/ Effektiv nur 2 Prozent? Finanzministerium greift Steuer-Studie der EU-Grünen zu Luxemburg an
Laut einer Studie der EU-Grünen zahlten Konzerne in Luxemburg bis 2015 lediglich 2 Prozent Steuern. Finanzminister Pierre Gramegna (DP) stellt nun die Analyse des Wirtschaftswissenschaftlers Petr Janský infrage und spricht von groben methodologischen Schnitzern. Wie viel Steuern die Unternehmen tatsächlich in Luxemburg zahlten, lässt er offen.
Vor rund einem Monat präsentierten die EU-Grünen eine Studie mit Brisanz: Sie hatten wissen wollen, wie weit die Steuerlast für internationale Konzerne in der Realität von der offiziellen Quote abweicht. Ergebnis: In fast keinem Land der Europäischen Union zahlten große Unternehmen den gesetzlich vorgeschriebenen Steuersatz (Artikel: Europaweit vermeiden Konzerne in Luxemburg die meisten ihrer Steuern). Und in keinem Land klafft die Schere so weit auseinander wie in Luxemburg. Zwischen 2011 und 2015 mussten multinationale Firmen in Luxemburg offiziell 29,1 Prozent ihres Gewinns als Steuern abführen, tatsächlich waren es aber bloß 2,2 Prozent.
Eine unbequeme Wahrheit
Für Kritiker der luxemburgischen Fiskalpolitik war es lediglich die erneute Bestätigung einer unbequemen Wahrheit: Luxemburg, ein Paradies für Steuervermeidung. Nichts anderes legen Analysen und Berichte der vergangenen Jahre nahe – von einer „Studie zur Debatte um Steueroasen“ des Luxemburger „Cercle des ONG“ aus dem Jahre 2009 über die Forschung des Berkeley-Ökonomen Gabriel Zucman bis hin zu Luxleaks. Zuletzt sprachen selbst OGBL-Präsident André Roeltgen sowie LSAP-Präsident Franz Fayot von luxemburgischem Steuerdumping.
Apologeten der Luxemburger Steuerpolitik stellten jedoch die Studie der Grünen infrage. Sie zweifelten an der Seriosität der Untersuchung des Wirtschaftswissenschaftlers Petr Janský von der Karlsuniversität in Prag, der die Analyse im Auftrag der Grünen durchführte.
So auch Pierre Gramegna. In einer Antwort auf parlamentarische Anfragen der LSAP- sowie der CSV-Fraktion hat der Finanzminister von „signifikanten methodologischen Fehlern“ gesprochen. Gleich eine Reihe Beobachtungen würden die Ergebnisse in Zweifel stellen. Die Analyse sei „oberflächlich“ und würde mit unpräzisem Zahlenmaterial arbeiten. Selbst der Autor müsse eingestehen, mit einer unvollständigen Datenbank zu arbeiten.
Keine Informationen
Mitte Januar hat das Online-Magazin Reporter über Cum-Ex-Geschäfte in Luxemburg berichtet. Demnach hat der Brite Sanjay Shah den luxemburgischen Staat um mehrere Millionen Euro betrogen. Er habe sich eine Steuer rückerstatten lassen, die er tatsächlich jedoch nie gezahlt hat. Laut Reporter soll die Steuerverwaltung die Transaktion in Millionenhöhe vorab genehmigt haben.
Der CSV-Abgeordnete Gilles Roth wollte vom Finanzministerium wissen, inwieweit das zutrifft.
Die Antwort: „Das Offenlegen von Angaben jedweder Art ist abgedeckt durch das bestehende Steuergeheimnis.“ Das Finanzministerium verweigert es demnach, Informationen preiszugeben. In einem Punkt gibt das Ministerium dem Abgeordneten Roth jedoch recht: „Entsprechende Schlagzeilen schlagen sich nicht günstig auf das öffentliche Image eines Landes nieder.“ ps
Nichts Ungewöhnliches
Ferner würde er der Komplexität der internationalen Fiskalberechnungen nicht gerecht werden. „Nicht alle Einnahmen der Unternehmen werden nach dem globalen Steuersatz berechnet“, so der Minister in seinem Schreiben.
Gramegna zählt gleich eine Reihe von unterschiedlichen Fällen auf, die zu einem Steuernachlass führen: So sind etwa Lizenzeinnahmen deutlich geringer besteuert, auch Ausgaben in Forschung und Entwicklung führen zu einer Steuerreduktion für Unternehmen, und Dividenden, die Firmen aus Tochterunternehmen beziehen, sind sogar vollkommen steuerfrei. Kurz: Der Finanzminister zeigt, dass es nichts Ungewöhnliches ist, dass der tatsächliche Steuersatz vom gesetzlichen abweicht.
Warum die Differenz in Luxemburg im Vergleich zum Ausland so dramatisch ausfällt, erklärt Gramegna jedoch nicht. Ebenso wenig gibt er an, wie hoch tatsächlich die Steuerlast der Unternehmen in Luxemburg im untersuchten Zeitraum war. Nur so viel: Die Janský-Studie könne nicht korrekt sein.
Vielmehr verweist der Finanzminister auf die vielen Anstrengungen, die seit 2015 in der Europäischen Union unternommen wurden, um effektiven und gesetzlichen Steuersatz einander anzugleichen; ausgehend von BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) bis zur neuen ATAD-Richtlinie (Anti-Tax Avoidance Directive), die seit dem 1. Januar in Kraft ist. Die neuen Regeln sollen sicherstellen, dass die Gewinne von Konzernen, die in mehreren Ländern tätig sind, auch tatsächlich besteuert werden. Demnach sollen Schlupflöcher zur Steuervermeidung nicht mehr möglich sein.
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Klartext ist jedoch dass die Janský Studie oberflächlich ist da ja die entsprechenden Steuerunterlagen nicht zur Verfügung standen, weil es eben ein Steuergeheimnis gibt, wie auch in anderen Ländern übrigens, nicht nur in Luxemburg. Also reines „guesswork“ ist also für einen Wirtschaftsfachmann und diese tschechische Universität wirklich keine Referenz. Wissenschaftliche Arbeiten dieser Art können nur auf allgemein verfügbare Daten beruhen, damit sie nachvollziehbar sind; diese Studie ist ein grünes Fantasieprodukt pro domo um Luxemburg wieder international anzuschwärzen!
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Tatsächlich lässt sich an der Studie wohl einiges kritiersen. Selbst Jansky gesteht, dass er „faute de mieux“ auf die lückenhafte Datenbank von Orbis zurückgreifen musste. („Orbis is the best available, but far from perfect, data source and it has a number of shortcomings.“ S. 9) Als reines „guesswork“ oder „Fantassieprodukt“ kann man die Analyse wohl doch nicht abtuen, da sie auf der Grundlage eines Datensatzes von mehereren Tausend Unternehmen beruht. Allein für Luxemburg sind die Steuersätze von 1011 multinatioanle Unternehmn mit eingeflossen. Dazu empfehle ich den Artikel von Romain Hilgert im Land: http://www.land.lu/page/article/119/335119/DEU/index.html