Finanz- und Versicherungssektor / Entrüstung über Alleingang der Aleba
Bis zu den letzten Sozialwahlen hatte die Aleba im Bankensektor mit leicht über 50 Prozent die Mehrheit im Finanzsektor, konnte prinzipiell alleine den sektoriellen Kollektivvertrag abschließen, tat es aber wohlweislich nicht. Die Situation ist nach den Sozialwahlen eine andere, die krisengebeutelte Aleba verlor die absolute Mehrheit, unterzeichnete jetzt dennoch mit ABBL und ACA eine prinzipielle Übereinkunft zur Verlängerung des Tarifvertrages. OGBL und LCGB sind entrüstet.
Noch bis vor kurzem gab es Gespräche zwischen den drei Gewerkschaften im Sektor der Banken- und Versicherungen über Probleme im Finanzsektor, die im Rahmen der anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen besprochen werden sollten.
Aus allen Wolken fielen auch deshalb die beiden Gewerkschaften OGBL und LCGB, die gemeinsam auf 50,78 Prozent der Stimmen der Beschäftigten des Sektors kamen, als Bankenpatronat ABBL, Versicherungspatronat ACA und eben die Aleba am 9. November in einer gemeinsamen Pressemitteilung darüber informierten, sie hätten nun eine gemeinsame Position zur Verlängerung des Tarifvertrages für die kommenden drei Jahre und ein entsprechendes prinzipielles Abkommen unterzeichnet.
Véronique Eischen, Zentralsekretärin des Finanzsyndikats des OGBL, verbarg ihre Wut über diesen Schritt während einer gemeinsamen Pressekonferenz von OGBL und LCGB am Donnerstag nicht, sprach von Trauerspiel, Verrat, Skandal …
Geheimverhandlungen ohne Mandat
Noch an jenem 9. November, an dem besagte Pressemitteilung verbreitet worden war, hatte sie Kontakt mit der Aleba eben wegen der Aufnahme von Kollektivvertragsverhandlungen. Zu dem Zeitpunkt, als das Abkommen – das übrigens lediglich eine Verlängerung des bestehenden Abkommens ohne jegliche soziale Verbesserungen vorsieht – also quasi abgeschlossen war, gingen die Aleba-Vertreter mit keinem Wort auf ihre diskrete Aktion ein.
Die Gewerkschaftsvertreter Véronique Eischen und Gabriel Di Letizia (LCGB-SESF) fragen sich nun, wieso die Aleba die einst einigermaßen funktionierende Gewerkschaftsfront sprengte und nicht wie sonst eine gemeinsame Verhandlungskommission mit den beiden anderen, mittlerweile zusammen mehrheitlichen Gewerkschaften bildete, um dann zu verhandeln.
„Nützliche Idioten“
Gesetzlich sei das Vorgehen der Aleba ohnehin mehr als fragwürdig, allein könne sie einen Kollektivvertrag für den Sektor mangels ausreichender Stimmen sowieso nicht abschließen. Mit ihrem Vorpreschen habe sie sich lediglich zum „nützlichen Idioten“ der Arbeitgeberverbände in dem Sektor gemacht.
Eine spätere Erklärung des Aleba-Chefs Laurent Merz, die Gewerkschaft habe keine Lust, ein halbes Jahr zu verhandeln und zu diskutieren, stößt Véronique Eischen besonders heftig auf. Es sei nun mal die Aufgabe von Gewerkschaftern, sich für die Beschäftigten einzusetzen.
Es handele sich hierbei um einen klaren Verrat an den Angestellten der Banken und Versicherungen. Dabei gebe es sehr viel zu verhandeln. Die wirtschaftliche Lage der Finanzinstitute sei gut, das Personal habe während der Krise eine essenziell wichtige Arbeit geleistet, es den Bürgern während der Krise ermöglicht, weiterhin ihre Geldgeschäfte zu erledigen.
Eine Verbesserung des schwachen Kollektivvertrags von 2018, der zwar von OGBL und LCGB mit unterzeichnet worden war – allerdings nicht aus Überzeugung, sondern nur um keine gewerkschaftlichen Rechte wie etwa das Aushandeln von Sozialplänen einzubüßen –, sei dringend notwendig. Dass Laurent Merz von der Aleba nach dem einseitigen Abkommen nun eine Einheitsfront mit den beiden anderen Personalvertretungen wünscht, sei ein schlechter Witz, so OGBL und LCGB, die ihrerseits nun einen Forderungskatalog ausgearbeitet haben und die auslaufenden Kollektivverträge im Finanz- und im Versicherungssektor kündigen werden.
Lineare Lohnerhöhungen, Telearbeit …
Die Forderungen umfassen u.a. eine lineare Lohnerhöhung für alle Beschäftigten (der alte Kollektivvertrag sah vor, dass die Unternehmen ein Prozent der Lohnmasse frei nach ihren Vorstellungen verteilen konnten, wobei einige legale Fragen bis zuletzt offen blieben), die Rückführung der vielen „faux cadres“ (bis zu 30 Prozent der Angestellten) in den Tarifvertrag, mehr Mitspracherecht für die Betriebsdelegationen, klare Regeln zur Telearbeit, die allgemeine Möglichkeit, auf Zeitsparkonten zurückzugreifen, die Definition neuer Funktionen in den Instituten, die Möglichkeit eines sektoriellen „Plan de maintien dans l’emploi“ usw.
OGBL und LCGB wollen sich nun also an die üblichen Prozeduren halten. Die Lage ist zurzeit allerdings kompliziert: Allein kann die Aleba keinen Tarifvertrag abschließen und auch die beiden anderen Gewerkschaften OGBL und LCGB können dies nicht gemeinsam tun. Wenn nach dem Aleba-Alleingang keine Einigung mehr möglich ist, müssen die staatlichen Instanzen sprich das Arbeitsministerium entscheiden. Bis dahin bleibt es allerdings spannend.
- Politiker, Gewerkschafter, Freigeist: Nick Clesen ist im Alter von 67 Jahren gestorben - 3. Oktober 2024.
- Konsequent gegen die autoritär-liberal-konservative Rechte - 14. Juli 2024.
- Streit der Form wegen: Klimabonus rückwirkend verlängert - 26. Juni 2024.
Egal – mein Gehalt reicht nicht mal für ne anständige Wohnung 🤣
Die Aleba war nie eine richtige Gewerkschaft.Ein Interessenverein des Patronats schon eher.
D’ALEBA huet „keng Loscht ze verhandelen“ ? Majo dann, dofir sin si awer do. Gutt, dass et OGBL an SESF gëtt, an dass déi net méi an der Minoritéit sin !