/ Eine Woche Improvisation: Ein Rückblick auf die ersten Spiele in Montenegro
Es waren die ersten Spiele der kleinen Länder, die in Montenegro ausgetragen wurden. Eine Woche mit Regen, langen Autofahrten und viel Improvisation. Ein persönlicher Rückblick auf die letzten sieben Tage.
Regen und Rutschgefahr
Montenegro verabschiedete uns am Sonntag so, wie es uns begrüßt hatte: mit einem kräftigen Regenschauer. Das Wetter hatte es nicht gut mit den Spielen der kleinen Länder gemeint: Regen, Nebel, kaum Sonnenschein, das drückte die erste Hälfte der Woche bei allen Beteiligten doch kräftig aufs Gemüt. Es war der schlechteste Mai seit Beginn der Wetteraufzeichnungen an der Adriaküste – so wurde es uns jedenfalls immer wieder erklärt – und dies stellte die Organisatoren bei der Premiere der Spiele in Montenegro vor eine große Herausforderung. Regencape statt Sonnencreme, das war das Motto der ersten Tage.
Die Eröffnungsfeier, für die man sich mit der historischen Altstadt in Budva eigentlich eine perfekte Kulisse ausgesucht hatte, fiel wortwörtlich ins Wasser: Athleten, Betreuer und Journalisten saßen während knapp zweieinhalb Stunden im Regen, der pünktlich für den Startschuss der Spiele wieder eingesetzt hatte. Glück, wenn man da im Pressezentrum im Athletendorf bleiben und die ganze Veranstaltung im Fernsehen verfolgen konnte. Doch auch der Pressebereich hatte so seine Tücken, hatte man mit dem Poolbereich eines Hotels einen doch eher ungewöhnlichen Ort hierfür gefunden.
Wie an den Sportstätten herrschte auch hier akute Rutschgefahr und so sollte mein Mobiltelefon den ersten Tag der Spiele denn auch nicht unbeschadet überstehen.
Improvisieren und falsche Resultate
Um von den luxemburgischen Sportlern und ihren Leistungen bei den JPEE berichten zu können, war somit Improvisationstalent gefordert. Aufgrund des Wetters wurde das Programm auch mal kurzfristig geändert. Bei den Leichtathletikwettbewerben fehlten nicht nur Duschen und Toiletten, sondern auch eine überdachte Tribüne. Sich auch schon einmal mit dem Laptop auf den Boden in eine Ecke setzen zu müssen, ist bei JPEE nichts Neues. In Bar bei der Leichtathletik klappte bei strömendem Regen aber nicht einmal das.
Froh konnte man sein, wenn man dann noch irgendwo ein winziges Plätzchen zum Unterstellen fand. Dass das Wifi-Netz dann nicht funktionieren wollte, überraschte auch nicht mehr. Die Organisatoren waren schließlich froh, dass die Laufbahn überhaupt noch rechtzeitig für den Start der Wettkämpfe fertiggestellt worden war. Auch fehlende Anzeigetafeln vereinfachten die Arbeit vor Ort nicht. Wer hat denn nun gewonnen? Das war wohl die am häufigsten gestellte Frage des Tages.
Und auch auf die offiziellen Resultate war nicht immer verlass. Boulesportler Gary Barone dürfte hiervon ein Lied singen können. Denn noch immer hat er laut dem offiziellen Medaillenspiegel sein Bronzematch verloren, wobei alle Anwesenden bezeugen können, dass er wohl gerade hier das Spiel seines Lebens abgeliefert hat. Fleißiges Medaillenrechnen war so noch an den Abenden nach 22 Uhr bei den luxemburgischen Journalisten angesagt – mit dem Medaillenregen der COSL-Athleten nicht immer einfach, den gesamten Überblick zu behalten. Da wollte dann auch bei den besten Rechenkünstlern das normale Einmaleins nicht mehr immer klappen.
Fehlende Erfahrungswerte
Erstmals trug das 650.000 Einwohner zählende Montenegro, das im Jahr 2006 seine Unabhängigkeit erlangt hat, die Spiele der kleinen Staaten Europas aus. Es war auch das erste Mal, dass man über 1.000 Sportler und Betreuer zu einem Multisport-Event empfing. Dass da nicht alles auf Anhieb funktionieren konnte, war bereits im Vorfeld klar. Auch vor zwei Jahren in San Marino – meine ersten JPEE im Ausland – gab es Startschwierigkeiten und 2017 hatte immerhin bereits der dritte Turnus der Spiele begonnen. Bedauern konnte man jedoch, dass die Zuschauer das Konzept der Kleinstaatenspiele noch nicht angenommen haben.
Dass sich die Montenegriner nicht für ein Volleyballspiel zwischen Monaco und Zypern interessieren, scheint verständlich. Auch 2013 in Luxemburg waren die Sportstätten vor allem dann voll, wenn die einheimischen Sportler um Medaillen kämpften. Doch auch wenn die eigenen Teams auf dem Feld standen, blieben die Hallen diesmal fast komplett leer. Die Spiele müssen beim jüngsten Mitglied der JPEE erst noch richtig ankommen.
Fehlende Erfahrungswerte versuchte man in Montenegro allerdings mit Zuvorkommenheit und Flexibilität zu kompensieren. Dass man dann von einem Security-Mann auch mal samt Regenschirm zum Pressezentrum begleitet wurde, waren dann die Gesten, die das Wetter und die langen Autofahrten und den hohen Stresspegel kurzzeitig vergessen ließen. Und auch die beeindruckende Landschaft entschädigte besonders an den Tagen, an denen sich dann endlich mal die Sonne zeigte. Dass Montenegro mit seinen Seen, Bergen, Küsten und Nationalparks ein wirklich interessantes Urlaubsziel ist, wurde mir dann ein erstes Mal kurz vor der Abreise am Flughafen Tivat bewusst, als mir direkt mehrere Backpacker über den Weg liefen und von ihren letzten Tagen erzählten. In welchem Land ist man denn sonst binnen einer Stunde von der Küste im Bergmassiv? Irgendwann werde ich wohl wieder zurückkehren und mir Montenegro in Ruhe ansehen, und das sicher vor den nächsten JPEE.
Einmal Podgorica und zurück
Dass die Distanzen die größte Herausforderung der Spiele sein sollten, wurde direkt am ersten Wettkampftag deutlich. Vom zentralen Punkte der Spiele, der Küstenstadt Budva, bis zur Hauptstadt Podgorica waren 70 Kilometer zurückzulegen. Warum Montenegro als Land der schwarzen Berge bezeichnet wird, merkte man dann spätestens hier.
Mehr als anderthalb Stunden nahm die Autofahrt über eine serpentinenreiche Strecke, quer durch dichte Nebelbänke, in Anspruch. Wer sich entschieden hatte, die Schwimmwettbewerbe zu verfolgen, hat am gleichen Tag kaum noch etwas anderes von den JPEE mitbekommen. Für mich waren es jedenfalls die Spiele, bei denen ich am längsten im Auto saß, nicht zu vergleichen mit San Marino vor zwei Jahren, das von der Fläche her um ein Vielfaches kleiner ist.
Denn auch die Strecke zur Leichtathletik und den Basketballspielen nach Bar nahm 50 Minuten in Anspruch. Blöd, wenn man danach gerne schnell ins Pressezentrum zurück möchte und die Polizei die Straßen plötzlich komplett blockiert. Alle zehn Disziplinen auch nur einmal kurz live vor Ort mitverfolgen zu können, war somit ein Ding der Unmöglichkeit.
Nicht nur den luxemburgischen Sportlern wurde bewusst, was für Vorteile es mit sich bringt, ein Multisportzentrum wie die Coque zu besitzen – etwas, worauf auch die San Marinesen mit ihrem „Multieventi Sport Domus“ vor zwei Jahren zurückgreifen konnten.
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