BGL Ligue / Emanuel Cabral (Fola): „90 Minuten von einer Sensation entfernt“
Rivalität, Derbyfieber und drei Punkte bis zur Meisterschaft: Dramatischer könnte die Saison am Sonntag nicht enden. Bei der Escher Fola, dem aktuellen Leader, lässt man vor dem entscheidenden Duell auf der „Grenz“ keinen Druck von außen zu. Torwart Emanuel Cabral und Co. wissen, wie nah sie an der Verwirklichung der Träume tatsächlich dran sind.
Tageblatt: Man kennt Sie ja eigentlich als lauten und emotionalen Torhüter. Wie würden Sie Ihre aktuelle Gefühlslage wenige Stunden vor dem entscheidenden Derby beschreiben?
Emanuel Cabral: Ich bin sehr ruhig. Ich muss zugeben, dass ich das mittlerweile auch besser im Griff habe. Nach den beiden 5:0-Siegen ist die Freude groß, aber die Arbeit ist noch nicht zu Ende. Trotzdem stehen wir nicht unter Druck. Wie man so schön sagt: „Druck gehört in die Reifen.“ Jeder Fußballspieler und jeder Trainer wäre wohl jetzt gerne in unserer Situation. Wir werden am Sonntag, am letzten Spieltag, auf der „Grenz“ um den Titel spielen. So etwas erlebt man wohl nur einmal im Leben.
Wie geht man am besten mit diesem Stress um?
Vor einem Spiel gibt es immer Nudeln mit einer leichten Soße. Ich habe zwar auch einige andere Routinen vor einem Spiel, aber die werde ich nicht verraten …
Ihre Teamkollegen haben innerhalb von vier Tagen zehnmal ins Schwarze getroffen. Kann man im Umkehrschluss davon ausgehen, dass Sie beide Male eher entspannende Abende in Ihrem Sechzehnmeterraum erlebt haben?
Das kann man schon so sagen. Allerdings sind das auch die kompliziertesten Spiele. Man ist 89 Minuten nicht gefordert – dann ist die Versuchung groß, etwas lockerzulassen und schon landet ein einziger Schuss im Netz. Nichtsdestotrotz haben die beiden Begegnungen gezeigt, dass uns unsere defensive Stabilität nicht abhandengekommen ist. In der Offensive gelingen uns ja auch immer Treffer.
Immer Treffer – und manchmal inszenieren Sie dazu auch eine spezielle Jubel-Szene …
Manchmal stehe ich da und merke, wie meine Kollegen einfach nicht wissen, wie sie sich beim Torjubel anstellen sollen. Sie laufen dann irgendwo hin … Nach Zacharys Treffer am Sonntag dachte ich mir einfach, jetzt läufst du dahin und putzt ihm mal die Schuhe. Das ist auch ein Zeichen dafür, wie gut die Stimmung in unserem Team ist.
Nicht gerade entspannend verlief dagegen Ihr letzter Auftritt auf der „Grenz“. 2019 kam es nach Spielende zu Tumulten. Wie bewerten Sie diese Szenen im Nachhinein?
Das waren Szenen, die nichts auf einem Fußballplatz verloren haben. Wer austeilt, muss auch einstecken können … Ich wurde während der gesamten 90 Minuten wild beschimpft. Wenn ich nach dem Schlusspfiff dann symbolisch das Wappen meines Herzensvereins küsse, ist das ja sicherlich kein Weltuntergang. Aber das ist ohnehin vergessen. Wir brauchen solche euphorischen Leute im Stadion. Es ist ja kein Geheimnis, dass die Jeunesse einen der besten Fanklubs des Landes hat – und erwachsene Menschen dort stehen. Die meisten sehen ein paar Bemerkungen als Teil des Spiels. Das gehört dazu.
Sie sind ein Fola-Urgestein. Welcher Stellenwert hat das Escher Derby in Ihren Augen?
Ich bin ein reinrassiger Rot-Weißer. Im November werden es 22 Jahre. Derbys gab es dementsprechend schon viele in meiner Jugend. Es ist einfach „the match to play“. Es handelt sich um das Duell, auf das man am meisten hinfiebert. Am Ende ist es auch ganz egal, mit wie viel Toren man gewinnt oder wie viele Karten verteilt werden. Es ist das wichtigste Spiel der Saison. In unserer aktuellen Situation wäre es aber egal, ob der Gegner Mondorf oder Racing heißen würde: Es ist unser Alles-oder-Nichts-Spiel.
Was verbinden Sie heute mit der Jeunesse?
Von der Rivalität bekommt man eigentlich schon sehr früh etwas mit, wenn man den älteren Generationen zuhört, die früher selbst gespielt haben. Bei der Fola wird schlecht über die Jeunesse geredet, umgekehrt genauso. Das kommt also von Natur aus zustande. Das bedeutet nicht, dass ich keine Freunde bei der Jeunesse hätte. Im Gegenteil. Ich bin mit David Soares und Milos Todorovic befreundet, aber am Sonntag spielt das keine Rolle. Noch wurde nicht gestichelt. Ich habe meine Emotionen wie bereits erwähnt besser im Griff und lasse es einfach auf mich zukommen. Ich werde nicht provozieren.
Diesmal kommt demnach Final-Charakter hinzu. Wie viel Erfahrung haben Sie mit solchen Schlüsselspielen?
Von den fünf Endspielen, die ich bislang gespielt habe, habe ich nur eins gewonnen … Aber das ändert nichts an unserer Ausgangslage. Wir können ganz befreit aufspielen – und später feiern oder eben nicht. In der Kabine spürt man keine Anspannung, nur Konzentration. Wir sind uns bewusst, dass wir 90 Minuten von einer Sensation entfernt sind, denn zu Beginn der Saison hatte uns niemand auf der Rechnung. Vielmehr haben sich die Leute gefragt, ob wir überhaupt für den Europapokal infrage kommen würden. Jetzt können wir demnach etwas Sensationelles erreichen. Wir stellen uns keine Fragen, was wäre, wenn … Man hat über die komplette Saison gesehen, dass wir leistungsfähig sind.
In der Meistersaison 2014/15 kamen Sie nicht zum Einsatz, im vergangenen Jahr gab es keinen offiziellen Titel. Wie groß ist der Wunsch, dass es diesmal klappt?
Riesig! In der ersten Meistersaison war es toll, mitfeiern zu können. Ich war damals dritter Torwart und stand auch das eine oder andere Mal ohne Einsatz im Kader. Wenn man so einen Titel-Moment erst einmal miterlebt, dann will man es auch selbst einmal erreichen. Im vergangenen Jahr haben wir Petingen am letzten Spieltag vor dem Abbruch überholt. Danach hörte man Bemerkungen wie „Ungerecht“ oder „Sie hätten diesen Platz nicht bis zum Ende hin verteidigt“. Ich denke mal, dass wir in diesem Jahr bewiesen haben, dass wir nicht zu Unrecht dort stehen. Sollten wir am Sonntag gewinnen, dann sollten diese Kritiker jedenfalls besser nichts mehr dazu sagen …
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