/ „Ein Skandal“: Die Mitglieder der Handelskammer stehen fest – auch ohne Wahlen
Die neue Handelskammer steht. Wahlen waren dazu nicht nötig. Denn die Kandidatenliste des jungen Verbands Uless ist abgelehnt worden. Der Uless-Direktor spricht vom einem skandalösen und undemokratischen Vorgang. Er will klagen.
Eigentlich sollte es im März zu Wahlen in der Handelskammer kommen. Nach 20 Jahren. Zum ersten Mal. Eigentlich. Denn am Dienstag hat der Präsident des Wahlbüros aus dem Wirtschaftsministerium, Luc Wilmes, mitgeteilt, dass die Liste der Uless ungültig sei. Dass drei der 16 Kandidaten abgelehnt wurden. Und damit gleichzeitig die ganze Liste verworfen wurde. So will es das Gesetz. Deshalb stehen die 25 Mitglieder der Handelskammer für die nächsten fünf Jahre fest – auch ohne Wahlen.
Selten mehr Kandidaten als Posten
Uless-Direktor Jean-Christophe Burkel hält das für nichts weniger als einen „Skandal“. Er spricht von einem „sehr großen demokratischen Problem“. Selbst in autokratischen Staaten wie im Irak unter Saddam Hussein gab es Wahlen, so der aufgebrachte Direktor. Kurz: Er könne diese Entscheidung in keinster Weise nachvollziehen und werde sie mit allen juristischen Mitteln anfechten.
Tatsächlich war es eher ungewöhnlich, dass sich für die Handelskammer mehr Kandidaten meldeten, als es Posten gab. Das mag komisch klingen, aber in der Vergangenheit konnte sich die Arbeitgeberseite stets im Vorfeld auf die Mitglieder in der Handelskammer einigen. Wahlen waren dazu nicht nötig. Das Patronat wählt nicht, es entscheidet, so eine griffige Formel aus dem Umfeld der Handelskammer.
Doch die Uless wollte von ihrem Recht auf demokratische Vertretung in der luxemburgischen Institution Handelskammer Gebrauch machen. Der Verband der Unternehmen der Sozial- und Solidarwirtschaft , so der gesamte Name der Uless, wurde erst 2013 gegründet und gilt als neuer Akteur. „Wir sind dazu verpflichtet, Beiträge zu zahlen, also wollen wir auch mitbestimmen“, sagt Burkel.
Neue Konkurrenz
Also machte er sich vor rund 20 Monaten daran, eine Liste aufzustellen. Die Handelskammer ist in sechs Gruppen unterteilt, die Uless wollte in Gruppe 1, dem Handelsbereich, antreten, der rund acht der 25 Mitglieder stellt. Die „Uless and Friends“-Liste sollte gegen die CLC antreten, die Liste des altehrwürdigen Luxemburger Handelsverbands, den es bereits seit 1909 gibt mit Vertretern wie Laurent Schonkert (Cactus), Fernand Ernster (Librairie Ernster) oder auch Jos Sales (Sales-Lentz). Die Hälfte der Uless-Kandidaten ist weiblich, darunter viele junge und ausländische Arbeitgeber. Die Liste entsprach demnach exakt den Vorstellungen, die der scheidende Präsident Michel Wurth für die neue Handelskammer ausgab.
Doch das Vorgehen der Uless soll nicht auf Gegenliebe gestoßen sein. Im Gegenteil. Die Honoratioren der „Chambre de commerce“ sollen wenig begeistert gewesen sein von einer Alternativliste der Uless, einer neuen Konkurrenz. Der Vorstoß wurde als Bedrohung wahrgenommen bar jedes kontrollierten Vorgehens des Patronats. Burkel will sich dazu nicht explizit äußern, allerdings spricht er davon, auf Widerstände gestoßen zu sein.
Bereits vor zwei Wochen konnte das Land in Erfahrung bringen, dass die Uless eine Liste eingereicht hatte und es wohl zum ersten Mal seit 1999 zu Wahlen in der Handelskammer kommen würde. Dass es nun wohl doch nicht dazu kommt, liegt an einem Formfehler. Wie das Wirtschaftsministerium mitteilt, sollen drei der 16 Kandidaten keine Mitglieder der Handelskammer sein . Sie seien Mitglieder der Handwerkskammer und dürften demnach nicht auf der Liste sein. Burkel hält das für schlichtweg „nicht möglich“. Die Kandidaten wissen doch genau, wo sie ihre Beiträge zahlen, so Burkel. Er habe die Liste am 13. Februar im Wirtschaftsministerium eingereicht, der zuständige Beamte habe alle Kandidaturen geprüft und als zulässig erklärt.
Frieden ist dabei
Der Leiter des Wahlbüros sagt gegenüber dem Tageblatt, dass eine spätere Überprüfung der Kandidaten jedoch ergeben habe, dass eben nicht alle Kandidaten Mitglieder der „Chambre de commerce“ seien. Er teilt zudem mit, dass das Gesetz vorsieht, dass bei einem solchen Regelverstoß die gesamte Liste ungültig ist, sofern es eine Alternativliste gibt. Burkel hält das für „illegal“ und hat noch am Dienstag einen Termin beim zuständigen Minister Etienne Schneider angefragt. Dieser hat theoretisch die Befugnisse, die Entscheidung des Wahlpräsidenten Wilmes zu revidieren. Falls das nicht möglich ist, scheut der Uless-Direktor auch nicht vor einer Klage zurück: „Ich bin fest entschlossen, bis zum Äußersten zu gehen.“
Die Handelskammer besteht aus 25 Mitgliedern und 25 stellvertretenden Mitgliedern. Da es exakt so viele Kandidaten wie Posten gab, sind sämtliche Kandidaten „gewählt“. Darunter auch der frühere CSV-Minister und aktuelle BIL-Verwaltungsratsvorsitzende Luc Frieden. Er gilt als möglicher Nachfolger für den scheidenden Präsidenten Michel Wurth. Der Präsident wird bei der ersten konstituierenden Sitzung der Handelskammer in Anwesenheit des Wirtschaftsministers Etienne Schneider (LSAP) voraussichtlich im Mai ernannt. Laut Handelskammer-Direktor Carlo Thelen fragt der Minister das dienstälteste Mitglied der Kammer, wer neuer Präsident sein soll. Sofern sämtliche Mitglieder der Kammer mit dem Vorschlag des Dienstältesten einverstanden sind, gilt der Präsident als gewählt.
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Sollen wir erstaunt sein, angesichts solcher Pratiken? Oder nennen wir das Spielchen “ der traditionnelle luxemburger Konsens“? ?
Vorgehensweise wie in einer Bananenrepublik, undemokratisch und diktatorisch: diese Liste hätte zugelassen werden müssen! Ein Skandal, dass die Handelskammer nicht gewählt wurde, sondern designiert per Ukas.
Ich kann die UEL absolut nicht ab und würde sie lieber in der Versenkung verschwunden sehen, allerdings sollten hier bitte alle Beweise auf den Tisch, irgendwie bin ich dann doch recht skeptisch ob der Behauptungen der Uless.
Tango korrupto iwerall.
Die deutsche Sprache hält hierfür sehr schone und teils lustige Ausdrücke parat:
Vetternwirtschaft, Spezlwirtschaft , Amigowirtschaft, Klüngel , Cliquenwirtschaft .
Mir fällt momentan kein passender luxemburgischer Ausdruck dazu ein.
Ich weiss wieso ich schon lange ein gesundes Misstrauen habe wenn ich den Namen “ Chambre … ………“ höre.
„Chambre des salariés“
Ween huet dann esou een ondemokratescht Gesetz gestëmmt ? Wann op enger Lëscht eppes net richteg ass, dann ass déi ganz Lëscht ongülteg … well ët jo eng aner Lëscht gëtt ! Stelle mir eis daat emol bei de Chamberwahlen fiir, da wär d’Land awer ze kléng.
Waat soen déi Deputéierten déi deemols d’Gesetz gestëmmt hun an waat seet deen deemolege Minister ?
All déi Institutiounen déi mir zou Luxusbuerg hunn,
waat Chambre de Commerce,des Métiers etc.egaal wéi se
sech all nënnen,déi onse Handel an eist Handwierk solle
vertrieden oder zur Seit stoën,hunn hieren Image schons
laang verluer,nëmmen Cotisatiounen vun den Memberen
asèckelen,déck Téin an Spréch vun sech ginn,an der Rescht
ass dreimol neischt.Esou ëppes brauchen d’Betriber guer nëtt.
Luxus pur.