Basketball / Eine Premiere der etwas anderen Art: Die Routiniers DJ Wilson und Pit Biever im FLBB-Kader für das Länderspiel gegen Albanien
Egal welches Alter, bei Nationaltrainer Ken Diederich erhält jeder, der in der Liga seine Leistung bringt, auch die Chance, fürs Nationalteam aufzulaufen. Mit DJ Wilson und Pit Biever stehen zwei Spieler, die seit Jahren nicht mehr aus dem luxemburgischen Basketball wegzudenken sind, im ersten Spiel der Vorqualifikation für die EM 2025 am Donnerstag in Albanien im Aufgebot. Für den einen ist es eine Premiere, während der andere nach mehr als zehn Jahren ein Comeback feiern darf.
„’Überraschend’ ist vielleicht nicht das richtige Wort. Die Nominierung ist es sicher nicht, eher das Timing“, erklärt Derek Wilson Junior, als er auf seine Berufung in den Nationalkader angesprochen wird. Er hatte bereits im Sommer gehofft, dabei sein zu dürfen. Erstaunlich ist sie jedoch schon, denn der Felser feiert sein Debüt im Trikot der A-Nationalmannschaft mit nicht weniger als 30 Jahren. Zuvor durchlief der ehemalige Ettelbrücker zwar die Jugendauswahlen des Verbandes, doch zur Berufung in den A-Kader sollte es bis zum Herbst 2021 nicht kommen. Dass Diederich nicht um einen der inzwischen erfahrensten Spieler der LBBL herumkam, hat der älteste der im luxemburgischen Basketball bestens bekannten Wilson-Geschwister aber vor allem sich selbst zu verdanken. Denn die letzte Saison war zweifelsohne seine bisher stärkste in der nationalen Basketballmeisterschaft. Mit einem Schnitt von 10,7 Punkten und 4,6 Rebounds pro Partie hatte er wesentlichen Anteil daran, dass die Arantia es im Frühling im nationalen Titelrennen für viele doch überraschend bis ins Viertelfinale geschafft hatte.
In seiner inzwischen fünften Saison beim kleinen Dorfklub hat sich DJ Wilson spätestens jedoch in dieser Spielzeit zum absoluten Leader seiner Mannschaft entwickelt. Als alt will er sich aber nicht bezeichnen lassen, wie er mit einem Lachen erklärt: „Für Luxemburg ist 30 vielleicht alt, aber im Profibereich ist es sicherlich das beste Alter.“ Für den 30-Jährigen ist es gerade die Erfahrung, gepaart mit einer guten Athletik, die ihn zurzeit Woche für Woche die starken Leistungen abrufen lässt. „Ich kenne meinen Körper besser denn je und weiß, wie viel Arbeit vor allem im Sommer dahintersteckt, um fit zu bleiben. Das ist etwas, das viele vergessen.“ Dabei ist er sich bewusst, dass er als Lehrer auch das Privileg genießt, die Sommermonate vor allem seinem Sport widmen zu können. Dann stehen morgens Fitness und abends Wurftraining auf dem Programm. Und während so mancher Konkurrent seiner Generation in den letzten Monaten die Basketballschuhe an den berühmten Nagel gehängt hat, denkt DJ Wilson noch lange nicht ans Aufhören.
Wechsel in die Nationale 2
Dabei ist der Karriereweg des 30-Jährigen durchaus interessant. Seine Jugendjahre durchlief er bei der Etzella, den Durchbruch beim großen Nordklub, bei dem der Konkurrenzkampf zu seiner Zeit stets enorm war, schaffte er allerdings nie wirklich und so entschied sich der damalige Student in der Saison 2017/18 dann für einen Wechsel nach Fels, nicht etwa ins Oberhaus, sondern in die Nationale 2. Ein ungewöhnlicher Weg, doch bei der Arantia ermöglichte man ihm aufgrund seiner Master-Studien in Deutschland auch mehr Flexibilität, denn vor allem zum Beginn der Woche konnte der 1,95 Meter große Spieler nicht mit dem Team trainieren. Für Wilson im Endeffekt die richtige Entscheidung, auch wenn er die Etzella-Jahre nicht missen möchte: „Auch wenn ich viel auf der Bank saß, habe ich gelernt, auf die Zähne zu beißen und hart an mir zu arbeiten.“ In der Person von Nelson Delgado hatte er damals auch das für sich selbst beste Vorbild: „Als Kapitän ist er immer mit dem besten Beispiel vorangegangen, hat auch mit 35 nie ein Training verpasst.“ Und genau dies versucht DJ Wilson nun auch in seiner Rolle als Spielführer bei der Arantia umzusetzen: „Ich bin vielleicht etwas hart und schreie auch viel, doch ich verlange nichts von meinen Teamkollegen, was ich nicht auch selbst erfülle.“
Die perfekte Ergänzung auch zu Trainer Christophe Ney, der in seiner Art eher ruhiger ist, für DJ Wilson aber der Hauptgrund für den aktuellen Erfolg des Teams ist: „Er ist ein Basket-Genie, das jedes Detail auseinandernimmt. Er gibt den Spielern klar definierte Rollen und stärkt sie auch in diesen. Holt jemand zwei spielentscheidende offensive Rebounds, sagt er ihm das auch.“ Jeder fühlt sich als gleichwertiger Teil des Teams, etwas, das für Wilson enorm wichtig ist: „Für einen Klub, mit dem man sich identifiziert und der einem etwas gibt, gibt man auf dem Spielfeld auch immer alles.“
Für Luxemburg ist 30 vielleicht alt, aber im Profibereich ist es sicherlich das beste Alterüber sein spätes FLBB-Debüt
Mit genau dieser Einstellung hat es DJ Wilson, trotz eines weiteren großen Konkurrenzkampfs während der FLBB-Trainingseinheiten, nun auch bis ins definitive Aufgebot für das erste Länderspiel der am Donnerstag beginnenden Vorqualifikation in Albanien geschafft. Es ist die Physis, die laut Ken Diederich auch den Ausschlag für den 30-Jährigen gegeben hat. Gegen einen unbequemen Gegner erhofft sich der Nationaltrainer besonders von Wilson auch wichtige Akzente in der Defensive.
Pit Biever: Spätes Comeback
Wie schwer es inzwischen ist, ein Teil der FLBB-Auswahl sein zu dürfen – in der die fünf Profi-Spieler verständlicherweise gesetzt sind und die inzwischen einen ganz anderen Stellenwert besitzt als noch zu Beginn der 2010er-Jahre –, betont auch Pit Biever. Der 29-jährige Escher trug vor zehn Jahren bereits das Trikot der A-Nationalmannschaft, wenn auch „nur“ bei Vorbereitungs- und nicht bei offiziellen Qualifikationsspielen. „Ich war enorm froh und fühlte mich geehrt, als ich den Anruf von Ken Diederich bekam“, erklärt der jüngere Biever-Bruder. „Zweimal musste ich nicht darüber nachdenken.“ Wie DJ Wilson hat auch Pit Biever in den letzten zwei Spielzeiten noch einmal einen enormen Entwicklungssprung vollzogen und stand nicht zuletzt aufgrund seiner offensiven Qualitäten immer wieder in den Schlagzeilen. Sei es nun Anfang 2020 durch seinen Distanzwurf gegen die Musel Pikes, der dem Basket Esch den aufgrund des Saisonabbruchs zu diesem Zeitpunkt doch unerwarteten ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte bescherte, oder im Oktober 2021, als er gegen Fels binnen sieben Minuten nicht weniger als fünf Dreier verwandelte.
„Diesen Sprung habe ich sicherlich Sylvain Lautié zu verdanken“, betont der 29-Jährige die Rolle des ehemaligen Escher Trainers in seiner perönlichen Entwicklung. „Er hat mir von Anfang an Selbstvertrauen gegeben, mir Einsatzzeit und Freiheiten in meinem Spiel ermöglicht, was mir einen wirklichen Push gegeben hat.“ Diese Freiheiten gewährt ihm weiterhin auch der neue, alte Coach Franck Mériguet. Auch die hinzugewonnene Erfahrung hatte nach Meinung von Pit Biever in den vergangenen Jahren einen nicht zu unterschätzenden Anteil. Hinzu kommt, dass das Escher Team seit Jahren eingespielt ist, hervorragend harmoniert und jeder seine Rolle aus dem Effeff kennt. „Dass einem dann noch Leute wie Alex (Rodenbourg) und Clancy (Rugg) den Rücken freihalten, macht das Ganze noch einfacher.“ Und so ist es momentan seine Treffsicherheit, mit der Pit Biever seiner Mannschaft am besten weiterhelfen kann. Dabei ist es für den jungen Familienvater nicht selbstverständlich, Familie, Job und Basketball unter einen Hut zu bekommen. „Es ist schon schwer, aber ich muss auch zugeben, dass ich wirklich Glück habe, denn Familie und Arbeitgeber kommen mir da sehr entgegen.“
Auch mit 29 Jahren lerne ich hier noch etwas dazu
Und so hatte der Escher als „Neuling“ auch keine Probleme, seinen Platz im FLBB-Team zu finden: „Die Integration war absolut kein Thema. Ich kenne ja alle schon ewig, nicht nur Clancy und Ben (Kovac), und denke auch nicht, dass ich eine komplizierte Person bin“, erklärt er mit einem Lachen. Und das intensive Training mit den besten Spielern des Landes ist für ihn eine mehr als willkommene Abwechslung: „Es ist auf jeden Fall intensiver und anstrengender. Auch mit 29 Jahren lerne ich hier noch etwas dazu.“ Und so hofft Ken Diederich, dass Pit Biever in der Offensive helfen kann, einen wichtigen Ausfall zu kompensieren. Denn mit Oliver Vujakovic, der sich zurzeit komplett auf seine Studien konzentriert, fehlt zurzeit der beste luxemburgische Shooter. Dass Biever diese Qualitäten besitzt, hat er in der Meisterschaft bereits oft genug unterstrichen.
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