Cyril Molard im Porträt / Ein Marathonmann der Gastronomie: So hat es der Zwei-Sterne-Koch an die Spitze geschafft
„Ich habe mich immer von meinen Begegnungen mit großen Männern tragen lassen“, sagt der Chef des Restaurants „Ma langue sourit“, Cyril Molard, über seinen recht ungewöhnlichen Weg vom Fleischermeister und Feinkoch aus den Vogesen bis zum Sternekoch in Moutfort.
„Wir sind keine Sprinter, wir sind eher Marathonläufer“, sagt Molard über sich selbst und fügt diesem Spruch auch gleich eine Erklärung hinterher. „Wir müssen nicht nur einmal, sondern immer wieder aufs Neue gut sein.“
Dafür gibt es in seinen Augen nur eine Motivation: Er liebt seine Arbeit nach wie vor und ist tagtäglich in seinem Restaurant, um vor Ort dafür zu sorgen, dass das Essen so serviert wird, wie es der Gast von einem mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Lokal erwarten darf. Um dieses Niveau zu erreichen, braucht es natürlich Talent.
Wichtig seien aber auch die Freude an der Arbeit und das Erlernen der Techniken, die aus einem normalen Essen ein Gourmet-Festmahl machen. „Am allerwichtigsten sind die Neugierde, die es erlaubt, sich überall zu inspirieren, und die Sorge um das kleinste Detail. Das erlaubt uns, immer weiterzukommen“, sagt der Chef. Er arbeitet vor allem mit Soßen. Es freue ihn, wenn die Gäste ihr Brot tunken, erklärte er in einem Gespräch mit dem Michelin.
Chef des Jahrzehnts
„Ich habe mich nie um einen Michelin-Stern bemüht. Er ist mir an einem Zeitpunkt meines Lebens zugefallen, an dem es mir – nach dem Tod meiner Mutter – eigentlich sehr schlecht ging. Mir fehlte nach diesem bitteren Verlust die Triebkraft, die mich bis dahingetragen hatte“, sagt Molard zu dem zweiten Michelin-Stern, den er 2018 bekommen hatte und als Einziger im Land hat.
Der erste Stern ging bereits 2009 nach Moutfort, nur kurze Zeit, nachdem er das ehemalige „La cheminée“ übernommen hatte. Es war die erste einer ganzen Reihe von Auszeichnungen. Vom „Chef des Jahres“ war er vom „Gault & Millau“-Gastronomieführer zum „Chef des Jahrzehnts“ gekrönt worden. Mittlerweile gehört er auch zu den besten Tischen der Welt und zählt zu den zehn schönsten Tischen im Benelux-Raum.
Zeitgleich mit dem zweiten Michelin-Stern wurde das „Ma langue sourit“ von Grund auf renoviert und neu ausgestattet. „Ich liebe ein elegantes Dekor und schönes Geschirr“, sagt Molard von sich selbst. Zusammen mit seiner Frau suche er immer wieder nach neuen Accessoires. „Aber es sind nicht diese Details, die einen Michelin-Stern einbringen. Das erreicht allein die Küche“, betont er und nippt an der dekorativen Kaffeetasse in Hellbeige-Tönen. Ein klarer Seitenhieb gegen all diejenigen, die die komplette Renovierung des Restaurants mit der Michelin-Auszeichnung in Verbindung brachten.
Im Gegensatz zu anderen habe er sich nie bei Michelin angebiedert. „Ich war in den knapp 15 Jahren meiner selbstständigen Tätigkeit nur ein einziges Mal in Brüssel. Ich habe bei dem Treffen nichts verlangt, ich wollte von den Fachleuten nur eine Einschätzung, auf der ich weiter aufbauen konnte.“
Etappensiege
Es war eine lange, von vielen punktuellen Etappensiegen gezeichnete Zeit, die den heute 51-jährigen Meisterkoch zu seiner beneidenswerten Stellung geführt hat. Begonnen hat das Abenteuer für den Sohn und Enkelsohn eines Metzgermeisters aus Cornimont, in der Nähe der Wintersportstation „La Bresse“, mit einer Lehre als „Charcutier“ und Feinkoch. Sehr schnell wurde das 3.000-Seelen-Städtchen jedoch zu klein für den ehrgeizigen jungen Mann.
Der Ausbildung zum Gesellen folgten ein Meisterbrief in Nancy und die Anstellung bei Marcotullio, einem großen Feinkochbetrieb der Region. „Wir richteten hochwertige Ereignisse für ein Riesenpublikum aus“, sagt Molard über seine ersten praktischen Erfahrungen.
Bei einem beruflichen Treffen lernte er dann einen großen Chef kennen. Guy Krenzer war Meisterkoch im Pariser Restaurant „Lapérouse“. Wie Molard kam er aus Frankreichs Osten und war von Haus aus „Charcutier“. Die beiden Männer sympathisierten und Cyril Molard folgte Krenzer nach Paris, in eine Küche, in der nur Meister des Fachs beschäftigt waren. „Ich habe in zweieinhalb Jahren viel gesehen und gelernt“, sagt er.
Mit einem weiteren Chef, Emmanuel Renaut, ging es anschließend ins Londoner Hotel „Claridges“. Molard folgte dem Meister auch, als dieser eine Pizzeria in Megève kaufte. Die Anfänge des heutigen Drei-Sterne-Restaurants „Fleurs de sel” waren jedoch nicht so ganz einfach und so wurde der „Premier Chef“ kurzfristig an das Restaurant „Edouard Loubet“ in Lourmarin, in den südfranzösischen Alpen, ausgeliehen. Dieses Abenteuer sollte allerdings nur von kurzer Dauer sein: Cyril Molards Vater wurde krank und so war es für den Sohn selbstverständlich, der Mutter in der heimischen Metzgerei zur Seite zu stehen.
Es war wiederum die Begegnung mit einem großen Meister seines Fachs, dem Metzger Eric Bellot aus Longwy, die Molard bei seiner beruflichen Neuorientierung nach Luxemburg ins Restaurant „La Lorraine“ brachte. Das Lokal habe damals keinen Stern gehabt, sei jedoch für seine hochwertige Küche bekannt gewesen.
„Wir kochten auf hohem Niveau“, erinnert sich auch der Meisterkoch. Obwohl mit sehr viel Druck gearbeitet wurde, habe er sich wohlgefühlt, nicht zuletzt, weil er dort mittlerweile seine Frau kennengelernt hatte. Küchenchef im Hotel „Le Royal“ war die nächste berufliche Etappe des nun 27-jährigen Meisterkochs. Acht Jahre blieb er in dem Hotel, wo ihm das damalige Gourmet-Restaurant „La pomme cannelle“, das „Le jardin“, die Gesellschaftsräume und der Frühstücksdienst unterstanden. „Eine spannende Zeit, mit einem guten Gehalt“, sagt Molard rückblickend. Dennoch war nach acht Jahren Schluss. Der Meisterkoch fühlte sich bereit für eine neue Herausforderung. „Ich suchte etwas Eigenes.“
Aus eigener Kraft
Gefunden hat er es in Moutfort. Doch auch da gab es keinen Stillstand. Gleich nach dem ersten Jahr kamen der Michelin-Stern und die damit verbundenen Auflagen. Nur wenig später bot ihm der Besitzer die Immobilie zum Kauf an. „Hätte ich nicht zugesagt, hätte er mich vor die Tür gesetzt.“ Einmal mehr nahm der Chef deshalb tief Atem und wagte das neue Abenteuer. „Die Bank hat glücklicherweise mitgemacht!“ Zum Stillstand kam es weiterhin nicht. Die Räumlichkeiten wurden renoviert, das Personal von anfangs acht auf 18 Mann vergrößert, „um meinen Mitarbeitern mehr Komfort zu bieten“, fügt Molard hinzu.
Genau wie seine Lehrmeister hat er hohe Ansprüche an sein Team. Gleichzeitig weiß er, dass er auf sie zählen muss. „Ich bin die Lokomotive, aber der Zug muss folgen.“ Auf seine Küche angesprochen kommt Molard nochmals auf seine Neugierde zu sprechen, die ihn immer wieder Neues probieren lässt. Einen strategischen Plan habe er nicht, lieber lasse er sich von seinen Gefühlen tragen und arbeite an seinen Techniken. „Ich liege damit wohl nicht ganz falsch …“
Wie alle Meister seines Fachs isst Molard regelmäßig in großen Häusern, am liebsten in den nordeuropäischen Ländern. In seiner eigenen Küche jedoch bleibt er so lokal und bodenständig wie möglich, 80 Prozent seiner Zutaten kommen aus der Region.
Wie sein Restaurant zu seinem Namen kam, wissen die meisten hiesigen Gourmets: In einem Buch hatte Molard über die kleine Julie Parmentier gelesen, die nach dem Verzehr einer Schokoladenmousse erklärte, ihre Zunge habe dabei gelächelt. Ob das „Ma langue sourit“ eine Schokoladenmousse auf seiner Menükarte habe, wollte ich daraufhin wissen. Das musste der Meisterkoch verneinen. „Ich fand das Bild einfach schön“, gibt er als Erklärung.
Ma langue sourit
1, rue de Remich
5331 Contern
mls.lu
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