Vor zehn Jahren / Erdrutsch „Um Monkeler“: Die Bäume brachen wie Streichhölzer
Auf den Tag genau vor zehn Jahren kam es auf der Bauschuttdeponie zwischen Esch und Monnerich zu einem verheerenden Erdrutsch. Das Tageblatt war noch in der Unglücksnacht mit anderen Pressevertretern und in Begleitung der Polizei vor Ort.
In der Nacht vom 13. auf den 14. März 2014 ereignete sich ein Erdrutsch auf der Bauschuttdeponie „Um Monkeler“. Wie sich später herausstellte, waren damals rund 500.000 Tonnen Geröll in Bewegung geraten. Am 13. März 2014 war ich der Schlussredaktion zugeteilt. Die dauerte bis 23 Uhr. Kurz nach 22 Uhr rief an besagtem Abend ein Arbeitskollege in der Redaktion an. Es habe einen Erdrutsch in der Nähe von Monnerich gegeben. Die Polizei sei noch nicht vor Ort, doch die Straße sei vollkommen unpassierbar, teilte er mir mit. Ein Anruf bei der Pressestelle der Polizei sollte erst mal keine weiteren Aufschlüsse geben. Also fuhr ich kurz nach Feierabend nach Hause.
Ein paar Stunden später klingelte dann plötzlich mein Berufshandy und riss mich aus meinen Träumen. Am anderen Ende war die Pressestelle der Polizei. Sie bestätigte den Erdrutsch, und noch besser: Die Presse wurde eingeladen, sich noch in der Nacht ein Bild der Zerstörung zu machen. Und so machte ich mich in der Nacht nach nur wenigen Stunden Schlaf wieder auf den Weg nach Monnerich.
Vor Ort bot sich ein Schauspiel apokalyptischen Ausmaßes. Der CR106 zwischen Esch und Monnerich hatte sich aufgrund des Drucks durch den Schutt angehoben und musste komplett gesperrt werden. Alle Zufahrtsstraßen zum Crassier waren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeriegelt. Überall standen Einsatzfahrzeuge mit eingeschaltem Blaulicht. Dutzende Feuerwehrmänner mit silbernen Helmen liefen umher. Nach einer kurzen Besprechung ging es dann für die Presseleute in Begleitung des Einsatzleiters und der Polizei auf das großflächig abgesperrte Areal.
Etwas weiter weg von den Einsatzwagen veränderte sich das Szenario komplett. Hier herrschte eine gespenstische Stille. Durchbrochen wurde sie nur durch Bäume, die unter Last der nachrückenden Erdmassen nachgaben und wie Streichhölzer mit einem lauten Knall umknickten. Plötzlich wurde dann über Funk gemeldet, dass sich wieder Erdmassen in Bewegung gesetzt hatten. Aus Sicherheitsgründen mussten wir dann das Areal schnell verlassen.
Zeitaufwendige Analysen
Das gesamte Ausmaß des Erdrutsches wurde erst in den Morgenstunden sichtbar. „Niemand wusste, wie sich die Lage an der Bauschuttdeponie noch entwickeln würde. Gemeindearbeiter haben dann noch in der Nacht Umleitungsschilder aufgestellt. Es sah auch danach aus, als müssten einige Häuser evakuiert werden. Die Statiker gaben jedoch noch in der Unglücksnacht Entwarnung“, erzählte die damalige Bürgermeisterin Christine Schweich ein paar Tage nach dem Erdrutsch in einem Gespräch mit dem Tageblatt. Bei dem Erdrutsch wurde auch der Abwasserkanal beschädigt. Die angrenzenden Wiesen drohten verseucht zu werden. Da galt es schnell zu handeln. In diesem Fall musste sich die Gemeinde eine Pumpe anschaffen, um die Abwässer oberirdisch abzupumpen. Außerdem wurde bei zusätzlichen Analysen radioaktiver Abfall unter dem Bauschutt gefunden.
Weil zusätzlich noch unzählige Analysen durchgeführt wurden, dauerten die Arbeiten ein paar Jahre länger als ursprünglich geplant. Zuerst mussten noch geotechnische Bohrungen und diverse Untersuchungen auf dem Gelände vorgenommen werden, um die Stärke der Bodenschichten zu bestimmen, da es sich um sumpfiges Gelände handelt. Im Oktober 2016 begannen dann aber die ersten Aushubarbeiten für die neue Umgehungsstraße. Der neue CR106 führt um die Stelle des Erdrutsches herum. Beim Bau der neuen Trasse wurde ein Sicherheitsabstand von 40 Metern zur Bauschuttdeponie eingehalten. Im Oktober 2017 wurde sie dann feierlich eröffnet. Auch wenn die Straße wieder für den Verkehr frei ist, so bleiben auch heute noch einige Fragen unbeantwortet. So konnte bislang nicht geklärt werden, wer die Verantwortung für den Erdrutsch trägt.
Das „Crassier“ und seine Geschichte
Als in der Nacht vom 13. auf den 14. März 2014 die Erde rutschte und den CR verschüttete, war allen Beteiligten klar, dass mit dem, was im Volksmund „Crassier“ genannt wird, etwas passieren muss. In Studien bescheinigten Experten dem Gelände wegen der unterschiedlichen Erdschichten übereinander und ihren unterschiedlichen Eigenschaften dauerhafte „Instabilität“. Das gilt vor allem nach starkem Regen und dem damit verbundenen Anstieg des Grundwassers. Es gab auch noch einen „Nachrutsch“ im Januar 2018 im westlichen Teil des insgesamt 23 Hektar großen Geländes. Wegen der unterschiedlichen Eigentums- und Nutzungsverhältnisse kam es erst sechs Jahre nach dem ersten Rutsch zu einer Konvention aller Beteiligten, die die Absicherung des Geländes regelt. Das Gelände gehört dem international operierenden Stahlhändler Arcelor Mittal, die auf Materialaufbereitung und Wiederverwertung spezialisierte Firma Cloos nutzt das Gelände als Bauschuttdeponie. Anrainer ist die Gemeinde Monnerich und die entsprechenden Ressorts der Regierung müssen einer Sanierung und Umwidmung des Geländes zustimmen und sie absegnen. Es gibt also vier Beteiligte. Seit 2006 ist das Gelände eine Deponie. Kontaminierte Schlämme, radioaktives Material, anderer Müll und Bauschutt ruhen unter der grünen Oberfläche.
In der Konvention vom April 2020 ist die damals mit 17,4 Millionen Euro veranschlagte Sanierung festgeschrieben. Sie beinhaltet unter anderem eine Tiefendrainage und ein Wasserauffangbecken in Foetz sowie zum Schluss eine Decke aus saugstarkem Lehmboden. Seit 2020 ist die Firma Cloos wieder aktiv auf dem Gelände und lagert dort Erdaushub, der bei Neubauten anfällt, ab. Von 1,3 Millionen Kubikmetern war 2020 die Rede, die noch fehlen, um das Gelände endgültig zu versiegeln. Auf diesem Teil soll dann ein Solarpark entstehen, der große Teile der Gemeinde mit Strom versorgt. So weit ist es aber noch nicht. (wie)
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