/ „Ein Kampf, von dem man weiß, dass man ihn verlieren wird“: Ein Angehöriger spricht über die Diagnose Demenz
Seit vier Jahren lebt die Mutter von Serge R. mit der Diagnose Demenz.
Jessica Oé hat mit ihm über die Krankheit, seine Erfahrungen als Pflegeperson
und den Stress für die Familie gesprochen.
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Seine Mutter ist heute 72 Jahre alt. Serge R. pflegt sie zu Hause und ermöglicht ihr damit, weiter in den eigenen vier Wänden zu leben. Der 50-Jährige aus dem Ösling erzählt vom langsamen Voranschreiten der Krankheit seiner Mutter, der Belastung für Familienangehörige und von eigenen Schuldgefühlen.
Tageblatt: Wieso haben Sie sich dazu entschieden, Ihre Mutter zu Hause zu pflegen?
Serge R.: Bei mir spielt Pflichtbewusstsein eine große Rolle. Meine Mutter hat mich und meine Geschwister großgezogen. Jetzt ist es an der Zeit, etwas zurückzugeben. Das Ziel ist es, meine Mutter so lange wie nur irgend möglich in ihrem eigenen Zuhause zu lassen.
Weil auch die Befürchtung da ist, dass die Krankheit noch schneller voranschreiten könnte, wenn meine Mutter in einem Heim unterkommt. Die Diagnose ist nun vier Jahre her. Aber wir haben Glück, dass die Krankheit bisher nur sehr langsam fortschreitet und meine Mutter weder aggressiv wird, noch die Tendenz entwickelt hat, wegzulaufen.
Was waren die ersten Anzeichen der Demenz- Erkrankung Ihrer Mutter?
Bemerkt habe ich es das erste Mal Ende 2015. Meine Mutter wohnt im Haus neben mir. Eines Tages kam sie mit einem Zettel zu mir, weil sie nicht wirklich verstand, worum es in dem Schreiben ging. Ich habe es ihr dann erklärt und sie ging wieder nach Hause. Zehn Minuten später kam sie mit dem gleichen Zettel zurück. Das hat mich gewundert, aber ich habe es ihr noch einmal erklärt.
Eine Viertelstunde danach stand sie wieder vor der Tür – mit dem gleichen Blatt Papier in der Hand. Und da war für mich klar, dass da etwas nicht stimmt. Ich hatte gleich den Verdacht, dass es sich um die Anzeichen einer Demenz handelt. Sie hat mich zwar gefragt: War ich schon einmal hier? Das habe ich dann aber verneint. Ich wollte ihr nicht sofort Angst machen.
Was war für Sie der nächste Schritt?
Ich bin zu unserem Hausarzt gegangen. Ich war selbst als Kind bei ihm Patient, er kennt die Familie schon länger. Ich habe ihm die Situation geschildert. Er bat mich, mit meiner Mutter vorbeizukommen. Zu der Zeit war sie selbst noch fit und hat eingesehen, dass ein Arztbesuch nicht schaden kann. Ich habe ihr erklärt, dass der Hausarzt sie einfach nur durchchecken will, weil sie ein paar Probleme mit der Erinnerung hätte. Der Hausarzt hat dann den Uhrentest mit ihr gemacht. Doch ihr Ergebnis war erstaunlich gut: 26 von 30 Punkten. Zur Sicherheit wollte der Hausarzt sie aber zu einem Neuropsychologen schicken.
Sie sind also zu einem Spezialisten gegangen?
Den Termin hatten wir ungefähr einen Monat später angesetzt. Wir waren zwischenzeitlich aber an einem Sonntag im Restaurant essen. Dort sagte meine Mutter mir plötzlich: Fahr mit mir ins Krankenhaus, mir geht es nicht so gut. Sie hat selbst gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt. An dem Tag war Gott sei Dank auch ein Neurologe im Krankenhaus. Der hat dann weitere Tests veranlasst, ist aber zunächst davon ausgegangen, dass es sich um eine Altersdepression handelt. Da war ich schon ein wenig erleichtert. Eine Depression ist heilbar. Meine Mutter ist allein stehend, da lag der Verdacht nahe …
Doch dann kam die Diagnose Demenz …
Das hat ein wenig gedauert. Meine Mutter ist erst mal einen Monat im Krankenhaus gewesen, um alle nötigen Tests zu absolvieren und die Ursache der Gedächtnisprobleme herauszufinden. Doch alle Tests bis auf die Überprüfung des Neuropsychologen fielen negativ aus. Diese allerdings bewies eindeutig, dass es sich um eine Demenz handeln muss. Das war dann unsere Diagnose. Meine schlimmsten Befürchtungen wurden bestätigt.
Meine Mutter hat eine Mischform von Demenz. Das war für uns schwierig. Was heißt das, eine Mischform von Demenz? Ich habe dann Rat gesucht, bei Weiterbildungen von der Ala und unseren Ärzten. Ein Professor hat mir dann auf einer der Veranstaltungen erklärt, dass in der Regel eine Mischform eine Alzheimer Demenz ist.
War die Diagnose ein Schock für Sie und Ihre Mutter?
Ja. Vor allem für meine Mutter war es schwierig. Ein Neurologe sagte ihr ganz direkt: Wir müssen eine Entscheidung treffen. Sie können nicht mehr alleine zu Hause wohnen. Entweder Sie gehen in ein Altersheim oder Sie suchen sich eine Pflege- oder Hilfskraft, die dann Vollzeit bei Ihnen zu Hause lebt. Da fing meine Mutter an zu weinen und sagte: Jetzt ist mein Leben also vorbei … Das war ein ganz harter Moment.
Zwar stimmte meine Mutter zu, sich eine Hilfskraft zu suchen. Aber das wollte sie eigentlich gar nicht. Zu dem Zeitpunkt war sie körperlich und auch geistig noch ziemlich fit. Ich habe ihr dann versprochen: Wir versuchen dich so lange wie möglich autonom zu Hause zu halten. So lange, bis es nicht mehr geht.
Wie haben Sie das organisiert?
Ich habe mit ihr verhandelt. Sie hat beispielsweise nicht mehr selbst gekocht. Ich habe ihr vorgeschlagen, es einen Monat mit „Essen auf Rädern“ zu probieren. Es war hart, sie zu überreden, weil sie erst jede Hilfe ablehnte. „Ich will das nicht, ich mache das selbst“, sagte sie immer wieder. Ich meinte dann, das wäre ja nur übergangsweise, bis sie wieder auf den Beinen ist.
Nach einem Monat hat sich die Frage gar nicht mehr gestellt. Wir haben den Service weiter in Anspruch genommen und meine Mutter hat es akzeptiert. Und so ist es Schritt für Schritt mit allen Hilfestellungen passiert. Erst hat meine Mutter die Hilfe komplett ablehnt, dann haben wir es immer nur „übergangsweise“ probiert. Mit der Bedingung, dass sie nach ein oder zwei Wochen sagen kann, dass sie das nicht mehr möchte. Aber nach der Frist lief es einfach weiter, weil sie sich damit abgefunden hat und es ihr das Leben erleichtert hat.
Sie lebt also immer noch eigenständig bei sich daheim?
Genau. Am Anfang gab es nur das „Essen auf Rädern“, aber dann kamen weitere Hilfsangebote hinzu. Ich habe gemerkt, wie sie immer weniger aktiv in ihrem Leben wurde. Sie war eine sehr selbstständige Frau. Sie ist Auto gefahren, hat ihren Haushalt problemlos in Ordnung gehalten, Termine beim Frisör ausgemacht, ist selbst einkaufen gegangen oder hat Nachbarn besucht. Doch das hat sie nach und nach nicht mehr selbst geschafft. Sie hat aufgehört zu putzen und sich teilweise nicht mehr gewaschen. Normalerweise war sie eine Frühaufsteherin: Um spätestens 7 Uhr ging es los. Doch dann begann sie, immer länger im Bett zu bleiben. Erst bis 9, dann bis 11 zu schlafen. Sie hat einen ganz anderen Lebensrhythmus.
Es hat sich die Frage gestellt, welche Hilfe sie von der Pflegeversicherung erwarten kann. Ich habe eine Anfrage gestellt, doch im ersten Jahr wurde mir das verwehrt. Sie haben keinen Grund gesehen, weil meine Mutter ja noch mobil, also noch körperlich fit war. Es schien mir ein wenig, als wären sie darauf fokussiert gewesen. Als hätte man Anrecht auf Hilfe, wenn der Körper abbaut, aber wenn der Geist nicht mehr mitmacht, ist es schwierig. Ich habe ihnen die Situation zwar genau geschildert, aber keine Chance. Ich hatte dann aber keine andere Wahl, als mich dennoch an einen Pflegedienst zu wenden. Zunächst waren wir bei „Hëllef doheem“ – wenigstens um eine Putzhilfe für meine Mutter zu bekommen. So haben wir das erste Jahr eigentlich ganz gut überstanden.
Doch dann hat die Pflegeversicherung eingelenkt?
Ein Jahr später habe ich wieder einen Antrag bei der Pflegeversicherung gestellt. Dieses Mal machte ich ihnen aber klar, dass sie, ehe sie einen Termin bei meiner Mutter wahrnehmen, zuerst zu mir kommen. Damit ich ihnen die Situation erklären kann. Ich musste ihnen deutlich sagen, dass meine Mutter nicht selber zugeben würde, dass sie alleine nicht mehr klarkommt. Im Gegenteil, sie selbst ist der Meinung, sie könne noch alles erledigen. Dieser Meinung ist sie auch heute noch. Dieses Mal wurde unser Antrag genehmigt.
Damit sie wieder mehr von ihrem Leben profitieren kann und auch vor die Tür kommt, habe ich dann begonnen, ihr samstags einen Ausflug mit Begleitung zu organisieren. Da habe ich sie vor vollendete Tatsachen gesetzt, weil sie das am Anfang ebenfalls abgelehnt hat. Aber das erste Mal hat fantastisch geklappt. Darauf haben wir aufgebaut.
Dann kam der Moment, in dem sie Probleme beim Essen hatte. Ihre Mahlzeiten wurden ihr zwar gebracht, doch sie kam nicht mehr mit den Heizplatten zurecht. Sie hat das Essen dann genommen, alles zusammen in einen Topf gekippt und es dann auf dem Herd gewärmt. Während sich das Essen dann erhitzt hat, hat sie etwas anderes gemacht, ist beispielsweise in den Garten gegangen und hat dann vergessen, dass der Herd angeschaltet ist.
Eine gefährliche Situation …
Ja. Sie hat glücklicherweise einen Inox-Herd, bei dem sich die Platten selbst ausschalten. Aber das Essen war meist ungenießbar, weil alles angebrannt war. Es kam schon vor, dass ich hereinkam und innen alles voller Rauch und ihr Mittagessen richtig verkohlt war.
Ich stand zu dieser Zeit schon mit ALA („Association Luxembourg Alzheimer“) in Kontakt.
Ich hatte meine Mutter in ihrem Zentrum in Erpeldingen neben sechs anderen Altersheimen zur Sicherheit schon mal angemeldet. Glücklicherweise baute die ALA ihren ALA-Plus-Service zu dieser Zeit aus und bedient nun auch den Norden. Ich bin zu ihnen gewechselt, weil sie auf die Krankheit spezialisiert sind. Ich musste für meine Mutter jemanden organisieren, der jeden Mittag zu ihr kommt, um mit ihr das Essen zuzubereiten. Das klappt super. Sie kommen jeden Tag von 11.45 bis 1.15 Uhr, um mit ihr zu kochen.
Welche Dienstleistungen sind seitdem dazugekommen?
Mittlerweile kommt eine Ergotherapeutin jeden Dienstag mit einem Hund zu ihr. Das tut meiner Mutter sehr gut, weil sie unheimlich froh mit Tieren ist. Am Montag kommt eine Psychologin für eine Stunde zu ihr. Und seit einem knappen Monat geht sie einmal die Woche ins Tagesheim. Auch da hieß es erst mal: Ich will nicht. Aber unser Hausarzt konnte sie überzeugen. Wir nennen es aber nicht Tagesheim oder „Foyer“. Sie geht ganz einfach nach Dahl.
Wie behält Ihre Mutter den Überblick über ihre Aktivitäten und Termine?
Seit der Diagnose vor vier Jahren führen wir gemeinsam ein Agenda-Buch, in dem alles genau eingetragen ist. Das ist für meine Mutter ein wichtiger Anhaltspunkt.
Aktuell kann sie noch lesen und trägt selbst Termine ein. Damit sie sich nicht verloren oder überrumpelt fühlt, ist es wichtig, dass in diesem Kalender genaue Details zu den Terminen vermerkt sind. Beispielsweise der Name der Person von ALA Plus, die mit ihr zum Einkaufen fährt.
Viele Entscheidungen müssen Sie nun im Namen Ihrer Mutter treffen. Belastet Sie das?
Klar. Ich muss teilweise Entscheidungen treffen, obwohl ich ganz genau weiß, dass sie das eigentlich nicht gewollt hätte. Das bedeutet Stress und Druck. Die ganzen Hilfsangebote – „Essen auf Rädern“, der Besuch im Tagesheim, die Pflegekräfte – hätte meine Mutter früher niemals angenommen. Das macht die Situation für mich sehr schwer.
Auch weil man sich ständig hinterfragt, ob man die richtige Entscheidung trifft. Bisher habe ich mich nur einmal getraut zu fragen, ob es ihr im Tagesheim gefällt. Weil ich Angst habe, dass sie mir Vorwürfe macht. Aber sie hat mir versichert, ihr würde es dort gefallen.
Sie klingen unsicher, ob das eine ehrliche Antwort war.
Man kann den Antworten meiner Mutter nicht mehr absolut vertrauen. Sie hat sich in ihrem Leben nie beklagt und tut es auch heute nicht. Aber ich bin mir unsicher, ob sie manchmal nicht einfach Ja sagt, um Diskussionen aus dem Weg zu gehen. Deswegen ist es mir sehr wichtig, genau aufzupassen, in welcher Stimmung sie ist. Ist sie glücklich oder klingt sie traurig? Das muss ich aus ihrer Stimme und ihrem Verhalten herauslesen.
Wann ist für Sie der Zeitpunkt gekommen, dass Sie entscheiden, Ihre Mutter in einem Heim unterbringen?
Den Punkt habe ich schon sehr oft erreicht, weil ich sehr oft mit der Situation überfordert war. Ich kümmere mich zum Großteil alleine um meine Mutter. Wir haben zwar eine große Familie, aber viele haben sich zurückgezogen. Das macht es nicht einfacher. Anfangs war ich wütend, aber mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, auch wenn ich es nicht verstehe.
Ich habe einen Nachbarn, der mich sehr unterstützt und mir nach Erhalt der Diagnose sofort Hilfe angeboten hat. Das war ein besonders emotionaler Moment für mich. Und ich bin für die Arbeit und Hilfe von Organisationen wie der ALA sehr dankbar. Ich weiß, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem ich die Pflege meiner Mutter in die Verantwortung von Professionellen in einem Heim übergeben muss. Aber solange es ihr zu Hause gut geht, kriegen wir das irgendwie hin.
Wie hat die Krankheit Ihrer Mutter Sie verändert?
Die Demenz ist ein Einschnitt in mein Leben. Ich habe mir vorher nicht vorgestellt, dass ich einmal meine Mutter pflegen würde. Ich muss mich damit abfinden, aber das funktioniert nicht immer. Auch weil ständig etwas Neues dazukommt. Seine Ruhe hat man nicht mehr. Das Erste, was ich tue, wenn ich nach Hause komme, ist, nach meiner Mutter zu sehen.
Da meine Mutter viele alltägliche Dinge nicht mehr selbstständig bewältigt, habe ich gleich im ersten Jahr bei meinem Arbeitgeber angefragt, nur noch 32 statt 40 Stunden zu arbeiten. Zunächst für ein Jahr – ich wusste ja nicht, wie die Krankheit verlaufen würde. Es hätte ja sein können, dass sie schon nach einem Jahr ins Altersheim muss.
Der Verlauf der Krankheit belastet auch die Familienangehörigen.
Ja. Man geht einen Kampf ein, wohlwissend, dass man ihn am Ende verlieren wird. Die Situation wird immer schlimmer, die psychische Belastung immer größer. Jeder sagt mir dann: „Du musst auch nach dir selbst sehen.“ Das versuche ich. Aber irgendwie muss es weitergehen. Gewöhnen tut man sich allerdings nie an den schleichenden Verlust.
Ich habe auch psychologische Hilfe in Anspruch genommen. Man will nicht ständig nur mit Freunden und Bekannten über die Krankheit oder die Pflege sprechen und sich bei ihnen ausweinen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich die Pflege meiner Mutter nur gewährleisten kann, weil ich selbst keine Kinder habe. Sonst hätte ich schon längst kapitulieren müssen.
Auch finanziell ist es eine Belastung. Natürlich ist Geld nicht alles, aber ich verliere zurzeit einen Teil meines Gehalts. Ich arbeite 32 Stunden die Woche, weil es anders nicht machbar ist. Ich kann zwar noch gut von meinem Verdienst leben, aber dieser Arbeitsverlust wird nicht ausgeglichen. Die Pflege meiner Mutter wird nicht für meine Rente angerechnet.
Haben Sie manchmal Schuldgefühle?
Absolut. Durch die Gespräche in den Austauschgruppen für Familienangehörige weiß ich aber, dass es nicht nur mir so geht. Die Frage, die mich immer wieder umtreibt, ist: Hätte ich es selbst nicht viel eher bemerken müssen, dass etwas mit meiner Mutter nicht stimmt? Die Krankheit tritt ja nicht von einem Tag zum nächsten auf. Wie hat meine Mutter sie so gut verstecken können?
Ist Ihre Mutter noch der gleiche Mensch wie vorher?+
Nein. Meine Mutter war ein aktiver, fast schon nervöser, aber sehr strenger und disziplinierter Mensch. Heute ist sie sehr ruhig, fast schon apathisch. Sie redet kaum noch und akzeptiert einfach alles. Ein Gespräch mit ihr zu führen, ist kaum mehr möglich. Sie vergisst gleich wieder, was man ihr gerade gesagt hat. Man muss also selber der aktive Part sein, wenn man mit ihr reden möchte.
Andererseits hat sie durch die Krankheit Verhaltensauffälligkeiten entwickelt. Ich kann mich daran erinnern, dass meine Mutter immer sehr gepflegte Fingernägel hatte. Heute kaut sie sich ständig die Nägel ab. Ihr dabei zuzusehen, macht mich dann selbst nervös. Oder sie bleibt bei einem Spaziergang völlig abrupt stehen und verliert sich in ihren Gedanken.
Probleme bereitet ihr auch die Körperpflege. Durch die Krankheit hat sie beispielsweise Probleme mit Inkontinenz. Wie bringe ich meiner Mutter also bei, dass sie nun Einlagen tragen muss? Oder dass sie die Hosen, die sie in einem solchen Moment getragen hat, nicht über die Heizung legen soll, um sie zu trocknen? Das sind Moment, die einen etwas verzweifeln lassen.
Haben Sie Angst, dass sie selbst an Demenz erkranken könnten?
Ja. Ich habe mir schon überlegt, entsprechende Tests zu machen. Doch diese Untersuchungen sind nicht zu 100 Prozent sicher. Und was würde in meinem Leben ändern, wenn ich wüsste, dass ich eine bestimmte Veranlagung hätte? Würde ich damit klarkommen oder macht man sich dann damit verrückt? Letztendlich versuche ich so wenig wie möglich darüber nachzudenken.
Was ist für Sie das Schlimmste an der Demenzerkrankung Ihrer Mutter?
Zuzusehen, wie meine Mutter nach und nach abbaut. Wie ein Mensch von der völligen Autonomie in einen Zustand verfällt, in dem sie auf andere angewiesen ist. Ich glaube, die Demenz wäre einfacher zu akzeptieren, wenn meine Mutter 80 Jahre oder älter wäre. Dann hat man ein gutes Leben gehabt.
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