Streikgedenkfeiern in Luxemburg / Ein Gedenkweg und ein Videoclip gegen das Vergessen
Landesweit wurde am Mittwoch der 21 Opfer des Streiks gegen die Nazi-Besatzung vor nunmehr 80 Jahren gedacht.
Am 30. August 1942, einem Sonntag, kündigte Gauleiter Gustav Simon die Wehrpflicht für 18- bis 22-jährige Luxemburger Männer an, was das Fass zum Überlaufen brachte. Seit dem 10. Mai 1940 war das Land von den deutschen Truppen besetzt und Simons Ankündigung sollte heftige Reaktionen auslösen (das Tageblatt berichtete). Bereits am Montagmorgen kam es in der Wiltzer Lederfabrik Ideal zu Protestbewegungen.
Im Hüttenwerk von Schifflingen ertönt um 18.02 Uhr die Sirene. Hans Adam, ein seit Kindheitstagen in Schifflingen lebender Deutscher, löste sie als Zeichen zum Streik aus und sollte später dafür mit seinem Leben bezahlen. Die Aktion zeigte Wirkung, später wird auch in den Hüttenwerken in Belval und in Differdingen gestreikt. Schüler, Lehrer, Briefträger und andere folgten den Protesten. Die Nazis waren überrascht und reagierten mit Repression, Deportation und Exekution. 20 Luxemburger wurden nach Urteil eines in Luxemburg nach deutschen Bestimmungen tagenden Gerichts standrechtlich erschossen. Hans Adam, da deutscher Staatsbürger, wurde am 11. September 1942 in Köln geköpft.
Wiltz und Schifflingen
An ihn und an alle anderen Widerstandskämpfer und Opfer wurde am Mittwoch erinnert. Den Auftakt machte wie immer Wiltz mit einem Gottesdienst am frühen Morgen. Um Punkt 11.00 Uhr läuteten die Glocken und heulten die Sirenen fünf Minuten lang, ehe der offizielle Teil mit den Gedenkreden und den Kranzniederlegungen begann. Vor dem nationalen Streikdenkmal hatten sich Vertreter von Regierung, Abgeordnetenkammer, der Gemeinde, Gewerkschaften und patriotischer Vereinigungen zusammengefunden.
Schifflingen stand dann am Nachmittag im Mittelpunkt des Interesses. Erstmals wurde dabei am neuen Standort des Monuments zu Ehren der luxemburgischen Opfer des 2. Weltkrieges gedacht. In der Tat war das „Monuments aux morts“ in diesem Jahr von seinem ursprünglichen Standort vor dem Gemeindehaus in den neuen Léonie-Koullen-Park an die rue de Drusenheim versetzt worden. Der Tross zog anschließend in Richtung Eingangsportal des früheren Esch-Schifflinger Stahlwerks weiter, wo traditionell die größte der Gedenkfeiern stattfindet. Nach einer Gedenkminute und den Kranzniederlegungen begann der Reigen der Reden. Für die musikalischen Intermezzos sorgte Eric Gherardi, zudem wurde ein Gedenkgemälde enthüllt.
Im Rahmen der von den Gemeinden Esch und Schifflingen gemeinsam organisierten Zeremonie wurde als „kleine Überraschung“ ein „Parcours de la Mémoire Schifflange“ von Bürgermeister Paul Weimerskirch angekündigt. Diese Rundgänge sollen einen Einblick geben in die Ereignisse der Jahre 1940 bis 1945 in Schifflingen und Esch/Alzette. Der Gedenkweg in Schifflingen beschäftigt sich unter anderem mit der facettenreichen Geschichte und Erinnerungskultur des Zweiten Weltkrieges in der Ortschaft. Die Tour besteht aus 29 Stationen.
OGBL in Esch
Gleichzeitig hatte der OGBL vor das Resistenzmuseum in Esch geladen. Und dabei ebenfalls eine Überraschung angekündigt, die später im „Café Streik“ Premiere feierte. Die Jugendsektionen aller Escher Parteien (mit Ausnahme des ADR, der nicht eingeladen war) hatten sich auf Initiative der Gewerkschaft und deren Jugendorganisation zusammengetan und einen Videoclip produziert, in dem sie die Erinnerungskultur hochhalten. Am Mittwoch trugen Amela Skenderović (DP) und Samuel Baum („déi Lénk“) stellvertretend für alle anderen einige Textpassagen vor. Der Clip soll in nächster Zeit durch die sozialen Netzwerke verbreitet werden.
Zuvor hatte der Präsident der Escher OGBL-Sektion, Nando Pasqualoni, und auch OGBL-Präsidentin Nora Back deutliche Worte gefunden. Back spannte dabei den Bogen zur aktuellen Situation. „Existenzielle Ängste sind ein Nährboden für Populisten. Das dürfen wir nicht zulassen“, so die Gewerkschaftspräsidentin. Beide mahnten vor dem Aufwind der rechtspopulistischen Parteien in Europa. „In einer Welt, die sich ständig verändert, dürfen wir nie vergessen, was war“, so Back.
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Guten Tag Frau Back,
das „nie vergessen was war“ muss aber die ganze Bandbreite der Geschichte umfassen. Geschichte ist verhängnisvoll, wenn man nur eine Seite zeigt.
MfG
Robert Hottua