Autofestival-Special 2021 / Elektro-Zukunft mit Hindernissen
Dass fossile Energiequellen in absehbarer Zukunft von alternativen Energieträgern abgelöst werden (müssen), ist unvermeidbar. E-Antrieb heißt die Lösung, an der alle Hersteller arbeiten. Elektromobilität ist ebenso unvermeidbar wie unvollkommen. Denn mit der Verfügbarkeit und der Verteilung der Energiequelle Strom hapert es in Luxemburg noch gewaltig, behauptet Marc Schonckert.
Die Zukunft soll rein und elektrisch sein, hat die Politik entschieden, froh darüber, dass der Dieselskandal für viele Monate von der eigenen Inkompetenz in Sachen E-Mobilität abgelenkt hat. So wurde erst einmal der Diesel verdammt und dem viel CO2-intensiveren Benziner auf die Sprünge geholfen. So, als ob der Ausstoß von CO2 nur noch Nebensache im Vergleich zu Stickoxid, Kohlenwasserstoff und Kohlenmonoxid wäre, die ja aus Sicht der Politiker und einiger von Machtambitionen umnebelten Interessenverbände ganze Städte verdüsterten und vergifteten. So nach dem Motto: Wer schon in der Stadt keine Luft mehr kriegt, dem können Erderwärmung und Klimawandel eh nichts mehr anhaben. Also noch einmal zur Erinnerung: Ein moderner Dieselmotor produziert weniger CO2 als ein vergleichbarer Benzinmotor. Das sollte man auch in die Diskussion um Nutzen und Wirkung der viel gelobten Hybrid-Autos, besonders der Plug-in-Hybride, einfließen lassen.
Das Problem bleiben Stromversorgung und Stromverteilung. In Luxemburg hinkt der Ausbau der Ladesäulen weit hinter der versprochenen Zahl zurück und wer an einer Chargy-Säule „volltanken“ möchte – hier sind diejenigen gemeint, die nicht das Glück haben, zu Hause laden zu können – soll sich mit ausreichend Proviant, Kleidung und Unterhaltungsmaterial ausrüsten, denn hier geht es nicht um eine oder anderthalb Stunden, sondern um mehrere Stunden. Falls der Betroffene eine Ladesäule vorfindet, die noch nicht von einem Taxi belegt ist.
Fernziel Brennstoff-Zelle
Seinen eigenen Strom produziert ein Auto mit Brennstoffzelle, dazu benötigt es Wasserstoff, H2, so etwa in der Menge von 6 kg Wasserstoff, der dann Strom für eine Reichweite von ca. 600 km produziert. Dieser Wasserstoff wird gasförmig gespeichert, in einem Tank, dessen Gesamtvolumen gut 250 Liter ausmacht. Es gibt derzeit nur wenige Fahrzeuge mit Brennstoffzelle im offenen Verkauf, darunter der Hyundai Nexo und der Toyota Mirai. Das sind schon doppelt so viele Modelle als H2-Tankstellen im Umkreis von 200 km um Luxemburg. Also widmen wir uns hier nur den E-Fahrzeugen mit Strom aus der Steckdose oder den Hybrid-Autos.
Trautes Heim, Strom allein
Glücklich, wer ein Haus mit Garage und Steckdose besitzt. Denn der kann sich auch ein Elektro-Fahrzeug zulegen und es daheim über variable Zeitdauer je nach Art der Ladebox laden. Wer keinen festen Stellplatz mit Stromanschluss besitzt, in einem Apartment wohnt, sein Auto in einer Tiefgarage, draußen im Hof oder auf der Straße abstellt, für den stellt sich die Frage nach einem E-Auto gar nicht erst. Es geht demnach nicht nur um E-Mobilität an sich, sondern auch darum, wie die Energiequelle Strom jedermann zugänglich gemacht wird.
Glücklich, wer in Norwegen wohnt. Hier sind im vergangenen Jahr erstmals mehr Elektroautos verkauft worden als Fahrzeuge, die mit Benzin-, Diesel- und Hybridmotoren angetrieben werden: 2020 machten rein elektrisch betriebene E-Fahrzeuge 54,3 Prozent aller verkauften Neuwagen in Norwegen aus, wie der norwegische Straßenverkehrsverband (OFV) mitteilte. Plug-in-Hybride erreichten einen Marktanteil von etwa 20 Prozent, reine Diesel- und Benzinautos blieben jeweils unter zehn Prozent. Wie viele Besitzer eines E-Autos in Norwegen ein Eigenheim mit Garage und Ladebox haben, wissen wir nicht. Tatsache ist, dass es dort mehr öffentliche Ladesäulen gibt als anderswo, mit Ausnahme elitärer Golf-Clubs und Hotel-Resorts in Südspanien, und das sind ausnahmslos Ladesäulen für Tesla-Fahrzeuge.
In Luxemburg wurden im Jahr 2020 laut offizieller Mitteilung 2473 Fahrzeuge mit reinem E-Antrieb verkauft. Das ist bescheiden im Vergleich mit dem derzeit existierenden Fuhrpark von Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen in unserem Land. Rechnet man die Hybrid- und PHEV-Hybride dazu, dann lag der Anteil von elektrifizierten Fahrzeugen bei etwa 20% der Neuanmeldungen im letzten Jahr.
Umweltschutz und Strommix
E-Autos sind im Vergleich zu konventionellen Diesel oder Benzinern viel sauberer, was den CO2-Ausstoß betrifft. So heißt es dann bei den Prospekt-Angaben zu den CO2-Emissionen: null Gramm pro km. Mittlerweile sieht man in einigen Ländern die Sache etwas nuancierter und rechnet in der CO2-Bilanz auch den Strommix dazu, so etwa in Deutschland, wo der Anteil von erneuerbarer Energie (Solar, Windkraft) im Vergleich zu Strom aus Kohlekraftwerken beständig wächst. In diesem Fall kommt dann ein E-Auto, das etwa 15 kWh auf 100 km verbraucht, auf einen CO2-Ausstoß von um die 70 g/km. In Luxemburg gibt es dazu keine verlässlich präzisen Zahlen, wobei man davon ausgehen kann, der der Anteil von erneuerbaren Energien in unserem Strommix viel geringer als derjenige in Deutschland ist.
Batterieherstellung verschlechtert die Energiebilanz
Nicht einbezogen in die CO2-Bilanz aller Fahrzeuge sind der vorgelagerte Energieaufwand und die CO2-Produktion, die bei der Herstellung der Teile und Komponenten eines E-Autos anfallen. Das reicht von der Förderung, Verarbeitung und Transport der Rohstoffe über Materialien wie Stahl oder Aluminium bis hin zur Montage, Lackierung und Inbetriebnahme des Fertigprodukts Automobil.
Beim E-Auto sollte man allerdings auch den Impakt der Batterieherstellung auf die Energiebilanz berücksichtigen. Die Förderung und Verarbeitung der zur Herstellung der Batterien der E-Autos benötigten Werkstoffe ist energie- und CO2-Intensiv. Experten sind der Meinung, dass die Verdrängung von Verbrennungsmotoren durch E-Antriebe dem Klima bis 2030 nicht helfen wird, sondern den CO2-Ausstoß noch steigert. Ursache dafür ist der hohe Energieverbrauch bei der Batterieproduktion. Hier würden die Emissionen weg vom Motor zu den Kraftwerken verlagert, welche den Strom für die Produktion und den Betrieb von E-Autos produzieren.
Wie sehr die Batterieherstellung die Energiebilanz der Elektroautos beeinflusst, wurde im Oktober 2020 auf einem Expertenforum der Fachzeitschrift ATZ/MTZ erörtert. Beim Vergleich der CO2-Emissionen eines Fahrzeuges von der Produktion bis zur Verschrottung schneide das Elektroauto längst nicht mehr so gut ab. Nach Berechnungen stößt ein Elektroauto in der Mittelklasse bei einer Lebenslaufleistung von 150.000 Kilometern beim aktuellen Energiemix nur dann weniger Kohlendioxid als ein Plug-in-Hybrid aus, wenn die Batterie unter 200 Kilometer Reichweite bietet. Ansonsten sei allein die Energiebelastung durch die Herstellung der Batterie so groß, dass es in der gesamten Laufzeit des Elektroautos keinen CO2-Vorteil mehr gebe. Die Experten auf diesem Forum waren sich einig, dass die „sinnvolle Batteriegröße“ bei einem Elektroauto bei einer Reichweite von 100 bis 150 Kilometern liegen sollte. Daraus erfolgt, dass der Plug-in-Hybrid die entscheidende Rolle bei der Senkung der CO2-Belastung im Straßenverkehr spielen wird. Zumal bei den Benzinern und Diesel, die ja in Plug-in Hybrid-Autos (PHEV) zum Einsatz kommen, noch ein riesiges Optimierungspotenzial vorhanden ist.
Hybrid-Anfang
Den Anfang machte der normale Hybrid-Antrieb, bei dem ein kleiner Energiespeicher, der während der Fahrt durch Rekuperation lädt und im besten Falle bis zu 5 km Elektro-Autonomie bietet. 48-Volt-Batterien helfen bei Start und Beschleunigung und übernehmen im Cruise-Modus beim Dahinsegeln auf flacher Straße oder bergab. Die Verbrauchsreduzierung ist unerheblich, hier bleibt nur die Freude auf den letzten stillen Kilometer nach Hause oder das lautlose Herannahen an die Verkehrsampel.
Umstrittene Schadstoffrechnung bei Plug-in-Hybriden
Plug-in-Hybride oder PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicle) sind Autos mit einem oder eventuell zwei E-Motoren (Allrad-Antrieb) in Kombination mit klassischem Verbrennungsmotor, meistens einem Benziner aus Platz- und Kostengründen. Das Angebot von PHEV auf unserem Markt vergrößert sich zusehends im Rahmen einer steigenden Nachfrage. Dies in erster Linie, weil diese Autos das Beste aus zwei Welten miteinander verbinden, nämlich emissionsfreies Fahren auf der Kurzstrecke und die Reichweite eines Verbrenners auf der Langstrecke.
Die Batterie dieser PHEV kann an der Steckdose zu Hause oder der öffentlichen Ladesäule geladen werden, aber auch während der Fahrt beim Bremsen oder bei Bergabfahrt und Loslassen des Gaspedals im Cruise-Modus. In der Regel haben diese Batterien eine Reichweite von 50 bis 60 km, einige Hersteller sind etwas weiter und planen demnächst Reichweiten von bis zu 100 km. Plug-in-Hybride gelten als Brückentechnologie zur reinen Elektromobilität und haben einen riesigen psychologischen Vorteil gegenüber den puren E-Autos. Die Angst, mit leerer Batterie liegenzubleiben, existiert hier nicht; ist der E-Speicher einmal leer, kann man auf den Diesel- oder Benzinantrieb umschalten. Den Umweltbonus in puncto geringer Emissionen im Vergleich zum Verbrenner können PHEV-Fahrzeuge jedoch nicht in allen Situationen für sich beanspruchen.
Laut einer Untersuchung des ADAC sind Plug-in-Hybridfahrzeuge nicht umweltfreundlicher als reine Verbrenner. Je nach Motorisierung und Fahrverhalten kann ein Plug-in-Hybrid sogar einen höheren CO2-Ausstoß haben bzw. mehr Kraftstoff verbrauchen als ein vergleichbarer Diesel oder Benziner.
Um es anders auszudrücken: Mit voller Batterieladung kann man theoretisch 50 km emissionsfrei zurücklegen, danach gelten andere Regeln. Wer eine kurze Strecke zum Arbeitsplatz hat und dort eventuell nachladen kann, kann somit auch elektrisch wieder nach Hause fahren. Und wenn’s mal über längere Distanz geht, dann springt der Verbrenner an. Doch Vorsicht vor den Verbrauchsangaben der Hersteller: Sie basieren auf einem Traumszenario, in dem der E-Motor eine größere Rolle als in der Praxis des Alltags spielt. Diese Angaben gelten nur für die ersten 100 km, davon eine E-Fahrt von 50 km und die restlichen 50 km mit Benzin- oder Dieselenergie. Dann kommt man leicht auf Traumzahlen wie 2 bis 3 Liter auf 100 km. Wenn dann, bei leerem E-Speicher, der Verbrenner die nächsten 100 km bewältigen muss, erhält man ganz andere Werte. Dann kann es durchaus vorkommen, dass ein PHEV mehr verbraucht und mehr CO2 produziert als sein Schwestermodell mit klassischem Verbrenner, wie der ADAC beim Vergleich einiger Marken ermittelt hat. Vor allem auf längerer Fahrt und bei leerer Batterie verliert der PHEV hier klar seinen Umweltbonus gegenüber einem modernen Dieselmotor, dann spielt auch das Mehrgewicht aus Batterie und E-Motor im Vergleich zur einfachen Diesel- oder Benzinversion im Schwestermodell eine Rolle.
Dennoch bleibt der PHEV eine interessante Alternative auf dem Weg ins reine E-Zeitalter. Er verfügt über eine kleine Batterie, die seine Energiebilanz im Vergleich zu der Herstellung von Reichweiten-orientierten und demnach Energie-intensiven Batterien reiner E-Fahrzeuge besser aussehen lässt. Er spricht auch diejenigen an, die zu Hause nicht laden können und sich unterwegs über Rekuperation den Strom-Nachschub reinholen, den sie eventuell zur Rückfahrt ins Wohnviertel brauchen. Besonders emissionsarm werden sie dabei aber nicht fahren. Auch nicht diejenigen, die theoretisch zu Hause laden könnten, dies aber meist unterlassen in der Gewissheit, in allen Fällen einen Verbrenner unter der Haube zu haben.
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Das ist Ketzerei! Der Autor des Artikels sollte sofort und ohne Prozess auf einem 22kw-Elektrogrill lebendig geröstet werden. Das geht natürlich nur dann, wenn Creos im Ketzergefängnis einen 22kw-Anschluss erlaubt und das Grillen nicht mit einer intelligenten Wall-Grillbox nach Belieben unterbricht.
Ne vous laissez pas prendre, gardez votre vielle Diesel
„In Luxemburg gibt es dazu keine verlässlich präzisen Zahlen, wobei man davon ausgehen kann, der der Anteil von erneuerbaren Energien in unserem Strommix viel geringer als derjenige in Deutschland ist.“
Doch, gibt es im Tageblatt vom 15. Januar von Christian Müller: https://www.tageblatt.lu/?post_type=post&p=887840.
Unter uns: Luxemburg steht mit 59% besser da als Deutschland.