Gemeindewahlen / Ein Blick auf Strassen: Klein, aber doch groß
Es ist eine der am dichtesten besiedelten Gemeinden des Landes: Flächenmäßig ist es zwar die zehntkleinste, einwohnermäßig allerdings die zwölftgrößte. In den vergangenen sechs Jahren wuchs die Strassener Bevölkerung um rund 20 Prozent. Der nächste Gemeinderat wird deswegen zwei Mitglieder mehr zählen. Ein Merkmal der Ortschaft ist der sehr intensive Durchgangsverkehr, unter dem die Gemeinde wie nur wenige andere leidet. Dass die urbanistische Entwicklung ein Thema bei allen Parteien ist, liegt demnach auf der Hand.
„Nomen est omen“*: Zwei dicht befahrene Straßen – die Arloner und die A6 nach Belgien – prägen wesentlich den Charakter der Gemeinde nordwestlich der Stadt Luxemburg. Mit 10,71 Quadratkilometern ist Strassen eine der kleinsten Gemeinden im Land, doch wegen der 10.500 Einwohner auch eine der am dichtesten besiedelten. Obwohl solche Tatsachen nicht unbedingt die Attraktivität einer Ortschaft steigern, wächst Strassen rasant. Innerhalb der letzten sechs Jahre stieg die Bevölkerung von rund 8.800 auf 10.500 an. Für die kommenden Gemeindewahlen bedeutet dies, dass der Gemeinderat zwei Mitglieder mehr zählen wird, 15 anstatt wie bisher 13. Auch die Zahl der Schöffen steigt von zwei auf drei.
Ein Sachverhalt, der hinsichtlich etwaiger Koalitionen interessant werden könnte. Die größte Oppositionspartei, die DP (mit 33,48 Prozent bei den letzten Wahlen ist sie auch die prozentual stärkste Partei), verfügt über vier Sitze im Gemeinderat, genau wie die LSAP, die allerdings „nur“ auf 26,97 Prozent der Stimmen kam. Die CSV, die den derzeitigen Bürgermeister stellt, erhielt 21,43 Prozent der Stimmen, was ihr drei Sitze bescherte. Die vierte Partei im Gemeinderat sind „déi gréng“: Sie verfügt derweil über zwei Mandate. Angesichts der Tatsache, dass sich der Gemeinderat vergrößern wird, könnte sich die Mehrheit rein rechnerisch schnell ändern.
Seit 2011 bildet die CSV eine Koalition mit der LSAP; in der aktuellen Legislaturperiode teilten sich beide Parteien den Bürgermeisterposten: Am 1. Januar 2022 trat Gaston Greiveldinger (LSAP) nach 14 Jahren an der Spitze der Gemeinde von seinem Posten zurück.
Information, Kommunikation, Verkehr
Mit dem Wechsel scheint sich, glaubt man Vertretern der Opposition, der Ton im Gemeinderat geändert zu haben. Maryse Bestgen-Martin („déi gréng“) lobt den Schöffenrat sogar für die gute Zusammenarbeit: „Die war nicht immer so gut wie jetzt mit Herrn Pundel.“ Etliche grüne Motionen seien von der Mehrheit angenommen worden. Doch Bestgen-Martin wäre keine Oppositionspolitikerin, fände sie kein Haar in der Suppe. Ihr Hauptkritikpunkt lautet: Mangelnde Kommunikation: „In Sachen Energiesparmaßnahmen z.B. ist die Mehrheit sehr zurückhaltend. Mehrmals mussten wir nachfragen, was für Pläne es denn gebe.“
Informationsmangel, schlechte Planung: Die Spitzenkandidatin der DP, Martine Dieschburg-Nickels, schlägt in die gleiche Kerbe. Der Schöffenrat kommuniziere bzw. informiere nicht genug. „Die politische Information seitens der Mehrheit ist insgesamt mangelhaft. Es ist z. B. eine Herausforderung, die ausländischen Mitbewohner zu erreichen. Will man, dass Leute mitreden, müssen sie auch informiert sein. Wir fordern seit langem, dass die Gemeinderatssitzungen live im Internet übertragen werden und wenigstens in eine Sprache übersetzt werden.“ Das Bevölkerungswachstum sei definitiv eine Herausforderung. „Es fehlt ein kohärenter Plan, wie wir die Konsequenzen des Wachstums auffangen können. Und vor allem muss dieser zusammen mit den Leuten geplant werden.“ Und das sei bis dato nicht geschehen.
Das mit der Kommunikation, das sei so eine Sache, sagt Bürgermeister Nico Pundel. „Wie kann man alle Leute erreichen? Das ist sehr schwer. Vor allem bei 61 Prozent Ausländern in der Gemeinde.“ Dass wenig für die Integration der Nicht-Luxemburger getan wurde, weist er entschieden zurück. „Es mag stimmen, dass die dafür zuständige Kommission sich nicht oft traf, aber effektiv getan haben wir etliches, wie z.B. eine Video-Kampagne, um Ausländer dazu zu motivieren, sich in den Wählerlisten zu registrieren. Das Resultat kann sich sehen lassen: Mit 27 Prozent nicht-luxemburgischen Wählern liegen wir über dem Landesdurchschnitt.“
„Die größte Herausforderung in einer Gemeinde mit 61 Prozent Nicht-Luxemburgern ist, dass sich alle Bewohner hier wohlfühlen. Um das zu erreichen, muss man an vielen Stellen arbeiten.“ Pundel verweist auf die 20 Sozialwohnungen, die in den vergangen sechs Jahren gebaut wurden, auf das „Projet d’inclusion sociale à Strassen“, mit dem Revis-Empfänger in ein Arbeitsverhältnis geholfen wird, sowie auf kleinere Projekte wie Vel’OH-Stationen und das Flex-Car-Sharing.
Die Erste Schöffin Betsy Welter (LSAP) nimmt ihrerseits die Kritik der DP gelassen hin. Von der größten Oppositionspartei sei das normal. Nach den letzten sechs Jahren befragt, stellt sie die realisierten oder in die Wege geleiteten Projekte in den Vordergrund, wie z.B. eine weitere Schule, ein neues Fußballstadion, oder noch ein Altersheim. „Fast alle Vorhaben aus dem Koalitionsabkommen wurden realisiert.“
Bei einem Thema sind sich alle Parteien einig: dem Verkehr: Es müsse etwas geschehen. „Ja, es ist das Thema, bei dem alle Parteien am gleichen Strang ziehen“, sagt Nico Pundel, „doch ebenso frustriert kommen wir gemeinsam aus der Hauptstadt zurück, wo wir uns regelmäßig beim zuständigen Ministerium Abfuhren einholen, sei es wegen der Tram, die doch nicht nach Strassen fahren soll, sei es wegen eines Lärmschutzes entlang der Autobahn.“
* Lateinische Redewendung, dt.: Der Name ist ein Zeichen.
Strassen
Einwohner: 10.512 (Stand 1.1.2023)
Bürgermeister: Nico Pundel (CSV)
Gemeinderat: Betty Welter-Gaul (LSAP), Jean Claude Roob (LSAP), Anne Arend ép. Lahaut, (CSV), Maryse Bestgen-Martin („déi gréng“), Martine Dieschburg-Nickes (DP), Jean-Marie Durrer (CSV), Isabel Fernandes Domingues (LSAP), Marc Fischer (DP), Laurent Glesener (DP), Léandre Kandel (DP), Paul Klensch (LSAP), Anne-Marie Linden („déi gréng“)
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