/ Endzeitstimmung in Bukarest – Machtkampf spitzt sich vor den Europawahlen zu
Die Europawahl mutiert zum Endspiel um die Macht in Bukarest. Die Opposition wittert Morgenluft. Den regierenden Sozialisten machen hingegen abstürzende Umfragewerte und das gleichzeitig angesetzte Referendum über die umstrittenen Justizreformen zu schaffen.
Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad
Aus ihrem beleidigten Würdenträgerherzen macht Rumäniens sozialdemokratische Regierungschefin Viorica Dancila keine Mördergrube. Sie werde um keine Einladung zu dem am morgigen Donnerstag steigenden EU-Sondergipfel in Sibiu (Hermannstadt) „betteln“, erklärt sie grollend: Während Rumäniens bisheriger EU-Präsidentschaft habe ihr Kabinett schließlich „titanische Arbeit“ geleistet.
Es ist Rumäniens deutschstämmiger und mit der Regierung im Dauerclinch liegender Präsident Klaus Johannis, der dem Stelldichein der EU-Staats- und Regierungschefs in seiner Heimatstadt vorstehen wird. Den regierenden Sozialdemokraten (PSD), die an demselben Tag ihre Anhänger trotzig zu einer zum „Europatag“ erklärten Großkundgebung nach Iasi rufen, machen im Stimmenstreit derweil nicht nur abgestürzte Umfragewerte zu schaffen. Die Europawahl ist zum Endspiel um die Macht in Bukarest mutiert: Immer verbissener streitet der umstrittene PSD-Chef Liviu Dragnea um sein politisches Überleben – und gegen den drohenden Gang hinter Gittern.
Aushebelung der Gewaltenteilung
Es läuft nicht rund für Dragnea. Wegen der anhaltenden Anstrengungen der PSD, die Justiz unter Regierungskontrolle zu bringen und die Gewaltenteilung auszuhebeln, hat der europäische Verbund der sozialdemokratischen Parteien (SPE) die Mitgliedschaft der PSD im April vorläufig auf Eis gelegt: Nach der Europawahl könnte der endgültige Ausschluss folgen.
Laut jüngsten Umfragen liegen die oppositionellen Nationalliberalen (PNL) mit 25,6 Prozent klar vor der PSD, der mit nur noch 21,7 Prozent der Stimmen der Verlust von über einem Drittel ihrer Sitze im Europaparlament droht. Drittstärkste Kraft ist das ebenfalls oppositionelle Bündnis Allianz 2020 (16,4 Prozent). Starke Zuwächse weist mit 11,7 Prozent auch die Pro-Romania-Partei von Ex-Premier Viktor Ponta auf, dem sich immer mehr verbitterte PSD-Dissidenten anschließen: Ponta hat angekündigt, nach der Europawahl erstmals gemeinsam mit anderen Oppositionsparteien für ein Misstrauensvotum zur Ablösung der von der PSD geführten Regierung und Schaffung einer Übergangsregierung zu stimmen.
Präsident profitiert von Machtkampf
Ein Übel kommt auch für gewiefte Strippenzieher selten allein: Für den 20. Mai ist die Verkündigung des rechtskräftigen Urteils gegen den in erster Instanz wegen Amtsmissbrauch zu 3,5 Jahren Haft verurteilten Dragnea angesetzt. Hektisch mühen sich dessen Hilfstruppen um die erneute Vertagung des Termins, um den Prozess nach der am 1. Juni anstehenden Pensionierung von einem der Richter wieder völlig von vorne aufrollen lassen zu können.
Ungemach droht der PSD auch bei dem von Präsident Johannis gleichzeitig mit der Europawahl angesetzten Referendum über die umstrittenen Justizreformen und Notverordnungen der Regierung: Diese hofft, das für die Gültigkeit der Volksbefragung nötige Quorum einer Mindestwahlbeteiligung von 30 Prozent per Notverordnung indirekt noch etwas erhöhen zu können.
Von dem sich zuspitzenden Machtkampf in Bukarest scheint bisher vor allem der sich als furchtloser Schutzherr der Institutionen profilierende Staatschef Johannis zu profitieren. Kontinuierlich sind dessen Umfragewerte vor den im Herbst anstehenden Präsidentschaftswahlen am Steigen: Mit prognostizierten 42,7 Prozent liegt er klar vor dem vermutlichen Regierungskandidat Calin Popescu Tariceanu (18,3 Prozent), dem Chef der mit der PSD verbandelten Liberalen (ALDE).
Auch dem Juniorpartner der Regierungskoalition droht Ärger mit dem gleichnamigen Verbund der europäischen Schwesterparteien: Ende Juni will die europäische ALDE über den Ausschluss der rumänischen ALDE entscheiden.
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