Causa Caritas / Ein bisschen gerettet: Die Chamber diskutiert über die Zukunft der Caritas
„Hëllef um Terrain“, eine neue juristische Entität, soll einige Aufgaben der scheidenden Caritas übernehmen. Premier Frieden ist zufrieden mit dem neuen Dienstleister, die Opposition sorgt sich jedoch um den Verlust einer wichtigen sozialpolitischen Stimme und eines internationalen Akteurs.
Der Premier ist zufrieden. Er hat seine Ziele erreicht. „Wir haben als Regierung versucht, dass die Aktivitäten, die die Caritas in der Vergangenheit unternommen hat, weitergehen können, ohne dass der Staat Gelder in ein Fass ohne Boden bezahlen muss“, sagt Luc Frieden am Montag nach einer gemeinsamen Mammutsitzung von gleich sechs Kommissionen des luxemburgischen Parlaments. Neben dem Haushalts- und Finanzausschuss sind an diesem Nachmittag auch die Abgeordneten der Kommissionen für Familie, Bildung, Gesundheit und auswärtige Angelegenheiten zusammengekommen – inklusive fast aller zuständigen Minister.
Es geht um die Causa Caritas und die Frage, wie es weitergeht mit der NGO, deren Schicksal seit dem spektakulären Millionenraub mehr als ungewiss ist. Allein, was die Antwort auf diese Frage betrifft, lassen sich an diesem Montag in den Fluren der Chamber unterschiedliche Level an Zufriedenheit antreffen. „Wir konnten heute alle Fragen beantworten, auf die es bislang eine Antwort gibt“, sagt Premier Frieden. Franz Fayot sieht das anders. Für den LSAP-Abgeordneten gibt es auch nach der Sitzung am Montag noch „ganz viel Klärungsbedarf“. Marc Baum von „déi Lénk“ sieht sogar „mehr Fragen als Antworten“.
Was sicher ist: Es entsteht eine neue juristische Entität, die einige Aufgabenbereiche und Mitarbeiter der Caritas übernehmen wird: „HUT – Hëllef um Terrain“. Premier Frieden begrüßt diese Entwicklung, zumal die neue Entität nicht verbunden sei mit den Krediten, die von der Finanzdirektion der NGO aufgenommen wurden. Wie schon zuvor mit der Caritas werde die Regierung mit HUT neue Konventionen abschließen, „damit in Luxemburg Flüchtlingsheime, Obdachlosen-Stationen und Kinderkrippen auch im Oktober weitergeführt werden können“.
Selektive Vorgehensweise
Doch diese Konventionen decken nur einen Teil der Aufgabenbereiche der alten Caritas ab. „Der neue Verein hat einen ganz großen Fehler“, sagt der Linken-Abgeordnete Marc Baum, „und zwar, dass er nicht alle Aktivitäten der Caritas übernimmt“. Dazu zählt unter anderem die „Plaidoirie“, die Abteilung, die für die politische Kommunikation der Caritas zuständig ist und deren Mitarbeiter sich nun einen neuen Job suchen müssen. „Es ist immer schade, wenn ein Akteur aus dem öffentlichen Diskurs verschwindet“, sagt Premier Frieden. Man begrüße selbstverständlich jedes zivilgesellschaftliche Engagement, aber es liege nicht am Staat, dieses zu finanzieren. Zu allen Aktivitäten, die die NGO jenseits der staatlichen Konventionen unternommen habe, könne der Staat nichts sagen, so Frieden weiter.
Für die Opposition ist das eine selektive Vorgehensweise. „Wenn die Cariats eine Bank wäre, wäre sie wahrscheinlich gerettet worden von unserem Premierminister“, so Baum und erinnert an den großen sozialpolitischen Schaden, den ein Verstummen der Caritas in diesem Bereich verursachen würde. Den sieht auch Marc Spautz, Fraktionspräsident der CSV: „Die Caritas hat in der Sozialpolitik immer eine große Rolle gespielt.“
Bestimmte Aktivitäten der Caritas würden von HUT weitergeführt, andere fallengelassen, kritisiert Fayot. Dazu zähle auch der Bereich der internationalen Kooperation, wo die Caritas einer der „ganz großen Akteure“ sei. Diese Aktivitäten werde die neue Entität nicht übernehmen, erklärt Premier Frieden, „weil sie keine Mittel dazu hat“. Während der Staat bei nationalen Aktivitäten alle Kosten für die Dienstleistungen übernimmt, handelt es sich bei internationalen Aktivitäten hingegen um eine staatliche Kofinanzierung, die nur bis zu 80 Prozent abdeckt.
Die Zukunft der internationalen Projekte der luxemburgischen Caritas bleibt deshalb noch immer ungewiss. Als ehemaliger Kooperationsminister bedauert Marc Spautz diesen Zustand besonders. „Ich hoffe, dass sowohl Caritas International als auch andere Organisationen bereit sind, diese Projekte zu übernehmen.“ Die Grünen-Abgeordnete Djuna Bernard ist in diesem Zusammenhang besonders verärgert über Kooperationsminister Xavier Bettel (DP), der an diesem Tag „mit Abwesenheit glänzt“, obwohl in seinem Zuständigkeitsbereich die meisten Entlassungen drohen würden, an „besonders vulnerablen Orten auf der Welt“, so Bernard. Premier Frieden mimt den Boten: „Der Kooperationsminister hat gesagt, man wolle schauen, ob man nicht das ein oder andere Projekt mit einem anderen Träger weiterführen könne.“ Das sei zumindest „ein kleiner Trost“, findet der ADR-Abgeordnete Dan Hardy nach der Sitzung.
Mehr Transparenz
Man müsse allgemein dringend für mehr Transparenz sorgen, fordert Franz Fayot, auch um das Vertrauen in den Sektor nicht noch weiter zu schädigen. Die LSAP setzt sich deshalb für eine Spezialkommission im Parlament ein, die sich in Zukunft mit der Causa Caritas beschäftigen soll. Solch ein Ausschuss müsste von einer Mehrheit der Chamber getragen werden. Marc Spautz, Chef der größten Fraktion im Parlament, sieht dafür den richtigen Zeitpunkt noch nicht gekommen. „Erst müssen alle Fakten auf dem Tisch liegen.“ Zum Beispiel müsse zuerst Kooperationsminister Bettel eingeladen werden.
Auch aus den Reihen der Regierungsparteien kommen Forderungen nach mehr Transparenz. Der DP-Abgeordnete Gérard Schockmel fragt sich, welche Kontrollmechanismen bei der neuen Entität HUT dafür sorgen werden, dass die Gelder auch dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Sein Vorschlag: eine staatliche elektronische Plattform für Finanztransaktionen für den gesamten NGO-Sektor. „So können sich die Vereine auf ihre eigentlichen humanitären und karitativen Aufgaben konzentrieren“, so Schockmel. Luc Frieden verweist hingegen auf das bestehende ASBL-Gesetz. „Wir müssen schauen, ob diese Regeln verstärkt werden müssen“, so der Premier. Das solle man aber nicht „aus der Hüfte heraus schießen“. Auch bei der Caritas habe es Regeln gegeben, sagt Frieden, aber sie wurden nicht respektiert.
Und noch eine Frage beschäftigt die Parlamentarier unterschiedlicher Couleur: Welche Rolle spielt eigentlich das Bistum für die Zukunft der Caritas? Als Gründungsmitglied der NGO habe er sich viel mehr Input vonseiten des Bistums erwartet, sagt Marc Spautz zum Schluss. Vor allem was den internationalen Bereich der Caritas anbelangt, wo die Kirche mit ihren internationalen Verbindungen hätte weiterhelfen können.
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