Medien / Enjoy the silence: Keine Kommunikation zur verunglückten Kommunikation
Vor einigen Tagen warnte die Regierung per Mitteilung vor Falschmeldungen in der Presse in Sachen Testpraxis bei Großveranstaltungen. Nun kommt die Frage auf, ob die Sachlage nicht doch anders liegt als dargestellt – und ob die Veranstalter mit der Kommunikation der epidemiologischen Regeln allein gelassen werden. Antworten sind, ein weiteres Mal, praktisch nicht zu bekommen.
„Because Music Matters“
Unter diesem Motto veranstaltet die Rockhal eine Reihe von „Pilotkonzerten“, die die Musikkultur wieder aufleben lassen sollen – und epidemiologischen Erkenntnisgewinn bringen: Bis zu 1.000 Menschen können dazu in der Main Hall zusammenkommen.
Über Tests, die vor Beginn und sieben Tage nach dem jeweiligen Konzert gemacht werden, wird wissenschaftlich geprüft, inwiefern solche Veranstaltungen wieder sicher sind (wobei allerdings bereits für den Zugang zur Halle ein Test im Vorfeld oder vor Ort gemacht werden muss).
Die Konzerte sind bestuhlt, Distanzregeln und Maskenpflicht gelten ebenfalls. Immerhin darf man aufstehen, jubeln und tanzen, soll aber grundsätzlich am Platz bleiben und sich nicht im Saal bewegen. Das Catering fällt aus und der Raucherbereich ist geschlossen – während die Toiletten natürlich offen sind. Ein erstes Konzert unter diesen Voraussetzungen gab Serge Tonnar am 21. Mai. fgg
Eine Mitteilung des Gesundheitsministeriums und der Gesundheitsdirektion ließ vor kurzem aufmerken: Man sah sich nämlich genötigt, gewisse Falschinformationen zu berichtigen, die „über die sozialen Netzwerke und die Presse“ verbreitet worden seien hinsichtlich der Zugangsregeln bei Veranstaltungen mit mehr als 150 Teilnehmern oder Gästen.
Es wurde klargestellt, dass dazu ein PCR- oder Antigen-Test nötig sei, dessen negatives Ergebnis von einer autorisierten Stelle dokumentiert wurde. Alternativ könne auch ein Test vor Ort gemacht werden. Ein Foto eines Schnelltests reiche allerdings nicht aus (das Tageblatt berichtete).
Nachdem das Tageblatt eine entsprechende Meldung veröffentlicht hatte, teilten uns mehrere Leser mit, dass sie die Behauptung, ein Foto eines Tests reiche aus, keineswegs der Presse oder den sozialen Netzwerken entnommen hätten – sondern der offiziellen Kommunikation eines Veranstalters, in diesem Fall der Rockhal.
Die unternimmt über ihre Reihe „Because Music Matters“ nämlich derzeit erste Versuche, die Live-Musikkultur wieder in Gang zu bringen – über Testkonzerte, die laut eigenen Angaben „in Zusammenarbeit mit der luxemburgischen Gesundheitsinspektion“ durchgeführt werden.
Eine Leserin stellte dem Tageblatt den Screenshot einer Mail zur Verfügung, die sie bekommen hatte, nachdem sie Tickets für das Konzert von Remo Cavallini am 4. Juni bestellt hatte. Darin heißt es tatsächlich (hier ins Deutsche übersetzt):
„Führen Sie selbst einen Antigen-Test (,Autotest‘) am Tag des Konzerts durch und machen Sie ein Foto des Resultats. Sie können diesen Test zu Hause machen, aber auch, wenn Sie beispielsweise ein Restaurant oder eine Bar besuchen, solange es am Freitag, dem 4. Juni, geschieht.“
Ob die Mail authentisch ist, kann zunächst nicht geklärt werden: Auf mehrere Anfragen antwortet das Team der Rockhal erst gar nicht, um dann allgemein auf die Website zu verweisen.
Auf der dreisprachigen Website führt der Link zu den Fragen hinsichtlich der „sanitär Mesuren“ am Freitagabend zwar ins Leere, auf Englisch und Französisch erhält man aber doch Auskunft. Es wird darauf hingewiesen, dass ein Test „von einer dazu befugten Person“ bescheinigt werden müsse. Im Französischen gibt es noch den Zusatz „en application de la loi COVID-19“, was in der englischsprachigen Version mit „in accordance with COVID-19“ unvollständig übersetzt ist – auch wenn klar ist, was gemeint ist. Von der Möglichkeit, ein Foto von einem Test vorzuzeigen, ist jedenfalls nicht mehr die Rede.
Es bleibt der Eindruck, dass die Kommunikation eher hemdsärmelig organisiert wird und darum unscharf bleibt. Inwiefern der Veranstalter, für den es auch die erste Pandemie ist, damit alleingelassen wurde, die epidemiologischen Regeln dreisprachig richtig zu formulieren, bleibt unklar.
„Eigentlich“ war es anders gemeint
Eine entsprechende Anfrage an das Gesundheitsministerium wird von dort nur sehr knapp beantwortet – mit dem Eingeständnis, dass die Mitteilung zur missglückten Kommunikation ihrerseits eine solche war: „Die Pressemitteilung sollte eigentlich darauf hinweisen, dass diese Praxis (zu Hause einen Schnelltest machen und ein Foto davon machen) nicht in Absprache mit der Gesundheitsbehörde gemacht wurde.“ Alle ansonsten gestellten Fragen werden übergangen – ein Verhalten, das die Presse von vielen Stellen der Regierung gewohnt ist. Ein verbindliches Auskunftsrecht wurde von Luxemburgs Journalistenverband ALJP erst gerade wieder gefordert.
Auch das Sportministerium kann am Freitag nicht dazu bewegt werden, zu erläutern, inwiefern es aktiv mithilft, größere Veranstaltungen im Sinne des Infektionsschutzes sicher zu gestalten – zum Beispiel, indem Vorlagen für die Kommunikation bereitgestellt werden. Und auch an das Kulturministerium ist, mit dem gleichen Ansinnen, kaum heranzukommen. Immerhin gibt es von dort die Rückmeldung, dass die Rockhal tatsächlich per Mail erklärt habe, ein Foto eigne sich als Testnachweis – und dass Fehler doch nur menschlich seien.
Daraus könnte allerdings auch gefolgert werden, gerade in einer pandemischen Gesundheitskrise, dass ein strenges Vier-Augen-Prinzip und klare, unmissverständliche Kommunikation vonnöten sind. Die offiziellen Stellen in Luxemburg, bis hinauf zum Premier, lassen all dies beunruhigend regelmäßig vermissen (weshalb auch dieser Kommentar aus dem August 2020 weiterhin gültig ist).
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