Tourismus / Éislek: Liebling während der Krise
Mit Klischees zum „Éislek“ braucht man Paul Ihry (40) nicht zu kommen. Die Region hat in der Krise ungeheuer an Beliebtheit zugelegt – vor allem unter Einheimischen. Den Geschäftsführer des „Office régional du tourisme (ORT) Éislek“ bestätigt das in seiner Arbeit. Angesichts professioneller Infrastrukturen, die mit denen in anderen Landesteilen konkurrieren können, haben viele ihre eventuell vorhandenen Vorurteile revidiert.
Ein bisschen hinterwäldlerisch, abgelegen und ländlich, das sind gängige Vorstellungen über das Ösling. Der ORT-Geschäftsführer antwortet darauf gewöhnlich mit einer Gegenfrage: „Das kann doch romantisch und charmant sein, oder?“ In der Covid-19-Krise haben das offensichtlich viele zu schätzen gelernt.
Als Fern- und Flugreisen im Geist genauso fern lagen wie die Destinationen selbst, haben sich viele in die Region im Norden des Landes aufgemacht. Das Ösling ist einer der Gewinner der Kampagne „Bleift doheem“ und der Anstrengungen des Tourismusministeriums, die Luxemburger für ihr Land zu begeistern.
730.000 Gutscheine im Wert von 50 Euro wurden ab 15. Juli an inländische und Grenzgänger-Haushalte verteilt. 118.700 Gutscheine sind nach Ministeriumsangaben bis jetzt (Stand Anfang Juni) für eine Übernachtung genutzt worden, was 5,9 Millionen Euro entspricht. ORT-Geschäftsführer Ihry schätzt, dass davon 40 Prozent im Ösling eingelöst wurden.
Spagat zwischen Tourismus und Naturschutz
Wer im Süden des Landes ankündigt, in den Norden zu fahren, ist schnell im Verdacht, eine Weltreise antreten zu wollen. Trotz „Nordstrooss“ gilt dieser Teil des Landes vielen nach wie vor als eine Reise ans gefühlte Ende der Welt. Dabei macht das „Éislek“ mit 780 Quadratkilometern knapp ein Drittel der Landesfläche aus, umfasst zwei Naturparks, sieben Flüsse, sieben Schlösser und zwei Seen.
Eines der beiden Gewässer, der Stausee, ist Luxemburgs größtes Trinkwasserreservoir und landschaftlich eine Perle, die jeden Prospekt aufwertet. Sein touristisches Potenzial ist nicht zu übersehen, aber nicht in seiner Fülle zu vermarkten. Das Reservoir muss geschützt werden. Massen sind am Stausee nicht erlaubt und ausdrücklich nicht gewollt.
Der Spagat zwischen Tourismus und Naturschutz spiegelt sich in der ganzen Region wider und prägt die Arbeit der Touristiker. Baden ist streng geregelt, wie die neuen, gerade erst kürzlich veröffentlichten Hinweise zeigen. An den sechs offiziellen Badestellen drängen sich schon in normalen Sommern zu viele Besucher. Regelmäßig kommt es zum Kollaps des Verkehrs.
Authentische Geschichten und Natur
Qualitativ hochwertiger Naturtourismus auf thematischen Wanderungen wie den ehemaligen Fluchthelferwegen, den Spuren der Wasserfee oder einfach durch unberührte Landschaft, die immer wieder weite Ausblicke bietet, ist das definierte Ziel für die Region. Burgen, Schlösser oder die „Familiy of Man“ rechtfertigen den Anspruch, eine „naturnahe Kulturlandschaft“ zu sein.
„Wir wollen authentisch bleiben und unseren Gästen Geschichten über die Region erzählen“, sagt Ihry, der seit 2016 neuen Schwung in den Outdoor-geprägten Tourismus bringt. Seitdem arbeitet er am Gemeinschaftssinn der 23 Gemeinden und 35 „Syndicats de tourisme“, die neben den Naturparks Mitglieder im ORT sind. „Wenn das Rad rund laufen soll, dann müssen alle Zahnräder ineinandergreifen“, sagt er.
Klingt schlicht angesichts der Herkulesaufgabe in Sachen Konsensfindung, scheint aber zu klappen. Die Krise hat das Ösling aus dem Abseits im eigenen Land katapultiert. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Gleich ab März, noch während des ersten Lockdowns, startet das ORT eine massive Marketingkampagne unter dem Motto „Endlechnees“, um sich vor allem im Land selbst in Erinnerung zu rufen.
Interessant für Kurztrips
Normalerweise kommen die Gäste überwiegend aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland. 2020 waren es erstmals viele aus dem eigenen Land. Mehr als sonst. „Wir haben Betriebe in der Region, die in der Krise besser gearbeitet haben als vorher“, sagt Ihry. Nach Statec-Angaben gibt es 53 Hotels, Herbergen und Pensionen sowie 41 Campings in der Region. Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2021.
Wird sich das halten? „Als Hauptdestination für den Sommerurlaub glaube ich langfristig nicht“, sagt Ihry. Er geht vielmehr davon aus, dass das Ösling als Destination für Kurztrips zukünftig gewinnen wird. Eine neue Zielgruppe ist im Visier. Es sind die 25- bis 45-Jährigen, die offen dafür sind, Natur zu entdecken, zu entschleunigen und die das Budget dafür haben, gut essen und übernachten zu wollen.
„Wir haben die Betriebe hier, die diese Ansprüche erfüllen“, sagt Ihry. Landschaftlich prägen die Ausläufer der Ardennen die Region. Deshalb will Ihry auch nichts von „Mittelgebirge“ wissen, um den bergigen Anblick zu beschreiben. „Hochland“ hört sich da schon interessanter und verlockender an, und passt zum Slogan, mit dem die Region für sich wirbt: „Mir sinn uewen!“ Die örtlichen Touristiker würden hinzufügen: In jeder Beziehung.
Auf den Spuren der Wasserfee
Der Weg folgt dem Symbol des Wassertropfens und führt von Eschdorf hinunter in die Täler der „Millbech“ und der „Grondmillebaach“, dann über den Flurort „Pëtzbech“ zurück zum Ausgangspunkt. An den einzelnen Stationen kann man die Natur mit allen Sinnen erleben. Dieser Weg eignet sich besonders gut für Kinder. Unterwegs gibt es kleine Naturerlebnisspiele, die die Wanderung spannend und abwechslungsreich machen. Start: Eschdorf, Bushaltestelle Dorfmitte, Länge: 4,5 km, Dauer: ca. 2 Stunden; www.visit-eislek.lu
- Näherinnen hauchen Werbeplanen von Amnesty International Luxembourg neues Leben ein - 10. November 2024.
- Verlust oder Chance? Wenn jeder Tag ein Sonntag ist, helfen Pensionscoaches - 2. November 2024.
- „Habe eine Welt kennengelernt, die ich so nicht kannte“ – Porträt einer Betroffenen - 29. Oktober 2024.
Immer mein Liebling, das Oesling. Aber jetzt, zuviele Menschen die kein Respekt vor der Natur haben. Familien mit ihren ungezogenen Schreihälsen ziehen durch die Natur, reissen Blumen und Sträucher ab, nicht mal um sie mitzunehmen. Hunde laufen ohne Leine umher. Und Wochenends kommen die Motorrad Rennfahrer aus den Nachbarländer. Da geht man mit einem Tinitus Nachhause und kommt nicht wieder, besonders wenn Schulferien sind.
so ist es, das Schöne liegt so nah. Weshalb unbedingt in die Ferne schweifen?