/ Ein ganzheitliches Konzept: Esch befasst sich mit neuen Formen des Wohnens
Nicht zum ersten Mal informieren Initiativen, Architekten und Gemeindemitglieder über neue Formen des Wohnens, mit denen man in Zukunft auch in Luxemburg die Problematik der Flächennutzung und Immobilienpreise angehen möchte. Passend zum Thema findet am Samstag in Esch der zweite Wohnprojektetag statt – und zwar in der „Nonnewisen“-Schule, die sich in einem Viertel befindet, das gerade durch modernen Urbanismus floriert.
Von Laura Tomassini
„Wunnen am Park“, so lautet der Name des Viertels, das seit 2017 in Esch realisiert wird. Rund 30 Hektar mit insgesamt 900 Unterkünften soll das Projekt in einigen Jahren umfassen, derzeit sind die Bauarbeiten noch in vollem Gange. Auch am Wohnprojektetag am 21. September in der Grundschule „Nonnewisen“ steht die Urbanisierung des Quartiers im Vordergrund.
Bei einer Besichtigung durch Escher Stadtarchitekt Luc Ewerling wird den Teilnehmern das Konzept hinter den zahlreichen Fassaden erklärt. Konkreter soll es aber darum gehen, den Bürgern alternative Wohnformen vorzustellen und vielleicht das ein oder andere Modell zu finden, das sich später in den Escher Städtebau integrieren lässt. „Es geht um unterschiedliche Wohn-, Lebens- und Bauformen. Vom Earthship, das komplett regenerativ agiert, bis hin zu sozialen Ideen wie dem Open Home, bei dem Flüchtlinge in Gastfamilien unterkommen können, ist alles dabei“, verrät Architekt Herbert Hofer.
Architekt Herbert Hofer und Schöffe Martin Kox sehen Wohnen als ganzheitliches Konzept, das vor allem Lebensqualität sichern soll (Foto: Editpress/Julien Garroy)
Anvisiert wird beim Forum vor allem die Idee von Gemeinschaft, so Hofer: „Flächenverbrauch ist ein großes Thema. Wie viel Land brauche ich und wie viel kann ich mit anderen teilen? Zum Genossenschaftswohnen sind derzeit ja Gesetze in Arbeit und beim Wohnprojektetag wollen wir die vielen verschiedenen Gruppen zusammenbringen.“
Einen „Raum der Möglichkeiten“ nennt der 52-Jährige das, was am Samstag hoffentlich (konkrete) Früchte tragen soll. Ob generationsübergreifende Synergien von Unterkünften für Senioren und Studenten oder entstigmatisierte Sozialwohnungen wie in Wien – künftig brauche man mehr Alternativen.
Zeit ist wichtiger als Geld
Generell sollen die Vorträge – unter anderem von Prof. Dr. Löhr zum Thema „Bodenpolitik“ – darauf hinweisen, dass Wohnen keine alleinstehende Problematik ist, sondern zu einem Ganzen gehört. „Wir müssen anfangen, wieder in Zusammenhängen zu denken. Zeit ist für die Lebensqualität viel wichtiger als Geld, deswegen sollten die Fahrtwege innerhalb einer Stadt so kurz wie möglich sein und möglichst viel innerhalb eines Viertels angebaut werden“, meint Hofer.
Und genau das ist auch das Prinzip neuer Siedlungen in Esch. Ein Beispiel hierfür soll neben Belval und den „Nonnewisen“ das geplante Viertel „Rout Lëns“ werden. „Wir haben im Prinzip Glück, so viele Industriebrachen in der Gemeinde zu haben. Dadurch sind wir nicht eingeengt und haben genug Gelände für die kommenden Generationen“, so Kox.
Leere Geschäftslokale
Im Kader des Wohnprojektetags fällt auch immer wieder das Wort „Leerstandsmanagement“. Wer in den letzten Monaten und Jahren einen Spaziergang durch Eschs Einkaufsstraßen getätigt hat, dem ist ganz sicher die unübersehbare Menge an leerstehenden Läden aufgefallen.
Auch hier sollen Alternativen gefunden werden, um den Platz – den es in der Minettemetropole zur Genüge gibt – auch effizient zu nutzen. „Esch hat die gleichen Vorteile und Probleme wie andere große Städte in der Welt. Aber es ist hier, wo urbanisiert werden muss. Es liegt nicht an Monnerich, Hochhäuser zu bauen, hier muss es wachsen“, sagt der Schöffe. Zum Wachstum gehören allerdings Finanzen, deshalb werden auch diese von den Organisatoren des Wohnprojektetags angesprochen.
Spiegel der Gesellschaft
Mehr Sozialwohnungen, Gebäude mit Gemeinschaftsräumlichkeiten, niedrigere Mieten – so in etwa sieht der Traum vom Bauen in Esch aus. Ein sinnvolles Konzept, wie Hofer betont: „Geld, das nicht fürs Wohnen ausgegeben wird, fließt wieder in die Wirtschaft.“ Er selbst sieht die Krise, die seit Jahren auf dem Luxemburger Wohnungsmarkt herrscht, als inakzeptable Spaltung: „Wohnen ist ja eigentlich eine Art Spiegel der Gesellschaft. Aber letztendlich steht das Land allen zu und es muss möglich sein, als Mensch auch im eigenen Land leben zu können.“
Genau deshalb müsse sich das Großherzogtum an Vorreitern wie dem Gemeindebau „Karl-Marx-Hof“ in Wien, der Züricher Siedlung „Kalkbreite“ oder aber der Münchner Wohnbaugenossenschaft „wagnis eG“ orientieren. Ein Ziel, das wohl noch in weiter Ferne liegt. Doch wenigstens für ein paar Denkanstöße sollen die Beiträge am Wohnprojektetag sorgen, denn auch wenn sich die Frage nach erschwinglichem Wohnraum im Großherzogtum nicht von heute auf morgen klären lässt: Irgendwo muss ja angepackt werden. Warum also nicht in den „Nonnewisen“?
Der Wohnprojektetag
– Am Samstag von 11 bis 17 Uhr in der Grundschule „Nonnewisen“
(place Adeline Pellegrino)
– Infostände: u.a. Äerdschëff, Tiny House Initiative, Cohabitage, Beienhaus
– Vortrag von Prof. Dr. Löhr um 13 Uhr
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„Es liegt nicht an Monnerich, Hochhäuser zu bauen, hier muss es wachsen, sagt der Schöffe (Martin Kox).“ Hochhaus? War da was???