/ Eisiges Vergnügen für Groß und Klein: Die Geschichte der Eisbahnen in Luxemburg
Klirrende Kälte, blauer Himmel und zugefrorene Wasserflächen machen Lust auf Wintersport. Schlittschuhlaufen blickt in Luxemburg auf 150 Jahre Geschichte zurück. Bereits 1868 empfahl der Geschäftsmann J.N. Scharff in Luxemburg den Kauf von „Patent-Schlittschuhen zum Anschrauben ohne Riemen“. Ab 1882 verkaufte auch „Nouveau Frères“ Schlittschuhe zu Fabrikpreisen.
Von Robert L. Philippart
Um die Jahrhundertwende wurden in Luxemburg-Belair direkt an der Avenue Gaston Diderich der „Brasseurs-Weiher“, der „Zilleweiher“ und das „Merler Loch“ gerne für das Schlittschuhlaufen genutzt. Die beiden erstgenannten Teiche lagen in der Nähe der rue des Dahlias und der rue Bertholet. Man zahlte Zutritt zum Erwachsenen- und Kinderweiher. Manchmal spielte eine Kapelle Musik zum Eiskunsttanz. Die Freude schien aber begrenzt, denn die Eigentümer verkauften rasch das Eis an die „Eiskeller“ der Brauereien. Der Sporting Club Luxembourg lud deshalb 1920 alle Interessierten und Schaulustigen zum sportlichen Schlittschuhrennen auf „Brasseurs-Weiher“ ein. 1933 wurde die Zuschüttung der Weiher mit Bedauern verfolgt. Die Grundstücke waren zur Bebauung versteigert worden.
Übrig blieben die zugefrorenen Wiesen im „Réiserbann“, die eine größere Anzahl an Sportbegeisterten aufnehmen konnten. Die riesigen Flächen boten die Möglichkeit zum regelrechten Schlittschuhrennen. Auch Echternach zeigte Interesse an der neuen Sportart. Zwei Hektar standen den Läufern am „Alf-Weiher“ zur Verfügung. Trainer initiierten Neulinge. Ein geheizter Pavillon mit Bar und Restaurant bot Wärme, Speis und Trank. Alles bis dahin Bekannte wurde jedoch in Esch/Alzette im Januar 1940, kurz vor dem Einmarsch der deutschen Truppen, übertroffen. Der Aera-Klub hatte die Initiative ergriffen, einen Teil des im Winter brachliegenden Escher Flugplatzes unter Wasser zu setzen und dann die damals herrschenden Temperaturen von -5 Grad zu nutzen, um eine 70 x 30 Meter große Fläche als Schlittschuhbahn anzubieten. Eiskunstläufer tummelten sich hier bis spät in den Abend, denn die Eispiste wurde zudem von Scheinwerfern hell erleuchtet. Gemeinderätin Nelly Flick forderte 1938 dann auch den Bau einer richtigen Eisbahn.
Die ersten Versuche zur Schaffung von Kunsteisbahnen führen in London auf 1842 zurück. Erste Anlagen wurden Ende des 19. Jahrhunderts in Manchester und Liverpool errichtet. Paris und Brüssel folgten bis zur Jahrhundertwende. Die chemische Herstellung verbesserte sich zusehends, sodass 1928 anlässlich des „Salon international des sports“ in Paris eine der modernsten Anlagen vorgestellt werden konnte.
Diese Vorstellung fand damals großes Interesse in der Luxemburger Presse. Die Medien berichteten umfangreich über die geplanten oder sich im Bau befindlichen Kunsteishallen in Wien, Budapest, Essen, Hamburg, Antwerpen, Brüssel und Lüttich. So ist es nicht verwunderlich, dass Ende 1938 die Gemeinderätin und Rechtsanwältin Nelly Flick den Bau einer Eisbahn in Mühlenbach forderte. Das Projekt passte ins Konzept des damaligen Bürgermeisters, Gaston Diderich, der das 1920 geschaffene „Groß-Luxemburg“ mit den modernsten sportlichsten Anlagen, Schulen und Kliniken ausstatten sollte.
Der liberale Stadtschöffe und Abgeordnete Marcel Kahn erkundigte sich beim Luxemburger Ingenieur Emile Hemmer. Dieser war bereit, eine ähnliche Anlage in Luxemburg zu errichten, wie er sie bereits in Antwerpen und Lüttich geschaffen hatte. Er plante eine 58 x 26 m große Eisfläche, umgeben von Sitzreihen für 5.000 bis 6.000 Zuschauer. Die Halle sollte auch Hockeyspielern zur Verfügung gestellt werden. Die Kunsteishalle sollte nicht nur ein touristischer Magnet der Hauptstadt sein, sondern auch als internationaler Austragungsort für sportliche Wettkämpfe dienen. Die Stadt Luxemburg sollte die Wasser- und Stromzufuhr zu einem Sonderpreis sichern und ein Grundstück in der Nähe des Schlachthofs zur Verfügung stellen. So könnten die Kühlanlagen des Schlachthauses mitbenutzt werden. Der Kriegsausbruch verhinderte jedoch die weitere Ausreifung des Plans.
Förderungsplan schafft Abhilfe
Auch in den Nachkriegsjahren gewann der Eissport zunehmend an Bedeutung. Die zugefrorenen Wasserflächen im Park des Marcel-Noppeney-Schlosses luden 1946 zum sportlichen Nachmittag ein. Wie bereits in Roeser oder Echternach wurde auch hier auf die Nähe der Bahnhöfe oder der Trambahn hingewiesen. Der Ertrag des Eintrittsgeldes diente der „Ligue Ons Jongen, section de Lorentzweiler“ als Sammelgeld zur Errichtung eines Denkmals für die Kriegsgefallenen der Gemeinde. In den 50er Jahren gab es am Moselufer häufig breite Eisrandstreifen, die zum Schlittschuhlauf genutzt wurden. Der strenge Winter von 1962/63 hatte die gesamte Mosel zufrieren lassen: ein Vergnügen für Spaziergänger und Schlittschuhläufer, die mit dem Auto aus der Stadt eigens dazu angereist waren.
1964 hatte sich die Stadtverwaltung in Esch/Alzette mit einer neuen Initiative auf dem Park Galgenberg hervorgetan. Sie sollte nicht ohne Folgen bleiben, denn die Diskussionen zum Bau einer überdeckten Schlittschuhhalle rissen fortan nicht mehr ab. „Ein niedriger Erddamm um einen flachen Spielplatz, aus einem Wasserfass berieselt und bei natürlicher Kälte gefroren, das hatte genügt, um Kindern und Großen die Freude des Schlittschuhlaufs zu erschließen.“ Da sich der Boden des Spielplatzes jedoch als zu wasserdurchlässig erwies, plante die Stadt Esch eine dauerhafte Anlage für Rollschuh- und Schlittschuhlauf.
1966 organisierte die Stadt Luxemburg verbilligte Busfahrten zum Schlittschuhlauf in Kockelscheuer. 1972 erhob die Stadt erstmals Eintrittsgeld. Sie hatte einen aus Holz angefertigten Zugang zu dem ersten Teich angelegt. Eine immer stärker motorisierte Bevölkerung unternahm damals gerne einen Ausflug zum Schlittschuhlauf aufs Land. Beliebt waren neben Kockelscheuer die Brideler, Steinforter und Escher Eisbahnen.
Ausschlaggebend für die weitere Entwicklung war die seit 1967 systematische staatliche Förderung der Sportinfrastruktur. So eröffnete in 1969 Beaufort als erste Gemeinde eine öffentliche, professionelle und sichere Eisbahn ohne Einbruchgefahr. Es folgte in knappem Abstand die Eröffnung der Eisbahn „mit olympischen Massen“ im Wildpark Hosingen (1988 geschlossen). Dieses privatwirtschaftliche Unternehmen bot Schlittschuhlaufen bei Scheinwerferlicht. Das dazugehörige Restaurant war das ganze Jahr geöffnet. Sportveranstaltungen und Tanz zogen zahlreiche Sportler und Neugierige zur Diekircher Straße. 1972 entschied auch die Gemeinde Remich, zusammen mit dem lokalen Verkehrsverein eine Schlittschuhbahn am Moselufer zu öffnen. Ebenfalls interessiert zeigten sich an einem solchen Projekt die Gemeinden Düdelingen und Bettemburg.
Eine überdachte Halle für Kockelscheuer
In der Hauptstadt wurde inzwischen fieberhaft diskutiert, um eine überdeckte Kunsteisbahn zu errichten. Der Schöffenrat überlegte, die Ausstellungshallen auf Limpertsberg für diese Zwecke umzubauen, da die „Foires internationales“ in wenigen Jahren nach Kirchberg umziehen sollten. Der Plan, eine Eisbahn auf der „Kinnekswiss“ zu errichten, traf indes sofort auf Widerstand bei den Naturschützern. Strassen und Kockelscheuer waren als weitere Standorte im Gespräch. Kockelscheuer wurde schließlich aufgrund seiner Nähe zu den stark bevölkerten Südgemeinden und den Nationalstraßen nach Esch und Bettemburg ausgewählt. Ein ausgedehnter Parkplatz neben der Kunsteishalle gehörte zur Anlage.
Sportler gerieten ins Schwärmen: „(…) nicht nur eine gedeckte Eishalle, sondern auch eine ungedeckte Kunsteisbahn für das breite Publikum, mit einem 400 Meter langen Schnelllauf-Ring und einer regelrechten Eislaufschule für Sportvereine und Klassenläufer umfassen müsste. Das Zentrum muss topografisch so eingepflanzt werden, dass es zusätzlich auch mit künstlichen Langlaufpisten, mit einer Trainingspiste für Abfahrten und Slalom, inklusive Trainingslift und sogar mit einer kleinen Sprungschanze ausgerüstet werden kann.“
Nelly Flicks Traum aus dem Jahre 1938 hat Stadtbürgermeisterin Colette Flesch 1972 verwirklicht. Vorgesehen waren der Ausbau des benachbarten Campinggeländes und ein Schwimmbad, das an die zu errichtende Eissporthalle angrenzen sollte. Von den drei Weihern sollte der vordere im Sommer für leichte Wassersportarten, steuerbare Modellboote und Miniboote und im Winter zum Schlittschuhlaufen auf Natureis dienen. Die Luxemburger Architekten Pierre Bohler und Paul Espen wurden mit dem Bau der Eissporthalle beauftragt. Am 13. November 1974 eröffnete die Eissporthalle mit der Aufführung der Operette „Die Csardasfürstin“. 1975 hatte Kockelscheuer Roger Vergé, dreifacher Michelin-Sternekoch und Freund von Paul Bocuse, für die Eröffnung eines Nobelrestaurants im Bereich der Schlittschuhhalle gewinnen können. Bis 2018 hat sich die Sterneküche des Hauses als Treffpunkt für Familien und Geschäftsessen gehalten.
Die Eisrevue „Holiday on Ice“ war 1984 das Großevent, mit dem zehn Jahre Erfolg der Kunsteishalle gefeiert wurden. Inzwischen wurde das Haus auch mehrfach für Rockkonzerte genutzt. Doch die Halle war nicht für diese Nutzung geeignet, sodass Stimmen laut wurden, die den Bau einer Rockhalle im Süden des Landes forderten. Die Kunsteisbahn wurde 1990 und 2006 modernisiert und ausgebaut. Mit rund 120.000 Besuchern pro Jahr bietet Kockelscheuer heute moderne Trainingsmöglichkeiten für Eissportvereine und Eisschnelllauf sowie eine Schule für Schlittschuhläufer und Eistanzkünstler. Im Sommer wird die Halle für Veranstaltungen und Empfänge genutzt.
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