Corona-Krise / Effizienter, schneller, besser: So hat sich das Contact Tracing neu aufgestellt
Luxemburg steckt mitten in der dritten Welle des Coronavirus – der zweiten richtig großen seit März/April. Seit mehreren Wochen schon liegt die Zahl der Neuinfektionen bei teilweise weit über 500 am Tag. Das bedeutet für das mittlerweile über 250 Mann starke Contact-Tracing-Team vor allem eins: ganz viel Arbeit. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen geworfen.
Das Herz von Luxemburgs Contact-Tracing-Einheit schlägt mittlerweile am Findel: Eine der wichtigsten Einheiten Luxemburgs im Kampf gegen das Coronavirus ist mittlerweile schon zum dritten Mal umgezogen und hat ihr Hauptquartier im alten Ferrero-Gebäude. Im Eingangsbereich sitzt eine einzelne Pförtnerin, die freundlich grüßt. Sonst ist niemand zu sehen. Doch nur zwei Türen weiter laufen die Telefonleitungen heiß. Ein langer Gang läuft auf der linken Seite des Raumes entlang, rechts sitzen etwa 20 Leute in ziemlich geräumigen Büros. Sie alle haben ein Headset und Atemschutzmasken an und das Telefon direkt griffbereit an der linken Hand. Vor ihnen steht ein Computer oder Laptop – teilweise sogar beides. Das Tippen der Tastaturen liefert einen fast schon summenden Unterton im Raum, zwischendurch schnappt man Gesprächsfetzen auf: „… von der Inspection sanitaire … positiv getestet … Wie geht es Ihnen? … enge Kontakte …“ In den restlichen Büros des Contact-Tracing-Zentrums, das sich über zwei Stockwerke erstreckt, bieten sich ähnliche Bilder. Neben dem Tracing selbst sind nun auch die Hotline, der Maskenversand und die Koordinierungsgruppe des Bildungsministeriums im Gebäude vertreten.
An der Wand links hängt zentral ein großes Whiteboard, das in Blau, Rot, Grün und Schwarz beschriftet ist. Dort steht unter anderem die Handynummer des diensthabenden internen Arztes, die Hotlines des Bildungsministeriums für Notfälle beim Schulpersonal und wann welche Testzentren für wen geöffnet haben. „Wir sammeln hier die wichtigsten Informationen, die unser Tracing-Team regelmäßig braucht“, erklärt Sandra Sidon von der Gesundheitsdirektion. Sie ist schon seit dem Beginn der Krise eine Schlüsselfigur des Contact Tracing und für den Bereich „Ressources humaines“ zuständig. „Hier halten wir mehrmals am Tag ein Teambriefing ab, damit auch alle auf dem neuesten Stand sind. Wir sind aber dabei, nach einer einfacheren digitalen Lösung zu suchen.“
Das Contact-Tracing-Team sei von 8 Uhr morgens bis 20 Uhr abends im neuen Gebäude im Einsatz. Teilweise werden die Tage aber länger, gibt Sidon zu. „Wir machen unsere letzten Anrufe gegen 20 Uhr. Das heißt aber nicht, dass unsere Arbeit damit getan ist.“ Die Mitarbeiter beginnen in drei Phasen, die ersten sind direkt um 8 Uhr im Einsatz, ein zweiter Teil beginnt den Arbeitstag um 10 Uhr, die Letzten starten um 12 Uhr. Einige arbeiten halbtags, andere sind acht Stunden im Dienst. „Und ganz oft werden auch Überstunden gemacht.“
Das Contact Tracing begleitet Luxemburg seit Beginn der Krise. Am Anfang war alles noch ziemlich chaotisch, erinnert sich Gesundheitsministerin Paulette Lenert während der Besichtigung des neuen Gebäudes. „Da haben wir noch Faxe hin und her geschickt!“ Dann musste die Regierung während der ersten Welle das Handtuch werfen: Zu viele Fälle – das erst frisch zusammengestellte Team war heillos überfordert. Im April dann gingen etwa 40 Mitarbeiter unter der damaligen Direktorin Dr. Laetitia Huiart vom Luxembourg Institute of Health ans Werk. Sie konnten bis zu 240 Fälle am Tag betreuen. Doch das reichte längst nicht aus. Im August war das Team auf 100 Mann angewachsen – und schaffte 4.500 Neuinfektionen in der Woche, etwa 500 am Tag. Im Oktober bekam das Tracing-Team mit Dr. Anne Vergison von der Abteilung „Médecine curative“ des Gesundheitsministeriums eine neue Direktorin. Nun ist das Team – inklusive Ersatzpersonal – bei weit mehr als 250 Mitarbeitern und könnte bis zu 1.000 Neuinfektionen am Tag verarbeiten. „Aktuell sind wir noch dabei, den Rückstand aus den vergangenen Wochen aufzuholen, und haben etwas Verspätung. So drei bis vier Tage. Aber wir hoffen, das bis zum Sonntag abgearbeitet zu haben“, sagt Sidon.
Luxair kommt zur Hilfe
Verstärkung hat sich das Gesundheitsministerium bei einem im ersten Moment überraschenden Partner gesucht: dem Flugunternehmen Luxair. Doch aus dem heiteren Himmel ist die Kooperation nicht entstanden. Der neue Direktor der Airline, Gilles Feith, hat am Anfang der Coronakrise bei der Krisenzelle mitgearbeitet. Der Kontakt bestand also schon. „Ein Anruf hat genügt, und zwei Tage später waren schon die ersten Mitarbeiter von Luxair bei uns in der Ausbildung“, freut sich Lenert. „Ich habe einen Aufruf an die Mitarbeiter herausgeschickt und das stieß auf breites Interesse“, sagt Feith. Er gibt zu, dass die Hilfe nicht nur aus gutem Herzen, sondern durchaus aus eigennützigen Gründen angeboten wurde. „Natürlich wollen wir helfen. Doch so sind meine Mitarbeiter auch gut untergebracht, können arbeiten und bekommen einen kompletten Lohn.“ Der wird nun, über verschiedene Kompensationen, vom Staat übernommen. „Es ist nicht so, dass Luxair auch nur einen Cent durch diese Hilfe verdient“, reagiert Feith empört auf die Frage nach der Gegenleistung des Staats. Aber es sei eben schon so, dass es dem Unternehmen erst wieder besser geht, wenn die Wirtschaft Luxemburgs wieder ordentlich funktioniert – und das sei eben nur mit der Arbeit des Contact-Tracing-Teams möglich. Neben Luxair-Angestellten sind außerdem 26 „Giischtercher“ und Mitarbeiter der Warehouses Service Agency beim Contact Tracing im Einsatz. Weitere Privatfirmen hätten ihre Hilfe angeboten, bestätigt Gesundheitsministerin Paulette Lenert.
68 Leute stellt Luxair der Gesundheitsbehörde aktuell zur Verfügung – von Bordpersonal und Piloten bis zu Fluglotsen. „Würden noch welche gebraucht, wären schnell noch welche gefunden“, betont Feith. Luxair ist durch die aktuelle Situation gezwungen, bis zu 600 Stellen abzubauen. Allerdings wird es keine direkten Entlassungen geben, weil das Unternehmen einen dreijährigen „Plan de maintien à l’emploi“ unterschrieben hat. Die Hilfe beim Contact Tracing ist Teil dieser Übereinkunft mit den Gewerkschaften. Nach dem gleichen Beispiel springt man nun auch dem Transportministerium bei, um Busfahrer zur Verfügung zu stellen. „Außerdem wurde ich von einem Logistikunternehmen kontaktiert, das besonders viele Covid-Fälle gleichzeitig hatte. Diesem stellen wir Lastwagenfahrer zur Verfügung.“ Die Luxemburger Unternehmen stünden in der Krise eng zusammen, betont Feith.
Antonio De Brito arbeitet schon 24 Jahre bei der Luxair und ist dort eigentlich im Bereich Flight Watch tätig. „Wir sind diejenigen, die den Flugraum überwachen und den Fliegern, sobald sie über Luxemburg unterwegs sind, alles organisieren, was sie so brauchen. Von der Flugroute bis zum Bus fürs Deboarding.“ Nun sitzt er in der Telefonzentrale des Contact Tracing und informiert Neuinfizierte über die nächsten Schritte. „Manchmal bauen die Menschen schon den Frust an einem ab, doch die allermeisten sind recht freundlich.“ De Brito macht die Arbeit Spaß. Dem Empfang der Santé für die Luxair-Freiwilligen gibt er übrigens „fünf Sterne“. Herzlicher und kompetenter hätte es nicht sein können.
Sandra Sidon betont, dass das Personal von Luxair viele wichtige Fähigkeiten für die Arbeit als Tracer mitbringe. Zum einen beherrsche es alle wichtigen Sprachen, zum anderen seien es die Mitarbeiter gewohnt, in Teams zusammen und einander zuzuarbeiten. Außerdem sei man es gewohnt, mit Kunden umzugehen und trotz Stress oder manchmal auch Frust ruhig und freundlich zu bleiben. „Die Motivation hier ist unglaublich groß und die Leute sind stolz auf die Arbeit, die sie leisten.“
Effizienteres Arbeiten
Seit Beginn der Krise wurde das Contact Tracing nicht nur mannschaftlich verstärkt, sondern der ganze Prozess gestaltet sich nun sehr viel effizienter als noch zu Beginn der Krise. Bei den ersten beiden Besichtigungen des vorherigen Zentrums arbeitete das Tracing-Team in zwei strikt unterteilten Gruppen. Die erste musste medizinisches Vorwissen haben und war für die „J1“-Anrufe verantwortlich, also für alle die Personen, die sich tatsächlich mit dem Virus angesteckt hatten. Ein Gespräch mit einer solchen Person dauerte eine bis anderthalb Stunden. Eine zweite Gruppe begab sich dann wie Detektive auf die Suche nach den Kontakten und rief diese auch alle persönlich an.
„Das war für uns einfach nicht mehr machbar“, gibt Sidon zu. Über die Sommermonate wurde eine Standard-Anleitung, wie ein solches J1-Gespräch ablaufen soll, ausgearbeitet. „Wir machen nun kein medizinisches Tracing mehr, sondern beschränken uns auf das reine Tracing“, sagt Sidon. Der Gesundheitszustand wird also nur noch allgemein abgefragt und nicht mehr von dem J1-Team vertieft. „Wir sind aber natürlich auf medizinische Notfälle vorbereitet. Es gibt ein Ärzteteam, das hier vor Ort mitarbeitet und an das wir Anrufe weiterleiten können, wenn das nötig sein sollte.“ Dadurch konnte die Gesprächsdauer auf im Schnitt 45 Minuten heruntergeschraubt werden und es können auch die Mitarbeiter ohne medizinisches Vorwissen eingesetzt werden. „Wir sind darauf fokussiert, die Infektionsketten so schnell wie möglich zu unterbrechen.“
Die Personen aus dem Gesundheitssektor werden nun auch in den Rollen als „Coordinateurs“ gebraucht. Diese sind für „schwierigere Fälle“ zuständig, erklärt Sidon. Etwa, wenn es sich bei der neu infizierten Person um jemanden aus einer Pflegeeinrichtung handelt. „Dann müssen nämlich weitere Dienste aktiviert werden.“ Das neu ausgearbeitete Online-Formular, mithilfe dessen Neuinfizierte selbst und mögliche betroffene Kontakte beim Tracing mithelfen sollen, soll die Arbeit ebenfalls effizienter gestalten. Doch Sidon gibt zu, dass es nun zu Beginn einige Bugs im Programm gab. Wieso erst jetzt ein solches Formular eingerichtet wurde, sei „eine gute Frage“. Man habe am Anfang einen Service bieten und für jeden Neuinfizierten oder potenziell Angesteckten eine komplette „prise en charge“ garantieren wollen. Das sei irgendwann bei den vielen Fällen nicht mehr möglich gewesen.
Die aktuelle Situation treibt den Verantwortlichen beim Contact Tracing und der Santé weiter die Schweißperlen auf die Stirn. Zwar verzeichne man einen ganz leichten Rückgang bei den Neuinfektionen, doch „bisher ist es nicht zu einem Ruck nach unten“ gekommen, sagt Gesundheitsministerin Paulette Lenert. Am Wochenende werde man sich noch mal zusammensetzen, um die Situation zu bewerten. Doch noch strengeren Maßnahmen sieht Lenert skeptisch entgegen. Bei den Nachbarländern hätten diese bisher auch kaum Wirkung gezeigt. „Es ist ein sehr dünnes Eis, auf dem wir uns aktuell bewegen.“
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Wir tracen aber immer einen Schritt hinter dem Virus her und zwar solange bis wir alle durchinfiziert sind. Wenn wir 100 Infizierte isolieren und es laufen gleichzeitig 100 Infizierte herum die nicht „getraced“ sind,dann ist die Rechnung einfach.Und wer heute negativ getestet wird kann morgen positiv sein. Ein Kampf gegen Windmühlen.Bleibt also nur noch der Impfstoff.
Corona ist ein Fake und ein gelungener Idiotentest.!!!
erley
Am Platz vun enger bëlleger ëmweltfrendlecher an eventuell zu guer wirksamer moderner App gëtt hei Tonne Pabeier verschwend a geschafft ewéi wa mer am läschte Joerdausend wieren. Hunn se schon en digitalen Telefon, oder sinn et där mat enger Zuelescheif? Mech giff wierklech interesséieren, op dat do vill méi bréngt als ewéi d’App. Ideal wier et jo, déi zwou Methoden mateneen ze bedreiwen: eng séier rapid App an ee mënschleche Kontakt.
So werden unsere Steuereinnahmen verpulvert, denn bestimmt sind es keine Mindestlohnempfänger welcher dort am PC sitzen.
Effizienter, schneller, besser – no 8 méint hunn se endlech e Wee fonnt fir dat Desaster ze verbesseren. War bestëmmt net all ze schwéier, mä dat heescht jo nach ëmmer net dass et elo gutt ass.
@ Charles Hild – Dir kennt déi App jo gären benotzen, ech wäert et definitiv net maachen. Léiwer jummen ech mäin ifon an Poubelle.