/ „Ein ganz anderes Gefühl“ - CHL-Chirurgin berichtet von ihren Operationen mit einem Roboter
Wie fühlt es sich für erfahrene Chirurgen an, durch die „Arme“ einer Maschine zu operieren? Daisy Schengen hat mit Dr. Martine Goergen vom CHL gesprochen.
Was ist das für ein Gefühl, mit dem Roboter Da Vinci Xi zu operieren?
Dr. Martine Goergen: Es ist ein ganz anderes Gefühl als das, das wir bisher kannten. Und ein Paradox: Wir stehen nicht mehr an der Seite des Patienten, sondern sitzen an der Kommando-Konsole, etwas abseits vom OP-Tisch. Gleichzeitig sehen wir so viel mehr von dem Operationsumfeld als bisher. Es fühlt sich tatsächlich so an, als ob wir uns im Körper des Patienten befänden.
Und während der Chirurg früher bei einer Laparotomie (Öffnung der Bauchhöhle, Anm. d. Red.) drücken und ziehen musste, bis er sich zum betroffenen Organ durchgearbeitet hat, kann er jetzt dank der präzisen 3D-Bilder in Echtzeit, die ihm die Kamera an einem der vier Roboterarme liefert, welche im und am Körper des Patienten angebracht sind, ganz nah an den Organen heranzoomen, obwohl er räumlich weiter weg ist.
Und die Operationstechnik? Wie unterscheidet sich das Gefühl, wenn Ihre Hände durch die Instrumente des OP-Roboters „verlängert“ werden?
Der Chirurg hat keine Rückmeldung im Sinne der Haptik und der Handbewegung. Die operative Technik an sich bleibt die gleiche. Zum Beispiel, wenn er ein Gefäß überprüft oder bei einem Krebspatienten die Lymphknoten entfernt, kann er die Eingriffe viel genauer vornehmen, weil er jetzt viel mehr und genauer „sieht“. Es fühlt sich an, als ob der Arzt das Umfeld unter ein Mikroskop beobachtet, aber in 3D.
Der einzige Nachteil ist eben die fehlende „retour de force“ (die Finger des Chirurgen umfassen zwei höchst bewegliche Gelenke, die unter einem Schirm positioniert sind; der Computer leitet, filtert und übersetzt die Bewegungen des Arztes in Mikrobewegungen, welche die Instrumente im Körper des Patienten steuern, Anm. d. Red.).
Das Fingerspitzengefühl, das man beim Arbeiten mit den Händen hat, fehlt noch. Der Hersteller arbeitet daran, es uns Chirurgen zu ermöglichen, auch durch die Roboterarme zu erspüren, wie fest wir ziehen oder drücken, wenn wir operieren.
Würden Sie als Chirurgin den Einzug von Da Vinci Xi in den OP-Saal als Quantensprung im Vergleich zur bisher existierenden Technik bezeichnen?
Im Vergleich zu einer herkömmlichen Laparotomie stellt der Einsatz von Da Vinci Xi einen echten Quantensprung dar. Im Falle einer Laparoskopie“, bei der wir mit einer Kamera eine Bauchspiegelung vornehmen, handelt es sich eher um eine Verbesserung im Sinne der Darstellung und der minimal invasiven Chirurgie.
Die Vorteile für die Patienten liegen demnach auf der Hand …
Jeder minimal invasive Eingriff ist für den Patienten weniger traumatisch. Bisher ermöglichen es die Geräte, bei einer Laparoskopie in zwei Achsen (vertikal und horizontal) zu arbeiten. Dadurch können wir uns Platz im Bauchraum „verschaffen“. Mit Da Vinci Xi lässt sich eine Verletzung der Bauchwand noch effizienter als bisher vermeiden.
Je präziser der Chirurg arbeitet, desto weniger Schmerzen hat der Patient später. Die Genesungszeit verkürzt sich dadurch deutlich. Und je erholter ein Chirurg ist, desto besser arbeitet er, was wiederum dem Patienten zugute kommt. Dank Da Vinci Xi entsteht eine Win-win-Situation, vor allem für den Patienten.
Sie waren eine der ersten ChirurgInnen, die für die Arbeit mit dem OP-Roboter ausgebildet wurden. Wie hat es sich am Anfang angefühlt?
Dr. Juan Santiago Azagra und ich waren die Ersten, die angelernt wurden. Wir nahmen zunächst kleinere Angriffe vor, ich habe zum ersten Mal eine Gallenblasen-OP durchgeführt. Inzwischen bin ich mehr im Bereich der Wirbelsäule tätig, während Dr. Azagra im Bereich Herz- und Gefäßchirurgie (Stents und Bypässe) operiert.
Um mit der Maschine arbeiten zu dürfen, müssen Chirurgen eine spezielle Weiterbildung absolvieren. Das erste Mal an der Steuerkonsole zu sitzen und nicht direkt am OP-Tisch zu arbeiten, war selbstverständlich eine Herausforderung. Ich habe mir die Frage nach der Kontrolle im Operationsgeschehen in der Tat gestellt. Dank vieler Vorbeugemaßnahmen sind die Risiken auf ein Minimum reduziert: Der Chirurg kann eine Bauchoperation vornehmen, speziell ausgebildete Menschen überwachen die OP an der Seite des Patienten und können bei Bedarf eingreifen. Jedoch ist es beim ersten Mal tatsächlich ein gewöhnungsbedürftiges Gefühl.
In einem Jahr haben Sie außerdem einen weiteren Meilenstein in der Arbeit mit dem Roboter erreicht.
Wir haben so viele Eingriffe vorgenommen und besitzen mittlerweile einen so großen Erfahrungsschatz, dass wir zu einem „prosecteur“ geworden sind und ab sofort Kollegen in der Arbeit mit dem Roboter ausbilden dürfen.
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Dieser Roboter ist nur ein besseres Werkzeug !
Die wahren Helden sind die Doktoren Goergen und Azagra mit dem ganzen Team im CHL.
Bin voller Dank für Ihre lebensrettenden Einsätze seit vielen Jahren !
Mein Vater wurde bereits vor 8 Jahren in Deutschland erfolgreich operiert. Luxemburg war noch nie das Land der „Wunder“. Olle Kamellen also…