Editorial / Es besteht Nachholbedarf in puncto Verkehrssicherheit in Luxemburg
Die Zahl der schweren Verkehrsunfälle in Luxemburg steigt. Von 266 (2022) auf 336 im Jahr 2023. Im Vergleich zu 2010 ist ein Anstieg von 41% zu verzeichnen, wobei die Bevölkerung im gleichen Zeitraum um 31% und die Anzahl der immatrikulierten Fahrzeuge um 37% zunahm. Was bei der Unfallstatistik des vergangenen Jahres noch auffällt, ist der massive Anstieg an schwer verletzten oder getöteten Fußgängern und Radfahrern. 2023 waren das 53 (2022: 36) beziehungsweise 40 Menschen (2022: 28).
Neu ist auch die Verlagerung der Unglücke. 29% aller tödlichen Verkehrsunfälle finden inzwischen innerorts statt. Bei den Unfällen mit Schwerverletzten waren es 2023 gar 52%. Als häufigste Ursache gilt nach wie vor die Geschwindigkeit. Auf Position drei: leichtsinniges beziehungsweise gefährliches Fahren. Der Ruf nach flächendeckenden Tempo-30-Zonen innerorts ist demnach nicht unbegründet, genau wie die im vergangenen Jahr umgesetzte Erhöhung der Strafen beim Benutzen eines Handys hinter dem Steuer. Wie weit verbreitet der Handygebrauch im Straßenverkehr inzwischen ist, kann alltäglich beobachtet werden. Bei einer Kontrolle in Diekirch erwischte die Polizei am Dienstag binnen eineinhalb Stunden sage und schreibe 25 Fahrer am Handy. Auch wenn der Vergleich ein wenig hinkt: Bei der letzten großangelegten Alkoholkontrolle in Esch wurden in eineinhalb Stunden zwei Personen mit zu viel Promille erwischt.
Alkohol und Handy am Steuer gehen jedenfalls gar nicht, da neben der eigenen auch die Sicherheit Unschuldiger gefährdet wird. Es gibt aber auch hausgemachte Probleme. So strich die Straßenbauverwaltung unlängst in Esch ohne Not zwei Fußgängerüberwege (Bahnhof Belval und Industriegebiet Monkeler) und beschwört dort gefährliche Situationen förmlich herauf. Ein Zebrastreifen vor einer Schule wurde von der Gemeinde erst anständig gesichert, als eine Schülerin angestoßen wurde. Und das, obwohl die Gemeinde seit Jahren die Baugenehmigung zur Sicherung des Überwegs hatte.
Die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern sollte ein permanentes Thema in den Verwaltungen der Gemeinden sein, und nicht erst durch Unfälle oder Initiativen wie den „séchere Schoulwee“ in den Mittelpunkt von Lokalpolitikern rücken. Gleiches gilt für eine sichere Radinfrastruktur. Der massive Einsatz von Farbe kann zwar Verbesserungen bringen, doch ist Farbe keine Infrastruktur. Nur vom motorisierten Verkehr getrennte Radwege geben Sicherheit. Diese Forderung ist nicht neu und wird ein wichtiges Thema bei der großen Fahrraddemonstration am Samstag in Luxemburg-Stadt sein. Denn die Sicherheit ist noch immer der Hauptgrund, weshalb Menschen lieber nicht mit dem Rad fahren.
Das größte Problem ist das Verkehrsaufkommen innerorts, das nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Lebensqualität der Bewohner einschränkt. Den motorisierten Verkehr aus den Ortskernen zu verbannen, ist ein erklärtes Ziel des nationalen Mobilitätplans 2035. Auch die Leitlinie „Verkehrsberuhigung“ des Mobilitäts- und des Innenministeriums (2023) hat zum Ziel, mehr Platz für Fußgänger, Fahrradfahrer und Anwohner zu schaffen.
Klar ist, dass es weiter massive Investitionen in den öffentlichen Transport und in die sanfte Mobilität braucht. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob die neue Mobilitätsministerin Yuriko Backes (DP) in die Fußstapfen ihres Vorgängers, des am Mittwoch aus dem Parlament verabschiedeten François Bausch („déi gréng“), tritt. Dieser ließ sich nicht von Kritikern beirren und setzte nie dagewesene Akzente in der Mobilitätspolitik des Landes. Die neue Regierung aber will die Menschen bekanntlich „nicht nerven“, ein Ausbau der sanften Mobilität funktioniert jedoch nur, indem der motorisierte Verkehr Platz abgibt.
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