Rentrée / Elternvertretung spricht sich für fakultativen Unterricht aus
Im Mai wird der Schulbetrieb in Luxemburg wieder stufenweise hochgefahren. Ein wichtiger Akteur im Bildungswesen ist die Nationale Elternvertretung. Ihr Präsident, Alain Massen, spricht sich dafür aus, dass Eltern unter bestimmten Bedingungen die Wahl haben sollten, ob sie ihre Kinder zur Schule schicken oder nicht. Ein Gespräch.
Wie man die neue „Rentrée“ nun betrachte, hänge von der jeweiligen persönlichen Situation der Familien ab, sagt Alain Massen, Präsident der „National Elterevertriedung“, gegenüber dem Tageblatt. „Manche sagen, es ist noch viel zu früh, andere sagen, es wird Zeit, dass die Kinder wieder in die Schule gehen.“ Manche Eltern würden mit ihren Kindern in kleinen Appartments wohnen und nebenbei Homeoffice machen, andere hätten ein Haus mit Garten auf dem Land und Zeit, sich um die schulische Betreuung zu Hause zu kümmern. „Es ist schwierig, hier eine ausgeglichene Position zu finden, die es jedem recht macht. Wir als Elternvertreter sagen jedenfalls, dass es nicht unsere Rolle ist, ein Datum vorzugeben.“
Der nationalen Elternvertretung ist es wichtig, dass wissenschaftliche Kriterien für die Exit-Strategie in Betracht gezogen werden. Die schulischen Maßnahmen sollten auf der sanitären Sicherheit beruhen und nicht etwa durch ökonomischen Druck oder politische Opportunität entstehen, sagt Massen.
Distanz ist ein Problem. Kinder in diesem Alter raufen gerne. Passt man einen Moment nicht auf, dann tun sie es trotzdem. Sie behalten die Masken nicht unbedingt an.Präsident National Elterevertriedung
„Man darf nicht vergessen, dass viele Leute jetzt Angst haben. Wir wollen diese Angst nicht schüren, im Gegenteil“, so der Präsident. Dennoch habe man es mit einer Reihe Situationen zu tun, insbesondere bei Kindern zwischen vier und sechs Jahren, in denen es schwierig wird, die Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren. Massen nennt Beispiele: „Distanz ist ein Problem. Kinder in diesem Alter raufen gerne. Passt man einen Moment nicht auf, dann tun sie es trotzdem. Sie behalten die Masken nicht unbedingt an. Dann gibt es Kinder mit spezifischen Bedürfnisse, wie beispielsweise Autisten. Es wird schwierig werden, ihnen die Regeln beizubringen.“
Ein gewisses Risiko
Massen weist darauf hin, dass es Familien gibt, in denen gefährdete Personen wie beispielsweise Großeltern leben, die zudem vielleicht noch Probleme mit den Lungen haben. Er wirft folgende Frage auf: „Ist es nicht ein gewisses Risiko, wenn wir die Kinder in die Schule schicken, und diese den Virus dann mit nach Hause schleppen?“
Aus diesen Gründen setzt sich die Elternvertretung dafür ein, dass Eltern von Schülern des „Cycle“ 1 (Ex-Spielschule) die Wahl haben sollten, ob sie Schüler in die Schule bringen wollen oder nicht. Das Gleiche gelte für jene Schüler, die gefährdete Familienmitglieder zu Hause haben. Das Bildungsministerium hatte bereits Ausnahmen bei gefährdeten Personen im Haushalt angekündigt.
„Wir sind der Meinung, dass man dazu schnell klare Modalitäten ausarbeiten sollte, weil die Leute sich momentan in einer großen Unsicherheit befinden, weil sie nicht wissen, ob ihre Situation davon betroffen ist oder nicht.“ Hier müsse man klare Positionen ergreifen und klare Kriterien festlegen. Dazu zähle auch, dass jene Schüler, die zu Hause bleiben, auch die nötige Unterstützung bekommen.
Kinder im ‚Précoce’ oder in der ‚Spillschoul’ werden nicht extrem viel verpassen, wenn sie die letzten sechs Wochen des Jahres nicht in die Schule gehenPräsident National Elterevertriedung
„Kinder im ‚Précoce’ oder in der ‚Spillschoul’ werden nicht extrem viel verpassen, wenn sie die letzten sechs Wochen des Jahres nicht in die Schule gehen“, sagt Massen. Dennoch gäbe es eine Ausnahme: Jene Schüler, die die luxemburgische Sprache nicht gut beherrschen, müssten in dieser Hinsicht verstärkt gefördert werden. Dies müsse man aber von Fall zu Fall abwägen.
Helpline umorientieren
Eine Möglichkeit, Lernschwierigkeiten zu überwinden oder die Sprache zu fördern, sei der Kontakt mit der schulischen Helpline 8002 9090. Diese sollte laut Massen umorientiert werden. Bislang würden dort überwiegend technische Fragen zum digitalen Unterricht beantwortet oder Hilfestellung über die Webseite schouldoheem.lu gegeben. Doch in der Helpline stecke wesentlich mehr Potenzial. Im Hintergrund sitzen viele kompetente Leute, darunter zahlreiche Lehrer, die zusammen ein Dutzend Sprachen beherrschen und Fachkenntnisse besitzen.
„Wir sind der Meinung, dass man das Angebot dieser Helpline dahingehend ausbauen sollte, dass Eltern, wenn sie Schwierigkeiten haben, ihren Kindern den Lernstoff beizubringen, oder aufgrund der Sprache daran scheitern, sich dort melden könnten, damit ihnen geholfen wird.“ Massen kann sich die Helpline als Online-Nachhilfekurs vorstellen. Die Schüler könnten via Telefon oder Video mit den Lehrern, die dort sitzen, in Kontakt treten. So hätten sie die Möglichkeit, beispielsweise Mathematik auf Portugiesisch erklärt zu bekommen. Auf diese Weise könnte man vielleicht vieles auffangen und die Ungleichheiten zwischen den Schülern verringern.
Das Infektionsrisiko hängt nicht unbedingt von der Anzahl der Menschen, sondern von der Anzahl der kranken Personen innerhalb einer Gruppe abPräsident National Elterevertriedung
Was das Splitting anbelangt, zeigt sich der Präsident der Elternvertretung eher skeptisch. „Wir sind nicht warm mit dem Splitting.“ Dort werden die Schüler einer Klasse in zwei Gruppen eingeteilt. Dies bedeutet, dass die Schüler der Gruppe A eine Woche zur Schule gehen und neuen Lernstoff erlernen, während die Gruppe B zu Hause bleibt und den Stoff wiederholt. In der darauffolgenden Woche ist es umgekehrt. Die Lehrer müssen den gleichen Unterricht also zweimal abhalten. „Das Splitting ist kompliziert und wird für die Lehrer eine Belastung sein, weil sie doppelt arbeiten müssen.“ Wie das Splitting genau funktionieren soll, wird diese und nächste Woche ausgearbeitet werden.
„Das Infektionsrisiko hängt nicht unbedingt von der Anzahl der Menschen, sondern von der Anzahl der kranken Personen innerhalb einer Gruppe ab.“ Befinde sich ein Kranker darunter, reiche dies, um das Risiko in die Höhe zu treiben. „Da sollte man vielleicht eher das Testen ausbauen für Schüler, Eltern und Lehrer, um sicherzustellen, dass ein sehr großer Teil das Virus nicht in sich trägt“, so Massen.
Allerdings sei es schwierig, den Kontakt in einer Schule komplett zu vermeiden. Massen nennt die Toiletten als Beispiel. Oder die Jugendlichen, die sich gerne mal in den Arm nehmen, oder junge Pärchen, die sich nach Nähe sehnen.
- Was Jugendliche im Internet treiben: Bericht zeigt Nutzungsverhalten auf digitalen Geräten - 8. Februar 2023.
- Kritik am FDC: Die „schmutzigen“ Investments des „Pensiounsfong“ - 7. Februar 2023.
- Ein Plan für mehr Naturschutz in Luxemburg - 3. Februar 2023.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos