Konstitutionelle Monarchie / Eine unendlich endliche Geschichte: Verfassungsrevision biegt auf Zielgerade ein
Die neue Luxemburger Verfassung nimmt immer konkretere Züge an. Über 20 Jahre sind vergangen, seitdem der ehemalige CSV-Abgeordnete Paul-Henri Meyers erstmals mit der Überarbeitung der Verfassung aus dem Jahr 1848 begonnen hat. 2021 scheint ein neuer Sockel für Luxemburgs Gesellschafts- und Rechtssystem so nah wie noch nie. Auch die Abgeordneten aus dem zuständigen Ausschuss geben sich optimistisch – der ehemalige Verfassungsvater Paul-Henri Meyers bleibt hingegen kritisch.
Die Verfassungsreform befindet sich auf der Zielgeraden, noch Ende Mai könnten die letzten Gesetzestexte im Parlament vorgelegt werden. Ein Entwurf wurde vom damaligen CSV-Abgeordneten Paul-Henri Meyers 2009 eingereicht. Dieser scheiterte kurz vor dem Ziel am Veto seiner eigenen Partei. Der Bericht wurde am 6. Juni 2018 in der zuständigen Kommission angenommen, bis sich die CSV dennoch gegen den vorliegenden Konsens sträubte.
Sowohl das Verfassungsreferendum als auch die Arbeit von mehreren Jahren von Paul-Henri Meyers waren Geschichte. Seitdem wurde die Verfassung punktuell überarbeitet: Die Parteien einigten sich darauf, sie in mehreren einzelnen Kapiteln neu zu verfassen und nicht wie bisher vorgesehen als Gesamttext. Die Arbeiten an der neuen Verfassung schreiten voran, die Revision befände sich auf der „letzten Zielgeraden“, heißt es von mehreren Abgeordneten des zuständigen Parlamentsausschusses.
Der Linken-Abgeordnete Marc Baum vergleicht im Gespräch mit dem Tageblatt die Diskussionen rund um die Verfassungsreform mit der Echternacher Springprozession: „Zwei Schritte nach vorn und dann wieder einer zurück. Es wurden definitiv Fortschritte bei der Stärkung des Parlamentes erzielt – bei der Rolle des Großherzogs haben wir jedoch wieder eine Patina aus dem 19. Jahrhundert beibehalten.“
Kommissionspräsident Mars di Bartolomeo (LSAP) zufolge seien die Gespräche jedoch insgesamt sehr konstruktiv und zielführend gewesen. Herausgekommen sei eine übersichtlichere und klar strukturierte Verfassung, sagt der LSAP-Politiker dem Tageblatt. „Wir haben viele Punkte aus dem Gesetzestext 6030 übernommen und rezente Abänderungen der alten Verfassung berücksichtigt“, sagt di Bartolomeo.
Auf einen genauen Zeitplan will sich di Bartolomeo aber nicht festlegen.
Kapitel III: „Du Grand-Duc“
In der Begründung zu Kapitel drei „Du Grand-Duc“, das zukünftig die Rechte und Pflichten des Großherzogs zusammenfassen soll, heißt es, dass die „Funktionen des Großherzogs vor allem repräsentativer Natur“ sein sollen. Gleichzeitig gibt der Gesetzgeber im „Exposé des motifs“ aber zu, dass es den Anschein habe, als habe der Großherzog auch unter der neuen Verfassung weitgehende Rechte. Das kritisiert Marc Baum von „déi Lénk“: „Man hat immer noch den Eindruck, als sei der Großherzog omnipotent.“ Man bewege sich noch immer in der Logik der Verfassung des 19. Jahrhunderts, auch wenn dem Großherzog eine rein repräsentative Funktion zukomme, sagt der Parlamentarier von „déi Lénk“.
Dem widerspricht Mars di Bartolomeo von der LSAP. Der Großherzog sei Staatschef, dessen Kompetenzen im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie klar geregelt seien. „In dem Sinne ist es Unsinn zu behaupten, dass die Bezeichnung ‚Staatschef‘ republikanischer ist als ‚Großherzog‘.“
Ein grundsätzliches Problem bei den Verhandlungen sei Marc Baum zufolge der zusammenhängende Gesetzestext von Paul-Henri Meyers gewesen, der bereits eine breite Zustimmung genoss. Daraus seien jetzt einzelne Elemente entnommen worden und in einen neuen Text eingeflossen, der wiederum auf der Verfassung von 1848 fuße, resümiert Baum die Arbeiten.
Als Punktgewinn für die Linken-Partei sieht Marc Baum die verfassungsrechtliche Verankerung der informationellen Selbstbestimmung. „Das haben wir in den Ausschusssitzungen durchgeboxt und ist in unseren Augen ein großer Fortschritt.“ Hinter dem Begriff der informationellen Selbstbestimmung verbirgt sich das Recht des Einzelnen, selbst über die Preisgabe und die Verwendung der personenbezogenen Daten zu entscheiden.
Weitere Forderungen der Linken-Partei – eine prinzipielle Definition des Staates als laizistischer Sozialstaat – seien hingegen nicht berücksichtigt worden. „Das wäre keine revolutionäre Umwälzung gewesen, sondern eine Anpassung an die Lebenswirklichkeiten in Luxemburg“, sagt Baum.
Luxemburgisch in Verfassung verankert
Dass das Symbol des Großherzogs auch in der neuen Verfassung weiter sichtbar bleibt, ist vor allem dem Druck der CSV zu verdanken. „Wir haben darauf bestanden, dass die Formulierung ,Chef d’Etat‘ durch ,Grand-Duc‘ ersetzt wird und einige symbolische Machtbefugnisse trotzdem erhalten bleiben“, sagt der CSV-Abgeordnete und Co-Berichterstatter Léon Gloden dem Tageblatt. Der Großherzog sei ein Element der Stabilität im Luxemburger Verfassungsgebilde, der nach außen hin eine starke Symbolkraft habe. „Der Großherzog ist eine Besonderheit, die unser kleines Land definiert und hat uns im Ausland – auch zum Vorteil von unserer Wirtschaft – immer wieder Türen geöffnet“, sagt Gloden.
Einen Vorfall wie im Jahr 2008, als es zu einer Verfassungskrise kam, weil Großherzog Henri das Euthanasiegesetz nicht unterschreiben wollte, befürchtet der CSV-Abgeordnete nicht mehr. „Das war ein verfassungsrechtlicher Vorfall, der anschließend sofort behoben werden konnte.“ Jedoch solle die Verfassung nicht durch ständige Abänderungen verwässert werden, bemerkt Gloden.
Die Luxemburger Sprache wird zum ersten Mal in der Verfassung verankert werden, wenn die vorliegenden Textpassagen vom Luxemburger Parlament angenommen werden. „La langue du Luxembourg est le luxembourgeois. La loi règle l’emploi des langues luxembourgeoise, française et allemande“, heißt es in Artikel 4 des Gesetzesvorschlags. Es sei wichtig, dass das Luxemburgische endlich in der Verfassung festgehalten werde – mit dem Festschreiben der deutschen und französischen Sprache werde den Gegebenheiten in Luxemburg Rechnung getragen, so der CSV-Abgeordnete. „Französisch bleibt ja weiterhin die Sprache der Verwaltungen, auch die Verfassung wird in französischer Sprache geschrieben“, sagt Gloden. Die ADR habe in dem Punkt eine andere Meinung vertreten, deutet der CSV-Politiker an.
Auch die Nationalhymne „Ons Heemecht“ und die Luxemburger Flagge werden in dem entsprechenden Artikel verfassungsrechtlich verankert. „Das sind elementare Dinge, die endlich in der Verfassung festgeschrieben werden“, sagt Gloden. „Do gouf een am Ausland domm ugekuckt, wann een erkläert huet, dass dat bis elo net de Fall war.“
Mars di Bartolomeo geht in seiner Analyse des vierten Verfassungsartikels etwas weiter. „Luxemburg zeichnet sich durch seine Mehrsprachigkeit aus. Das Luxemburgische darf in dem Sinne auch nicht im Gegensatz zu den administrativen Sprachen Deutsch und Französisch angesehen werden“, sagt di Bartolomeo. „Wir haben ganz bewusst keinen nationalistischen Ansatz gewählt.“
Problemkapitel VI: „De la Justice“
Weiterhin umstritten ist Kapitel 6 des vorliegenden Verfassungstextes. In einem ersten Entwurf wurde die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft – im vorherigen Gesamttext durch den Zusatz „Il est indépendant dans l’exercice de ses fonctions“ gekennzeichnet – ersatzlos gestrichen, was den Gesetzgebern harsche Kritik vom Staatsrat einbrachte.
Léon Gloden ist jedoch überzeugt, dass der überarbeitete Vorschlag der Kritik des Staatsrates Rechnung trägt. „Wir haben im überarbeiteten Vorschlag eine Formulierung gewählt, die sehr nah am Entwurf des Gesetzestextes 6030 ist.“ Der Staatsrat ist in seinem Gutachten vom 23. März mit der Überarbeitung der Problempassage weitestgehend zufrieden, lässt jedoch durchblicken, dass er die Formulierung der Verfassungsrevision im Text 6030 bevorzugt.
Der ehemalige Verfassungsvater und CSV-Abgeordnete Paul-Henri Meyers verfolgt die Verfassungsrevision auch weiterhin und sieht besonders die Abstimmung in einzelnen Kapiteln sehr kritisch. „Stellen Sie sich vor, ein Kapitel wird in der Chamber gestimmt und andere Teile werden wiederum nicht angenommen. Dann haben wir einen unsinnigen Text“, meint Meyers im Gespräch mit dem Tageblatt.
Möglichkeit eines Referendums
Die Gefahr, dass das passieren könne, sei durchaus real. „Zwischen den zwei Abstimmungen müssen drei Monate vergehen. Fünf wahlberechtigte Personen, die sich an den Staatsminister wenden und ein Referendum fordern, reichen schon aus, damit in den Gemeinden des Landes Unterschriftenlisten ausgelegt werden müssen.“ 25.000 Unterschriften bedürfe es, um ein Referendum zu den Gesetzestexten heraufzubeschwören. Sollte dann gegen eines der Kapitel abgestimmt werden, wäre das Resultat ein inkohärenter Text „qui ne tient pas debout“, so Meyers.
Ein Referendum durch eine Abstimmung in Kapiteln zu umgehen, ist in den Augen des ehemaligen CSV-Politikers nicht der richtige Weg. „Wenn die Parteien kein Referendum wollen, sollen sie das genau so sagen“, zeigt sich Meyers ob der gewählten Vorgehensweise kritisch. „Mit krummen Tricks ein Referendum umgehen wollen ist unehrlich.“ Dabei gebe es Meyers zufolge durchaus einige Abgeordnete, die ein Referendum begrüßen würden.
Dass sein Text nach den Wahlen nicht gestimmt wurde, liegt laut Paul-Henri Meyers an den „kalten Füßen“ einiger Abgeordneter und einem politisch Verantwortlichen. „Der damalige CSV-Präsident Frank Engel war nicht mit dem Gesetzesvorschlag einverstanden, weil er eine Lösung für die Doppelmandate haben wollte“, sagt Meyers. Ein legitimes Problem, auf das Engel aber selbst keinen Lösungsvorschlag eingebracht habe, sagt Meyers. „Diese Frage wurde x-mal ausdiskutiert – meines Wissens wurde bis heute keine Lösung gefunden“, so der Verfassungsexperte.
Neben seiner Kritik an der Vorgehensweise findet Paul-Henri Meyers Teile des Textes „inakzeptabel“. „Dem Großherzog wird in der Verfassung der Titel des Armeeführers symbolisch zugesprochen.“ Die Verfassung sei jedoch nicht der richtige Weg, um Titel zu verleihen, sondern um grundlegende Kompetenzen zu regeln, sagt Meyers. Mars di Bartolomeo verteidigt diese Regelung im vorliegenden Gesetzestext. In der belgischen Verfassung seien solche Ehrentitel ebenfalls verankert, meint der LSAP-Politiker.
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D’Pareie bestëmmen ënnereneen wat fir ons als Vollek gutt soll sinn an Onse Groussherzog däerf keng Oppositioun méi maachen, däerf/soll/muss awer onst Land vertrieden no baussen, well dat fir onsen „Image“ gutt ass. Komesch, a mir als Vollek gi guer net gefrot ob mir dat esou wëllen. Fir mech war et wierklech gutt datt de Groussherzog säi Veto konnt aleeën, an soumadder, fir méi Diskussiounen iwwer de „pour et contre“ vun der jeeweileger Saach gesuergt huet. Vun elo u gëlt, a mengen Aen, jo da fir ons alleguerten wierklech just nach : „unhuele wat mer virgeluecht kréien“ ouni kritesche „pour et contre“ vun onsem „Souverain“.
NB. Dat sollt heeschen : D’Parteien an net Pareien.
An der Logik vun onser Politik mist déi Verfassung mat mindestens 21/39 Stëmmen ofgelehnt gin. Awer ons Oppositioun wäert kee Konsens fannen. Eppes ass awer sécher: De Bierger gëtt net virdru gefot. Ass déi Verfassungsännerung och eng (verstoppten) europäesch Directive? Wou stinn eigentlech de Charles Michel an d’Von der Leyen: iwwert oder ënnert dem Grand-Duc? Ass dat mat dem neien Text dann endlech kloer?
@Léini,
de „pour et contre“ gëtt vun eisen Vertrieder an der Chamber diskutéiert. Onse „Souverain“ dat si mir. An der ganzer Welt vum 21. Joerhonnert hunn Kinnécken,Grouss-a manner Grouss Herzogen hir Muecht verluer.Datselwécht gëllt fir hir „Associés d’esprit“ vum kathoulesche Klerus.Déi zwou Muechtzentralen hunn iwwer Joerhonnerten d’Vollek ausgeblutt an sech beräichert. Dat ass elo eriwwer well mir hunn schreiwen a liese geléiert. Also „Vive“ d’Fräiheet an d’Demokratie an d’Mattbestëmmung.
Ende der unendlichen Geschichte: Abschaffung dieser absurden konstitutionellen Monarchie.
Dat Gambiagewuerschtels foend een elo och nach an der Verfassung erem !
Ech faalen aus der Fassung !
Besser wäre den Monarchie-Teil in der Verfassung zu löschen.
@Léini
„D’Pareie bestëmmen ënnereneen wat fir ons als Vollek gutt soll sinn an Onse Groussherzog däerf keng Oppositioun méi maachen, däerf/soll/muss awer onst Land vertrieden no baussen, well dat fir onsen „Image“ gutt ass.“
Hien huet der genuch komme gelooss fir en ofzeschafen.
„Komesch, a mir als Vollek gi guer net gefrot ob mir dat esou wëllen. “
Dir gitt all 5 Joer gefrot, zënter bal 100 Joer.
@Nomi
„Ech faalen aus der Fassung !“
Jo, 3 Mol den Dag, mir sinn et mëttlerweil gewinnt.
@TK
„An der ganzer Welt vum 21. Joerhonnert hunn Kinnécken,Grouss-a manner Grouss Herzogen hir Muecht verluer.“
An England hunn se eng Kinnigin déi all Gesetz duerchliest, ob et si näischt kascht, eng komplett House of Lords mat ongewielten Adelegen a wéi de Boris gewielt ginn ass, huet hien direkt 20 adeleg netgewielten Hobbyisten als Minister nominéiert.
Ech mengen, do komme mer nach gutt dovun.
Als Bouf wär ech gären an de Bimbotheater gaangen, hat awer keng Suen derfir. Zenter Joren kréien ech als Erwuessenen genau den Theater vun enger Famill virgefouert déi „par la Grâce de Dieu,“ wat dat och ëmmer heescht, automatesch duerch hier Gebuert iwwert all aner Bierger erhuewe gett. Dobäi sinn si genau esou wéi mär alleguerten d’Resultat vun engem bréiegen Ee dat en verléiften Spermatozoid ugelackelt huet. Net méi an net manner. De Bimbotheater do kascht eis alleguerten e Verméigen. Wa mer mengen, mär könnten mat eisen Märchefiguren méi Touristen ulackelen, da missten si zumindest all Dag virum Palais untrieden an sech knipse loossen. De Steemetzer steet och bei all Wierder bei senger Aarbecht am Gruef ouni dass e geknipst gëtt.
Ech kann mir beim beschten Wëllen nët fiirstellen fun engem fun eisen Berufspolitiker an senger offizieleller oder nët Gefährtin oder Gefährten dobaussen würdeg vertrieden zi gin. De Jang mat sengem Trinn an hierem Bouw fun der englèscher Kinnigin empfangen en Daag drop wou se beim Misch op der Keelebunnkeem Stong kruet hunn. Mat engem Merde alors , hunn mir schons eem zevill an der Weltgeschicht erëmlaafen , oder ?
All 5 Joer nei Jennyen an Mennien schengt mir nët serös !
Wéi sollen ausserdeem Parteihaaryen neutral bleiwen ???
Eis Konstitutioun braucht nët geändert zu ginn , méi kababel , fäheg Leit, déi neischt mat Parteien om Hut hun ,awer déi eppes an hierem Liewen geleescht hun , sollen eist Lanf fèieren an eis Groussherzoglesch Famill eis würdeg , ouni eis zu blaméieren am Ausland vertrieden, merde alors……
Kann @ Ben Schultheis nur zustimmen: die ganze Monarchie ein einziges kostspieliges Bimbotheater.
Das Puppentheater wird sich sobald nicht verabschieden, wir werden weiterhin mit dieser „nicht gerade“ billigen Operette unser Dasein fristen🎭🎭🎭