Pfadfinder / Ein Gespräch mit dem neuen FNEL-Präsidenten Georges Krombach über die Anziehungskraft der „Scouten“
Die Liste berühmter Pfadfinder ist lang. Politikerin Hillary Clinton, der erste Mann auf dem Mond, Neil Armstrong, oder Ex-Beatle Paul McCartney tauchen darauf auf. Aber auch „déi gréng“-Präsidentin Djuna Bernard oder Künstler Serge Tonnar sind dabei. Und immer noch wollen viele einer werden. Was macht die Anziehungskraft aus? Ein Gespräch mit Georges Krombach (41), dem neuen Präsidenten der „Fédération nationale des éclaireurs et éclaireuses du Luxembourg“ (FNEL).
Tageblatt: Herr Krombach, können Sie noch mit einem Kompass umgehen? Oder erledigt das GPS das für Sie?
Georges Krombach: Natürlich kann ich das und ich mag das sehr. Wenn man zwei Wochen mit den „Pfadis“ unterwegs ist, ist sowieso der Akku des Handys leer. Aber das gehört zu den Basics und die müssen stimmen.
Wann waren Sie denn das letzte Mal mit den „Pfadis“ unterwegs?
Das war 2014 bei der 100-Jahr-Feier auf Kirchberg. Da habe ich im Zelt mit gecampt. Aber ich selbst organisiere keine Camps mehr. Unser Motto ist: „Von der Jugend für die Jugend“.
Sie sind seit 36 Jahren Pfadfinder. Erinnerung an Ihre Jugendzeiten oder etwas Unverzichtbares?
Pfadfinder zu sein, gehört zu meiner Identität. Als Wölfchen war ich gar nicht froh. Meine Eltern haben mich gedrängt und ich erinnere mich noch an den Teppich in unserem Vereinshaus. Der war hart, aber gut sauber zu halten. Mit 12, 13 hat sich das geändert. Und heute ist es eine Sucht. Pfadfinder sind einfach anders drauf. Es sind positive Leute, es wird nicht über Geld geredet, sondern über Zusammensein, eine bessere Welt, gute Augenblicke. Da entsteht Energie, die einen antreibt und irgendwann geht es nicht mehr ohne.
In Sekundenschnelle Feuer machen, bei jedem Wetter im Zelt übernachten: Wie sieht denn der Vorzeigepfadfinder aus?
Der „Vorzeigepfadfinder“ hat sich über die Jahre immer wieder neu erfunden. Es ist auf jeden Fall jemand, der mit allen klarkommt. Früher ging es hierarchischer zu, heute ist der Pfadfinderchef mit einem Manager vergleichbar. Er muss mit allen möglichen Situationen und allen Typen von Menschen zurechtkommen.
Gemeinschaft, Natur, Abenteuer: Ist das immer noch die DNA des Pfadfindertums?
Ja. Gemeinsam etwas bauen, gemeinsam in der Natur sein, Respekt und Toleranz: Das waren, sind und werden immer die Werte des Pfadfindertums bleiben. Die Mitgliederzahlen steigen, weil Jugendliche genau danach suchen. Unsere große Konkurrenz ist Social Media. Ich sage immer, wir waren schon Social Media, bevor Social Media überhaupt aufkam.
Hemd und Halstuch: Finden das nicht viele altmodisch?
Nee, gar nicht. Alle tragen das, dann sind alle gleich. Es fördert das Zugehörigkeitsgefühl, wie der Schal beim Fußball.
Die FNEL ist 106 Jahre alt. Über Mitgliederschwund können Sie sich nicht beklagen, oder?
In zehn der 30 Gruppen, die bei uns Mitglied sind, gibt es Wartelisten. Die Pfadis sind ein perfekter Integrationsmotor, deshalb haben wir auch nie neue Expats-Gruppen aufgemacht. Unsere Gesellschaft befindet sich in einem extremen Wandel, 50 Prozent Ausländeranteil und multikulturell. Viele, die hierherkommen, geben ihre Kinder zu den Pfadis, damit sie sich integrieren können. Das ist der Sinn der Pfadis und wir sehen das als unsere Aufgabe.
Bis zu der Satzungsänderung, nach der die FNEL jetzt eine Asbl. ist, waren die Mitglieder, rein juristisch gesehen, mit ihrem persönlichen Eigentum haftbar. War das allen bewusst?
Ach, das war eine Grauzone. Aber jetzt ist es geregelt und transparent. Um das Transparenzregister wird ja gerade gestritten … Die Menschen wissen jetzt, wer dahintersteht und es schützt unsere Mitglieder, die verantwortliche Positionen haben. Die Zeiten einer „Association de fait“ sind vorbei.
Sie sind seit September der neue Präsident. Im Newsletter steht, dass alle gespannt auf die neue Dynamik sind. Wie sieht die aus?
Sieht man das nicht? Spaß beiseite. Als Präsident habe ich eher repräsentative Aufgaben, das „Comité de direction“ ist der Motor. Ich bin das Back-up bei großen Problemen und helfe, Feuer zu löschen, wenn es sein muss.
„Together creating a better world“ ist das Motto der FNEL. Wenn Sie sich was wünschen dürften, um die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen, was wäre das?
Ich würde persönliche Treffen noch mehr fördern. E-Mails und Anwälte lösen a priori erst mal keine Probleme. Da muss man sich schon in die Augen schauen. Wenn man die Ansicht des anderen versteht, dann findet sich meist ein Weg. Eine E-Mail kann das nicht leisten.
Die „Chefs“ hier machen eine Ausbildung, die zwei Jahre dauert. Sie sind selbst beruflich in einer Führungsposition. Hat Ihnen das geholfen?
Um Verantwortung zu übernehmen, musst du lernen, wie es geht. Bei uns werden Menschen im Alter von 16 Jahren Chef. Die müssen Leute managen und ihre Gruppe führen. Leuten Verantwortung zu geben, gehört auch zu unserer DNA. Die Pfadis sind eine Schule des Lebens.
Ech versprieche, mäi Bescht ze dinn, fir meng Flichte géintiwwer der Gesellschaft a mir selwer z’erfëllen, fir no onse Prinzipie vum Scoutissem ze liewen a fir mech mat Iech zesummen anzesetze fir eng besser Welt
Berühmte luxemburgische „Pfadis“
– Aline und Emile Mayrisch, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, Industrieller
– Robert Schaffner, Politiker, ehem. Innenminister
– Georges Schommer, Richter
– Anne Brasseur, Politikerin, ehem. Abgeordnete
– Max Kuborn, ehem. TV-Koch und Moderator
– Jean-Claude Hollerich, Kardinal
– Dr. Philippe Turk, Präsident FHL
– Michel Simonis, Direktor „Croix-Rouge luxembourgeoise“
– Michel Wurth, Industrieller, Verwaltungsratspräsident ArcelorMittal Luxembourg S.A.
– Serge Tonnar, Künstler
– Elise Schmit, Schriftstellerin
– Anne Simon, Theaterregisseurin
– Djuna Bernard, Politikerin, Abgeordnete, Präsidentin „déi gréng“
– Großherzog Jean und Erbgroßherzog Guillaume
Die FNEL in Zahlen
Zahlen: Die FNEL zählt knapp 3.000 aktive Mitglieder in 30 verschiedenen Gruppen. Mit 56,7 Prozent sind die meisten Luxemburger, 18,2 Prozent kommen aus anderen EU-Ländern und 1,7 Prozent aus anderen Ländern. 568 Chefs gibt es und 147 sind in der Ausbildung dazu. Die Zahlen stammen von der FNEL und sind aus dem Jahr 2021.
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