Festakt / „Ein historischer Tag“: Luxemburgs (zur Hälfte) neue Verfassung ist in Kraft
Mit rund 130 Ehrengästen ist in der Hauptstadt das Inkrafttreten der reformierten Verfassung gefeiert worden.
Das Inkrafttreten der reformierten Verfassung Luxemburgs ist am Samstag (1. Juli) auf dem Vorplatz der Abgeordnetenkammer mit einem feierlichen Akt begangen worden. Die wichtigsten Akteure des Großherzogtums und einige derjenigen, die das Zustandekommen des neuen Grundgesetzes mitverantwortet haben, waren dazu als Ehrengäste erschienen – und, natürlich, auch viele Bürger, die mit konstruktiver Vorschlagsarbeit zum Gelingen der Reform beigetragen haben.
DOWNLOAD Den neuen Verfassungstext gibt es hier als dreisprachige PDF.
„Dies ist ein historischer Tag“, zeigte sich Fernand Etgen als Präsident der Abgeordnetenkammer bewegt. Dieser 1. Juli 2023 werde „in die Geschichte eingehen, weil er das Inkrafttreten des wichtigsten Gesetzes unseres Landes in seiner überarbeiteten Form markiert“.
Um das Inkrafttreten der „tiefgreifendsten Verfassungsänderung seit 175 Jahren“ auch sicht- und fühlbar zu markieren, enthüllte Großherzog Henri eine Gedenktafel. Die Stele soll später ihren Platz im „Hôtel de la Chambre“ finden.
Schon der Ort des feierlichen Aktes sei aber ebenso symbolisch, erinnerte der Vorsitzende der Kommission für die Verfassungsrevision, Mars Di Bartolomeo: Man feiere schließlich „unter freiem Himmel, auf dem Vorplatz der Abgeordnetenkammer, einem Platz, der alle grundlegenden Institutionen miteinander verbindet“.
Di Bartolomeo, der persönlich rund zwei Jahrzehnte mit der Reform verbunden war (siehe unser Gespräch), dankte den Akteuren, die zur Ausarbeitung des neuen Textes beigetragen haben – darunter seine Vorgänger als Vorsitzende des Parlamentsausschusses, die beiden ehemaligen Abgeordneten Paul-Henri Meyers und Alex Bodry, sowie seine Mitberichterstatter Simone Beissel, Léon Gloden und Charles Margue.
„Dieser neue Text ist nicht revolutionär, sondern setzt das fort, was sich bewährt hat“, stellte er fest. Etwa die Hälfte des neuen Textes übernehme schließlich die bislang geltende Verfassung. Und der neue Text bereite die Zukunft vor.
Kritikpunkte am Revisionsprozess blieb nicht unerwähnt: „Uns wurde vorgeworfen, die Bürger nicht ausreichend einzubeziehen“, räumte Di Bartolomeo ein. Doch auch wenn ein angekündigtes Referendum tatsächlich nie stattgefunden habe, habe über Bürgerforen wie die Initiative „Är Virschléi“ und öffentliche Anhörungen doch Einfluss auf den Text genommen werden können.
Di Bartolomeo erwähnte zudem, dass die überarbeitete Verfassung auch ein neues Instrument bereithalte, das es 125 Wählern ermöglicht, eine Gesetzesinitiative bei der Abgeordnetenkammer einzureichen. Entsprechend begründete Vorschläge zur Gesetzgebung können auf der Website www.propositions.lu eingereicht werden, die ebenfalls an diesem 1. Juli gestartet wurde. Noch ein Grund, weshalb dieser Tag geschichtsträchtig sei, befand Di Bartolomeo.
Hinweis: Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Abgeordnetenkammer.
Das ist neu in der Verfassung
Diese Neuerungen sind in einer Mitteilung der Abgeordnetenkammer besonders herausgehoben worden:
– „Bürger haben die Möglichkeit, einen Gesetzestext vorzuschlagen: Dies ist der begründete Vorschlag zum Zweck der Gesetzgebung (PML). Er wird von mindestens 125 Wählern eingebracht und wenn er von mindestens 12.500 Wählern unterstützt wird, entscheidet die Kammer in einer öffentlichen Sitzung über ihn.
– Der Zugang von Abgeordneten zum Untersuchungsrecht ist einfacher als zuvor. Ein Untersuchungsausschuss wird künftig eingesetzt, wenn mindestens ein Drittel der Abgeordneten (20) dies beantragt. Derzeit kann ein Untersuchungsausschuss nur auf Antrag von mehr als der Hälfte der Abgeordneten eingesetzt werden (31).
– Ein neues Organ: der Nationale Justizrat. Die Aufgabe des neuen Organs besteht darin, die ordnungsgemäße Funktionsweise der Justiz unter Wahrung ihrer Unabhängigkeit zu gewährleisten.
– Die luxemburgische Sprache, die Flagge, das Wappen und die Nationalhymne werden in die Verfassung aufgenommen.
– Der Text legt fest, dass das Großherzogtum Luxemburg an der europäischen Integration teilnimmt.
– Das Recht auf Wohnung, das Recht auf Arbeit, die Erhaltung der biologischen Vielfalt, der Schutz des kulturellen Erbes und die Anerkennung von Tieren als empfindungsfähige Lebewesen gehören zu den neuen Zielen mit Verfassungswert.
– Das Interesse des Kindes, das Recht auf Familiengründung und der Schutz personenbezogener Daten werden in den Text aufgenommen.
– Die Befugnisse der Kammer werden gestärkt, unter anderem durch die Einführung des Vertrauensantrags und des Misstrauensantrags gegen die Regierung.
– Die Übernahme des Amtes des Großherzogs, die Abdankung und die Regentschaft werden nun in der Verfassung detailliert beschrieben. Jeglicher Verweis auf den ,Pacte de la famille de Nassau‘ wird gestrichen.“
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Gruppenbild mit Dame!
An der Europäischen Integration teilnehmen bedeutet auch, sich seiner Geschichte zu stellen. Ab 1933 wurden in Luxemburg Türen geöffnet und geschlossen, die bis heute eine integre Integration verunmöglichen.
MfG
Robert Hottua