Editorial / Eine „Datz“ für Luxemburg – An Kindern werden Ungleichheiten zementiert
Luxemburg hat die PISA-Studie geschwänzt. Klingt nach einer „Datz“ für Claude Meisch. Doch ist es so einfach? Auf Bildungsministerinnen und Bildungsminister einzudreschen, ist Volkssport in fast jedem Land. In Luxemburg ist das nicht anders. Manchmal ist die Kritik gerechtfertigt. Manchmal greift sie aber zu kurz.
Die Schule und alle Akteure, die Einfluss auf sie nehmen, können die Probleme, die das Groß- und das Erwachsenwerden in unserer Let’s-make-it-happen-Leistungsgesellschaft mit sich bringen, nicht allein lösen. Dafür wirken sich zu viele Faktoren auf die schulische Leistung von Kindern aus. Auf einige davon hat die Schule wenig bis keinen Einfluss. Bildungspolitik kann viel, wenn sie will, aber nun einmal nicht alles.
Von politischer Verantwortung befreit das niemanden. Im Gegenteil. Wie wir Kinder auf ihre Zukunft vorbereiten, sollte Messlatte des politischen Erfolgs sein. Scheitert die Bildungspolitik, ist es ein Scheitern einer ganzen Regierung. Sind in Luxemburg damit zuletzt eine ganze Reihe an Regierungen gescheitert? Es sieht ganz danach aus.
Im Gespräch mit dem Tageblatt sagt die Sekundarlehrerin und Sprecherin der Lehrergewerkschaft SEW/OGBL, Vera Dockendorff, das Niveau sei „dramatisch“ gesunken, nicht im „Classique“, aber im „Générale“, „Préparatoire“ und auch im „Primaire“. Die schulische Elite scheint zurechtzukommen, während der Rest immer weiter abfällt. Der Fachkräftemangel, den alle beklagen, ist damit made in Luxembourg.
Mit ihrem harten Urteil steht Dockendorff nicht allein da. Das im beruflichen Alltag Erlebte, das Betroffene im vertraulichen Gespräch schildern, lässt keinen Zweifel daran. Der Lehrer, der von dem bei einer der nahezu täglichen Schlägereien abgebissenen Finger erzählt. Die Psychologin, die von den Selbstmordgedanken bei Fünfjährigen berichtet. Das allgemeine Klagen von aufrichtig engagierten Lehrerinnen und Pädagogen, die gleichermaßen vom Fach wie vom Terrain sind, dass alles Jahr für Jahr irgendwie schlimmer wird. Für ihr Lamento haben wir längst die passende Schublade gezimmert, darauf steht: „Lehrer halt“. Die Folgen dieses Weghörens werden immer spürbarer.
Luxemburgs Schulsystem beruht seit jeher auf dem Segregieren von Schülern. Frankofone Kinder erleben in der Grundschule ihre eigene sprachliche Hölle. Später, im „Lycée“, haut das plötzlich in fast allen Fächern eintretende Französisch noch einmal einen guten Teil aus der Bahn. Im „alten“ Luxemburg war das Bürgertum dem Französischen näher, der Plebs dem Deutschen. Sprachlich wurde so die Spreu vom Weizen getrennt, die Durchlässigkeit von einer Schicht zu einer höheren erheblich erschwert. Herr blieb Herr und Max blieb Max.
An dem Prinzip hat sich kaum etwas geändert. Claude Meisch hat eine mehrsprachige Frühförderung und die Einschulung auf Französisch eingeführt. Längst überfällige Schritte – die das Problem aber nicht an der Wurzel packen: Es ist weiterhin der soziale Status, der maßgeblich über schulischen Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Daran erinnert uns in unschöner Regelmäßigkeit unter anderem die OECD.
Die Lehrerinnen und Lehrer müssen damit leben, es ist ihr Job, sie werden dafür bezahlt. Einfach ist das sicher nicht. Die tatsächlich Leidtragenden aber sind jene Kinder, die mit sozialen Nachteilen in das Rennen gehen, das über ihren späteren Werdegang entscheidet. Sie sind nach wie vor zu oft vom Start weg zum Scheitern verurteilt. Wir zementieren die Ungleichheiten weiter. Wenn das kein Scheitern eines ganzen Landes ist, was dann?
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„..ganze Reihe an Regierungen gescheitert? Es sieht ganz danach aus.“ Hat das Elend nicht mit dem „Lückentext“ und „Sim“ angefangen? Hennikot und Brasseur hießen die Verantwortlichen damals wenn ich mich nicht irre. Jeder muss es schaffen,auch die Doofen.Und wir wissen ja dass alle Eltern kleine Supergenies zu hause (vor dem PC ) sitzen haben. Ein luxemburgisches Abitur vor 40 Jahren war ein Garant für einen Platz an jeder Uni( ausser NC ) weil wir in Französisch,Deutsch und Englisch unschlagbar waren. Heute?
Di sozialistesch Gleichmaacherei‘ fei’ert zu kengen Resultater.
PISA beweist et.
Mir brauchen Unstrengung, Motivatio’un, besgen Konkurrenzgedanken, Foerderung vun den Schwaachen an dann geht et rem Biergob !
Firun Allem keen Nivellement vers le bas !!
„Dafür wirken sich zu viele Faktoren auf die schulische Leistung von Kindern aus. Auf einige davon hat die Schule wenig bis keinen Einfluss.“ und „Es ist weiterhin der soziale Status, der maßgeblich über schulischen Erfolg oder Misserfolg entscheidet.“, Also doch nur einen Faktor? Dass dieser eine Rolle spielt mag ja stimmen, aber es wird ihm viel zu viel Bedeutung zugeschrieben. Der „soziale Status“ was auch immer dieser sein soll, ist nicht ausschlaggebend für die Intelligenz oder das Lernverhalten der Schüler, genau so wenig wie die Unterrichtssprache, welche auch eine Rolle spielt, aber eben nur eine geringe. Das Hauptproblem ist und bleibt die Motivation der Schüler und wie man diese hochhalten kann. Hinzu kommt das perfide System, welche die Schüler zum scheitern verurteilt. Warum geht das Niveau nach unten auf den Klassen? Die Antwort ist einfach, kein Schüler darf mehr ein Jahr wiederholen („verlorene Zeit“) dies ist vorallem im Primäre sehr gefährlich, da ihnen somit wichtige Grundkompetenzen (Lesen, Schreiben, kleines 1mal1s) fehlen. Dass dies in direktem Widerspruch zur Politik dass jedes Kind ein Individuum sei und auch als solches betreut werden soll steht ist klar… Sie DÜRFEN fehldende Kompetenzen nicht nachholen… Dann gehts in den Secondaire, hier gibt es auch nur avancé oder base… Wer bereits 6 Jahre lang nicht gelernt hat wie man lernt, wird auch hier nur auf Niveau de base gestufft und dasds man diese Grundkompetenzen nicht erst ab der 7 Klasse aufbaut versteht sich auch, also werden sie immer weiter gereicht. Dass da Frust aufkommt und auch das letzte bisschen Motivation bei den Schülern stirbt ist klar und schon schlägt es in Aggression aus Verzeiflung um…. Aber ja lasst uns die luxemburger Sichtweise benutzen… soziale Probleme, klatscht etwas Geld drauf, dass wirds richten…
Fréier, do krut d‘ Kand aus sozial schwaachem Ëmfeld vun den Eltere gesot: “Wanns du wëlls dat et der emol besser geet ewéi ons, da gëff dech an der Schoul gutt drun!” Dat war fir déi Kanner extreem schwiereg, awer ëmmerhin, vill hunn déi Chance genotzt. Haut ass d’ Schoul quasi futti. Schwiereg Sektioune ginn ofgeschaaft, jiddereen huet Spaass, kee mécht Feeler. De roude Bic ass tabu. Fazit: ee Kand aus sozial schwaachem Ëmfeld bleift pechen do wou et ass. (Dat ass vill méi schlëmm ewéi dat ominéist “Sëtzebleiwen”.)Wiem notzt dat do eigentlech? Kloer: deene verwinnte Kanner aus der ieweschter Gesellschaft. Déi kréien de wertlosen Diplom ouni sech mussen un ze strengen, an de Papp mat senge Kontakter, vermëttelt hinnen duerno eng gutt bezuelte Platz wou se eng roueg Klatz dréien, mat enger décker Pensioun. Motto: ech hu nach ni eppes geschafft, ech loosse schaffen.
Erstes Examen im Leben, Führerschein mit 18 Jahren.
Schule, da wird ja nicht mehr so recht bewertet. Sollte auch so im Fußball eingeführt werden, jeder ist Sieger!
Friedliche Grüße zur Nacht