Energiewende / Encevo, LIST und SnT arbeiten gemeinsam an der Zukunft
Es ist eine Partnerschaft, die die Energiewende und damit auch die erneuerbaren Energien voranbringen soll. Luxemburgs Energieversorger Encevo hat sich mit dem öffentlichen Forschungsinstitut LIST und der Hightech-Schmiede der Universität, dem SnT, zusammengetan, um den Übergang zu einer nachhaltigen Energielandschaft zu beschleunigen. Dafür haben diese drei Akteure am 25. Januar eine Absichtserklärung unterschrieben. Mit Tom Eischen und Peter Räke von Encevo hat sich das Tageblatt über Innovation, Forschung und intelligente Stromnetze unterhalten.
„Die Energiewende nimmt an Fahrt auf. Energieunternehmen müssen sich der komplexen Frage stellen, wie sie damit in Zukunft umgehen“, sagt Tom Eischen. Er ist in der Encevo-Gruppe zuständig für Strategie- und Innovationsmanagement. Er weiß von drei Herausforderungen zu berichten. Zum einen sind da die erneuerbaren Energien selbst. Sie werden, anders als traditionelle Energiequellen, dezentral produziert – etwa in Windparks oder in Form von Sonnenstrom auf Hausdächern. Zum anderen ist da die Energieeffizienz, also das clevere Einsparen von Strom. Zu guter Letzt stellt auch die Digitalisierung Energiekonzerne vor Herausforderungen. „Wir müssen die Flüsse in unseren Stromnetzen so verwalten, dass die Systeme auch noch funktionieren, wenn in Luxemburg immer mehr Strom aus Sonne und Wind dezentral erzeugt wird“, so Eischen.
Mit der Absichtserklärung will Encevo diese vielschichtigen Herausforderungen in geregelter Art und Weise angehen. Dabei sollen nicht nur die drängendsten Probleme gelöst werden. Mit den Forschenden will Encevo auch diskutieren welche Probleme langfristig durch die Energiewende auftauchen könnten, um diese frühzeitig anzugehen. „Wir haben uns ganz bewusst dazu entschieden, über den Tellerrand zu kucken“, sagt Peter Räke. Er ist bei Encevo zuständig für Innovation. Das heißt, Encevo will nicht nur intern nach Lösungen suchen, sondern sich auch umsehen, welche Lösungen andere finden – zum Beispiel innovative Start-ups und Universitäten.
Die Zukunft ist digital
„Das SnT beschäftigt sich mit Daten und Digitalisierung, was ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende sein wird“, meint Eischen. Das LIST beschäftigt sich seit langem mit Fragen der Energieversorgung. Erst vor kurzem stellte das Institut seine neueste Forschung im Bereich der sauberen Wasserstoffgewinnung der Öffentlichkeit vor. Encevo habe mit den beiden Partnern versucht, die „relevantesten Partner“ aus Luxemburg zu gewinnen.
Danach gefragt, was die beiden Forschungsinstitutionen von ihrer Kooperation mit Encevo haben, erklärt Eischen: „Die Forschungsinstitutionen haben natürlich den Auftrag zu forschen, und das tun sie oft in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft.“ So könnten die Institutionen die Praxistauglichkeit ihrer Forschung analysieren, junge Wissenschaftler ausbilden, Veröffentlichungen publizieren und ihr Wissen an die Wirtschaft weitergeben. Die Wirtschaft wiederum teile mit den Forschenden ihre Praxiserfahrungen und ihre Ansichten über die zukünftigen Entwicklungen, so Räke.
Zum Teil ist diese Veränderung vorhersehbar, weil die Politik sie vorgibt. „Unsere Energieversorgung ist heute sehr kohlenstofflastig und verursacht CO2-Emissionen. Die Agenda der europäischen Politik sieht vor, bis 2050 kohlenstoffneutral zu sein. Dafür bleiben noch 29 Jahre“, so Eischen. Vereinfacht formuliert heiße das, dass wir weg von fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Erdgas hin zu Wind, Sonne und in einem kleineren Maßstab Biomasse müssen. „Diesem Schwenk werden sich Energieversorgungsunternehmen nicht entziehen können“, so Eischen.
Neben Sonne, Wind und Biomasse interessiert sich Encevo tatsächlich auch für Wasserstoff. „H2 ist für uns ein wichtiges Thema. H2 muss man auf jeden Fall auf dem Radar haben“, bestätigt Eischen. Encevo beschäftige sich damit intensiv. Allerdings sei derzeit noch nicht genau abzusehen, wohin sich die Wasserstofftechnologie entwickelt. Eischen glaubt, dass sich in den drei nächsten Jahren aber einiges klären wird. Im Bereich Nuklearenergie hingegen – die auch keine CO2-Emissionen verursacht – forscht Encevo nicht.
Aber wie steht es um die Netze? Mahner befürchten, dass die Stromversorgung nach einem Umstieg auf erneuerbare Energien und einen zeitgleichen Ausbau der Elektromobilität nicht mehr gesichert ist. In einem Beitrag im Tageblatt hatte der ehemalige LSAP-Minister Robert Goebbels – ein prominenter Kritiker grüner Politik – Strompannen in Aussicht gestellt, die von der nationalen Politik derzeit nicht antizipiert würden. Als Regierungsmitglied kümmerte sich Goebbels Ende der 90er auch um das Resort Energie.
Eischen ist überzeugt, dass die Netze den geplanten Ausbau der Elektromobilität aushalten, vorausgesetzt sie werden angepasst. „Die eine Frage ist, ob wir genug Strom haben“, sagt er. Die andere Frage lautet, ob die Versorger damit umgehen können, wenn in Spitzenzeiten viele Menschen ihr Auto gleichzeitig laden. „Wenn wir uns anständig organisieren, dann kriegen wir das in der vorgesehenen Zeit hin!“
Die Zukunft ist komplex
Eins steht fest: Die Netze der Zukunft werden komplexer sein als die heutigen Netze. Während die Konsumenten früher nur Strom aus dem Netz bezogen haben, wird es in Zukunft Momente geben, in denen das Haus mittels Solaranlage einen Überschuss produziert, der ins Netz eingespeist und an andere verteilt wird. In anderen Momenten wird weniger Strom vorhanden sein. Anders als ein Kohlekraftwerk können Sonne und Wind nicht nach Belieben hoch- und runtergefahren werden. Deshalb müssen die Netzbetreiber die Stromflüsse clever regeln. So kann man zum Beispiel dafür sorgen, dass Elektroautos vor allem dann geladen werden, wenn zu viel Strom im Netz vorhanden ist.
„Diese Veränderung wird nicht von heute auf morgen klappen. Sie wird aber in einem Horizont 2030 und 2040 möglich sein“, ist Eischen überzeugt. Dafür müssten die Netze intelligenter und digitaler werden. Das bedeutet, dass mittels intelligenter Steuerung und Optimierung auf Basis der Daten der digitalen Zähler genauer ermittelt werden muss, wie viel Strom wo gebraucht wird. So kann der Netzbetreiber den Strom optimal verteilen.
Müssen wir dafür die Stromnetze ausbauen? Das ist möglich. Würden wir in Zukunft mit Strom anstatt mit Gas oder Heizöl heizen, würden wir insgesamt aufgrund größerer Effizienz zwar Energie einsparen, rechnet Eischen vor, aber mehr Strom verbrauchen als bislang. Dann müsste das Stromnetz streckenweise ausgebaut werden.
Einen zeitlichen Rahmen haben Encevo, LIST und SnT sich für ihre Kooperation nicht gesteckt. „Wir sind der Meinung, dass eine solche Kooperation nur Sinn ergibt, mwenn man sie langfristig angeht“, sagt Eischen.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos