/ Ernte gut, alles gut? Raps und Sommergetreide in Luxemburg litten unter den Wetterkapriolen
Bei der Getreideernte bot sich in diesem Jahr kein einheitliches Bild. Besonders im Norden wurde sie zur Hängepartie. Insgesamt aber herrscht bis auf einige Ausnahmen Zufriedenheit.
Am Mittwoch war in der Mühle der Familie Muller in Kleinbettingen mehr los als üblich. Mehr Autos als sonst parkten vor der Tür und auch im Gebäude herrschte ungewohnter Trubel. Der Grund: die Vorstellung der Erntebilanz für dieses Jahr.
Jean Muller, Direktor des Familienbetriebs „Moulins de Kleinbettingen“, gab Auskunft über den Getreidebau und die Mehlproduktion des Labels „Produit du terroir – Lëtzebuerger Wees, Miel a Brout“. Hier wird viel Wert auf regionale Produkte und den Umweltschutz gelegt. Mit Erfolg: Die Mühle in Kleinbettingen arbeitet mit immer mehr Landwirten aus der Region zusammen. Inzwischen sind es um die 250. Durchschnittlich werden satte 18.000 Tonnen Weizen für regional hergestelltes Mehl geerntet. In diesem Jahr wurden außerdem erstmals 350 Tonnen Bioweizen in Zusammenarbeit mit BIOG geerntet und zu Biomehl verarbeitet.
„Produits du terroir“
Landwirtschaftsminister Romain Schneider (LSAP) lobte das Engagement der „Moulins de Kleinbettingen“. Die hierzulande produzierten Mehle würden zu den besten in Europa zählen. Jetzt gehe es darum, die breite Öffentlichkeit über die Vorzüge der lokalen Mehlproduktion zu überzeugen. Die sogenannten „Produits du terroir“ erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Laut Schneider stellen sie ein riesiges Potenzial dar, unter anderem für interessierte Landwirte.
Was die gesamte Getreideernte betrifft, so bietet sich in diesem Jahr kein einheitliches Bild. Wurde die Ernte im Süden und im Zentrum schon Anfang August beendet, entwickelte sie sich im Norden zu einer wahren Hängepartie. Hier wurde sie teilweise erst Ende August abgeschlossen. Die Hitze und die damit verbundene Trockenheit, die ab Frühling Luxemburg fest im Griff hatten, waren der Grund dafür, dass die Ernten je nach Region und Lage unterschiedlich ausfielen. Insgesamt sei das Resultat aber zufriedenstellend, wurde am Mittwoch betont.
Süden und Zentrum waren schneller
Die Qualität des früh geernteten Getreides war eher durchschnittlich gut. Qualitätseinbußen gab es indes beim zuletzt geernteten Getreide im Norden. Die Hitzewellen Ende Juni , Anfang Juli haben besonders den später abreifenden Kulturen zugesetzt. Die Krankheitsbelastung war erheblich höher als im letzten Jahr. Sie konnte aber laut Verantwortlichen der Ackerbauverwaltung im Griff gehalten werden.
Die erste Wintergerste wurde schon Mitte Juni bei den Annahmestellen angeliefert. Ertrag und Qualität beim Wintergetreide waren gut. Enttäuschung gab es indes beim Raps-Ertrag. Er benötigte viel Wasser und wurde zudem von Soja und anderem Futter verdrängt. Bei den Sommergetreiden fällt die Bilanz durchwachsen aus, weil es nicht genug regnete. Die diesjährige Ernte wurde größtenteils trocken eingefahren, hieß es.
Preise sind niedrig
Laut Klaus Palzkill (De Verband Group – Versis) liegen die Getreidepreise im September deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Der Experte zieht deshalb folgendes Fazit: Die heimische Pflanzenproduktion könne bei Brot- und Futtergetreide nur durch eine regionale Vermarktung gesichert werden. In die gleiche Kerbe schlägt Steve Turmes von der Luxemburger Saatbaugenossenschaft. Laut ihm sei die Saatgutvermehrung bei Weizen, Roggen, Gerste und Hafer 2019 zufriedenstellend. Einig waren sich alle Anwesenden, dass die Nachfrage nach regional hergestellten Produkten steige. Hier bestehe großes Potenzial für die Landwirtschaft.
Bei Kartoffeln und Mais sei es laut ASTA („Administration des services techniques de l’agriculture“) jetzt noch zu früh, um eine Bilanz zu ziehen. Das Resultat soll aber durchwachsen sein, wird befürchtet. Das Gleiche gilt für das Grünland, das Opfer von Hagel und Trockenheit wurde.
Der Klimawandel sei einer der Gründe für die extremen Wetterbedingungen und Temperaturschwankungen, wurde am Mittwoch unterstrichen. Daher sei es wichtig, die Anstrengungen beim Klima- und Umweltschutz konsequent weiterzutreiben. Das sei im Interesse der Landwirtschaft. Parallel wurde geraten, die Produktion nach und nach auf andere Nutzpflanzen wie Soja umzustellen.
Landwirtschaft in Zahlen
Laut Internetseite „Fro de Bauer“ werden von den rund 131.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche ungefähr 62.000 Hektar beackert. Der Rest besteht aus Dauergrünland.
Hauptbestandteil des luxemburgischen Ackerbaus ist der Getreideanbau mit knapp 28.500 ha (21% der landwirtschaftlichen Nutzfläche). Bei den angebauten Getreidearten liegt der Weizen mit mehr als 12.000 ha vorn, gefolgt von der Gerste mit rund 8.300 ha. Daneben werden 4.700 ha Triticale sowie 1.500 ha Hafer und haferbetontes Menggetreide angebaut. Futterpflanzen (Mais, Feldfutter oder Ackergras sowie Futterleguminosen) werden auf etwa 27.000 ha (20% der landwirtschaftlichen Fläche) angebaut.
Die Industriepflanzen (hauptsächlich Raps) umfassen nur 4.800 ha (3,6% der landwirtschaftlichen Fläche). Kartoffeln findet man auf lediglich 700 Hektar. In Luxemburg gibt es etwa 2.000 landwirtschaftliche Betriebe.
Schutz vor Ernteausfall
Ein Ernteausfall kann dramatische Folgen für die betroffenen Landwirte haben. Was kann man dagegen tun? Das Wetter könne man leider nicht ändern, sagte ein Landwirt aus dem Westen. Aber das Abschließen von Ernteausfallversicherungen sei ein sehr probates Instrument, um die landwirtschaftlichen Kulturen gegen extreme Wetterbedingungen zu schützen.
Das Landwirtschaftsministerium beteiligt sich mit bis zu 65 Prozent an der Versicherungsprämie. Die Versicherung wird von der deutschen Gesellschaft „Vereinigte Hagel“ angeboten. Über 30 Landwirte reichen durchschnittlich pro Jahr einen Antrag beim Versicherer ein. Ob eine Prämie gezahlt wird oder nicht, hängt von den Daten der Referenzwetterstationen der ASTA ab.
Die Höhe der Versicherung wird an den Preisindex angepasst. 2018 waren 38.000 Hektar versichert, in diesem Jahr waren es 45.000, Tendenz steigend. Etwa ein Drittel der Anbauflächen würden so geschützt. Vor allem im Weinbau und beim Mais-Anbau werde diese Versicherung viel genutzt, sagte die Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums. 2017 wurde eine solche Prämie für die Grünlandflächen eingeführt. Sie erfreue sich immer größerer Beliebtheit, so die Sprecherin abschließend.
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