Nachwehen des 0:9 / Ein Albtraum und eine Pipi-Affäre
Der Morgen nach der 0:9-Abfuhr der FLF-Auswahl gegen Portugal war bitter. Mit hängenden Köpfen reiste die FLF-Auswahl von Faro nach Luxemburg zurück. Die Blicke richteten sich aber vor allem auf die beiden Oktober-Termine gegen die Slowakei und Island. Doch auch ein kleiner Moment kurz vor Spielende sorgte noch für Gesprächsstoff.
Am Flughafen lagen überall die portugiesischen Sporttageszeitungen aus, die den Sieg der „Selecção“ frenetisch feierten. „All you need is Nove“ (alles, was du brauchst, ist Neun) titelte beispielsweise A Bola. Das Konkurrenzblatt stellte nüchtern fest: „perfeito“ (perfekt).
Noch am vergangenen Freitag wurde Luxemburg nach dem 3:1 sogar international gefeiert. 72 Stunden später prasselte eine der höchsten Niederlagen der luxemburgischen Fußballgeschichte auf die „Roten Löwen“ ein.
Was war passiert? Kurz resümiert: Luxemburg trat extrem naiv auf, mit wenig Intensität, und verlor irgendwann komplett den Kopf. Bei den Portugiesen klappte alles. Jeder Schuss saß. FLF-Torwart Anthony Moris – der eigentlich für seine „clean sheets“ bekannt ist – konnte nur einen Ball parieren. Die Schüsse der Portugiesen waren einfach zu „perfeito“.
Verbandspräsident Paul Philipp hatte auch nach einer Nacht Schlaf noch sichtlich seine Probleme, das 0:9 zu verdauen. „Es war ein einziger Albtraum. Wir waren zu keinem Moment präsent und haben nie ins Spiel gefunden. Zudem durfte sich Portugal köstlich amüsieren, denn sie haben bei jedem Gegenstoß getroffen.“
Die Bilanz gegen Portugal sieht nach der Schmach von Faro noch katastrophaler aus. In sechs Partien der Gruppe J der EM-Qualifikation kassierte Luxemburg 16 Tore. 15 davon gegen Portugal, eins gegen die restlichen vier Gegner.
Hätte die FLF-Auswahl gegen diesen übermächtigen Gegner anders auftreten sollen? Philipp meint ja. „Nach einem Spiel ist man immer schlauer, aber im Hinspiel hatten wir bereits die gleichen Probleme. Meiner Meinung nach müssen wir gegen solche Gegner einfach tiefer und kompakter stehen, um etwas erreichen zu können oder den Schaden in Grenzen halten zu können. Portugal hatte zu viel Platz und deshalb waren wir chancenlos bei fast jedem Angriff“, sagte der FLF-Boss.
Eine Erklärung für den Katastrophen-Auftritt hatte Philipp nicht parat: „Mathias Olesen und Christopher Martins haben wir schmerzlich vermisst. Das allein reicht jedoch nicht, um 0:9 zu verlieren. Wahrscheinlich waren einige noch auf Wolke sieben. Am Freitag war die Welt noch schön, heute sieht schon wieder alles anders aus. Wir hatten keine Punkte gegen Portugal eingeplant. Zwischen null Punkten und einem 0:9 liegen aber noch Welten.“
Neben dem sportlichen Untergang sorgte auch ein Abgang für sehr viel Gespräch. Luxemburgs Nationaltrainer Luc Holtz ging nach dem 8:0 in die Katakomben des Stadions, kehrte aber nur wenige Minuten später wieder auf die Bank zurück. Diese Szene wurde von den Kameras eingefangen und nach dem Spiel heiß diskutiert. Holtz selbst gab am Morgen nach der Niederlage zu Protokoll, dass er während eines Spiels viel Wasser trinke und deshalb die Toiletten aufsuchen musste. Einige Medien hatten am Spieltag selbst spekuliert, dass Holtz das Stadion aus Scham verlassen hätte.
Für den erfolgreichsten Nationaltrainer der nationalen Geschichte war es nicht die erste Kanterniederlage. 2017 ging Luxemburg in Schweden mit 0:8 unter. Damals wie heute kam der Untergang nach einem Erfolgserlebnis. Einen Monat davor hatte die FLF-Auswahl 0:0 gegen Frankreich gespielt. Nach der Schande von Solna waren die „Roten Löwen“ in der Lage, zu reagieren und zeigten in den darauffolgenden Länderspielen gegen Bulgarien (1:1) und Ungarn (2:1) tolle Leistungen.
Auf eine solche Reaktion hofft auch Philipp: „Gegen Island und die Slowakei zählt es nun. In diesen Partien müssen wir zeigen, dass diese Kanterniederlage ein Unfall war. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass unsere Spieler Charakter haben und Fußball spielen können. Es sind Profis, sie werden sich von diesem Rückschlag erholen. Es war vielleicht eine Backpfeife zum richtigen Zeitpunkt.“
Der Nackenschlag hat aber noch ganz andere Konsequenzen. Im Kampf um Platz zwei in der Gruppe J und dem damit verbundenen Ticket für die Europameisterschaft 2024 hat Luxemburg nun das deutlich schlechtere Torverhältnis im Vergleich mit der Slowakei. Da dieses Torverhältnis aber auch bereits vor dem Portugal-Debakel schlechter war, ist dies kein schlimmer Beinbruch.
Für die FLF-Auswahl gibt es nur noch einen Weg in Richtung EM. In den restlichen vier Quali-Spielen gegen Island, die Slowakei, Bosnien und Liechtenstein müssen mindestens zehn Punkte geholt werden.
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