ermöglichen.
„Das Hauptproblem, das wir in Echternach haben, ist die Steuerung der Anlage“, sagt Lickes. Normalerweise seien die ganzen Vorgänge automatisiert und würden per Computer gesteuert werden. Das sei derzeit aber nicht mehr möglich. Unter anderem die Regelung der Sauerstoffzufuhr und die Bedienung der Klappen (über die z.B. die Zuflussregelung funktioniert) müssten nun manuell vorgenommen werden. „Es ist möglich, die Anlage manuell zu steuern. Aber es ist personal- und kostenaufwendiger“, betont Lickes.
Zudem sei nicht nur die Elektromechanik der Echternacher Kläranlage beschädigt worden: Auch der sogenannte Belebtschlamm sei in Mitleidenschaft gezogen worden. Dabei handelt es sich um einen an Mikroorganismen reichen Schlamm, der bei der biologischen Abwasserreinigung verwendet wird. Der Belebtschlamm der Echternacher Kläranlage sei während des Hochwassers etwas verkommen und müsse wiederbelebt werden.
„Der Belebtschlamm wird sich in zwei bis drei Wochen wieder erholen“, sagt der Direktor des Wasserwirtschaftsamts. Der spezielle Schlamm müsse mit einem bestimmten Maß an Schmutzwasser und Sauerstoff angereichert werden. Ist das nicht der Fall, verkommt er und die darin enthaltenen Bakterien (die das Wasser reinigen sollen) sterben ab. Die Pflege des Belebtschlamms wird im Normalfall von einem Computer übernommen. Auch diese Arbeit werde derzeit manuell durchgeführt. Das „ist nicht so einfach und bedarf einer ständigen Kontrolle“, meint Lickes.
Anlagen an ihrer Belastungsgrenze
Die meisten Kläranlagen seien so konzipiert, dass sie auch einem Jahrhunderthochwasser standhalten könnten und betriebsfähig blieben. Der Wasserstand vor zwei Wochen hätte allerdings jenen einer Jahrhundertflut übertroffen. Hauptsächlich jene Kläranlagen, die bei der Sauer liegen, seien durch das Hochwasser an ihre Belastungsgrenzen gebracht worden – was nur eine Zeit lang funktioniere. Aufgrund der Wassermengen waren die Anlagen „zum Moment des Hochwassers hydraulisch überlastet“, sagt Lickes.
Man habe daran gearbeitet, um die von der Flut betroffenen Kläranlagen zu reparieren und wieder komplett in Betrieb zu nehmen. Die Anlagen in Echternach, Grevenmacher und Übersyren würden wieder „einigermaßen sauber funktionieren“. „Es ist nicht so, dass sie nicht betriebsbereit waren“, betont Lickes. Wegen der Überschwemmungen sei es jedoch nicht möglich gewesen, Wasserproben für den Coronastep-Bericht zu entnehmen.
Reparaturen lassen auf sich warten
Doch wie geht es nun weiter? Der Direktor des Wasserwirtschaftsamts sagt: „Es ist noch keine politische Entscheidung gefallen, inwiefern der Staat hier intervenieren wird.“ Dringende Arbeiten, wie die Entfernung von gefährlichen Rückständen in Bächen, würden praktisch sofort angegangen werden. Bei Reparaturarbeiten an der Infrastruktur sehe es laut Lickes allerdings anders aus: „Es ist nicht ganz einfach. Jetzt fängt der Kollektivurlaub an. Es ist eine schwierige Zeit, um Aufträge zu vergeben.“
Viele Kläranlagen der Großregion seien beschädigt worden. Darum gebe es zurzeit auch mehr Reparatur-Aufträge als Firmen, die sich diesen überhaupt annehmen könnten. Viele Unternehmen seien bereits für neun Monate im Voraus ausgebucht. Allem Anschein nach wird es wohl noch eine Weile dauern, bis alle Luxemburger Kläranlagen wieder so funktionieren können wie vor der Hochwasserkatastrophe.
Der grüne Abgeordnete François Benoy hat am Donnerstag eine parlamentarische Anfrage bezüglich der Schäden an Luxemburgs Kläranlagen an seine Parteikollegin und Umweltministerin Carole Dieschbourg gestellt. Weitere Informationen von der Regierung könnten also in Kürze folgen.
Was ist Coronastep?
Der Coronastep ist ein vom Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) erstellter Bericht, der die Luxemburger Abwässer auf die Prävalenz von Coronaviren untersucht. Dafür entnimmt das LIST Proben an 13 Luxemburger Kläranlagen: Beggen, Bettemburg, Schifflingen, Bleesbrück, Mersch, Petingen, Hesperingen, Echternach, Übersyren, Grevenmacher, Ulflingen, Böwingen/Attert und Wiltz. Insgesamt wird somit ein Einzugsgebiet mit 445.302 Menschen abgedeckt. Dafür wird über 24 Stunden Wasser am Zufluss der jeweiligen Kläranlage gesammelt. Die Virus-RNA ist in menschlichen Exkrementen nachweisbar und kann deshalb in Kläranlagen gefunden werden. Die Forschungseinrichtung LIST beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit Abwässern und den Viren, die sich darin befinden. Normalerweise gehen die Forscher Viren nach, die Magen-Darm-Entzündungen oder andere Infektionen des Verdauungstrakts auslösen können. Für die Auswertung benutzen die Wissenschaftler im Grunde die gleiche PCR-Methode, wie sie auch bei Rachenabstrichen angewandt wird. Sie erlaubt es, die RNA – also den genetischen Bauplan des Virus – aufzuspüren. (sen/gr/mb)
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