EU-Parlament / EP-Abgeordnete setzen Zeichen für die Ukraine
In ihrer ersten Debatte der neuen Legislaturperiode befassten sich die EU-Parlamentarier mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und verurteilten in einer Resolution den ungarischen Regierungschef Viktor Orban wegen dessen Reise nach Moskau.
Die europäischen Volksvertreter wollten mit ihrer ersten Debatte wohl ein Zeichen setzen und klarstellen, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine eine ihrer Prioritäten für diese Legislaturperiode ist. Eher dem Zufall geschuldet ist der Umstand, dass sich gerade am Mittwoch der Jahrestag des Abschusses von Flug MH17 über dem Osten der Ukraine zum zehnten Mal jährte. Darauf wies vor allem der niederländische liberale Abgeordnete Bart Groothuis hin, der betonte, dass es „ohne Zweifel“ das russische Militär war, das am 17. Juli 2014 ein malaysisches Passagierflugzeug mit einer Buk-Rakete abgeschossen hat, wobei 298 Menschen ums Leben kamen, die meisten davon aus den Niederlanden. Drei Männer seien in den Niederlanden wegen dieser Tat verurteilt worden, stünden aber unter dem Schutz des Kreml. An den russischen Präsidenten Putin gewandt, sagte Groothuis: „Den Haag ist die einzige Stadt in Europa, wo Sie willkommen sind“, in Bezug auf den internationalen Haftbefehl gegen Putin, der vom Internationalen Strafgerichtshof in der niederländischen Hauptstadt ausgestellt wurde.
Mit ihrer Debatte und einer dazugehörigen Entschließung wollten die EU-Parlamentarier noch einmal auf „die Notwendigkeit der anhaltenden Unterstützung der EU für die Ukraine“ – so auch der Titel der Aussprache – aufmerksam machen. Und es war eine Gelegenheit zu erfahren, wie sich die drei Fraktionen rechts der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) beim Thema Ukraine positionieren würden.
Der Vorsitzende der neuen Fraktion Patrioten für Europa (PfE), Jordan Bardella, gab sich im Ton ungewohnt gemäßigt. Russland habe einen „schweren Fehler“ gemacht, meinte der ehemalige künftige französische Premierminister vom Rassemblement national. „Wir können nicht zulassen, dass der russische Imperialismus die Ukraine absorbiert.“ Allerdings wolle er nicht, dass an die Ukraine Waffen geliefert werden, die das russische Territorium treffen könnten. Die Ukraine sollte seiner Ansicht auch nicht in die NATO, da dies zu einer Eskalation führen könnte.
Der polnische EP-Abgeordnete Joachim Stanisław Brudzinski war ganz klar: „Die Ukraine muss den Krieg gewinnen.“ Denn sollte die Ukraine verlieren, würde das dazu führen, „dass die russische Armee an unseren Grenzen steht“, so der PiS-Abgeordnete der rechtspopulistischen Fraktion Europa der Konservativen und Reformer (EKR). Das wiederum würde Russland die Gelegenheit geben, weiter zu eskalieren. Der Abgeordnete der rechtsextremen Fraktion Europa der souveränen Nationen (ESN), René Aust, wiederum meinte, die EU müsse ihre Strategie wechseln, da die bisherige Unterstützung der Ukraine nichts geändert habe. „Die Zeit ist reif für Friedensverhandlungen“, so der deutsche AfD-Politiker.
Kartheiser stimmt gegen Resolution
Völlig uneinig ist sich die Fraktion der Linken beim Thema Ukraine. Zwar meinte ihr Fraktionsvorsitzender Martin Schirdewan, es sei „selbstverständlich“ notwendig, dass die EU die Ukraine weiter gegen die russischen Angreifer unterstützt. „Der widerwärtige Raketenangriff“ auf Kiews größte Kinderklinik zeige die Brutalität von Putins Krieg. Schirdewan ärgerte sich sogar darüber, dass die EU-Sanktionspakete gegen Russland nicht effizient genug seien, da Bauteile aus dem Westen in russischen Raketen zu finden seien, und forderte weitere Sanktionen. Doch im Anschluss stimmten die linken EP-Abgeordneten fast ausgeglichen sowohl für als auch gegen die Resolution oder enthielten sich.
Die Entschließung, die eine weitere Unterstützung der Ukraine fordert, wurde mit einer großen Mehrheit der Stimmen aus den Fraktionen der EVP, der Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen angenommen.
Auch wenn die EKR-Abgeordneten fast geschlossen für die Resolution stimmten, gab es einige Abweichler, unter ihnen der ADR-Politiker Fernand Kartheiser. Er stimmte als einziger der sechs luxemburgischen EP-Abgeordneten gegen die Resolution. Sowohl die Rechtsextremen der ESN als auch jene der PfE stimmten mehrheitlich gegen die Entschließung. Letztere vor allem, da in dieser der ungarische Regierungschef Viktor Orban – dessen Fidesz-Partei der PfE angehört – wegen seiner Reise zum russischen Machthaber Putin verurteilt wird. Denn Orban, dessen Regierung derzeit den EU-Ratsvorsitz führt, wähnte sich auf einer „Friedensmission“, für die er jedoch von der EU kein Mandat hat. Was Moskau von Orbans Besuch hielt, zeigte sein Militär im Anschluss an die Reise mit einem Luftangriff auf das Kinderkrankenhaus Ohmatdyt in Kiew, bei dem zahlreiche Menschen getötet und verletzt wurden. In ihrer Resolution meinen die EU-Parlamentarier denn auch, „dass der Besuch einen eklatanten Verstoß gegen die Verträge und die gemeinsame Außenpolitik der EU, insbesondere den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, darstellt“.
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