Holocaust-Gedenktag / „Es ist meine Pflicht, aufzuklären“: Schüler treffen Shoah-Überlebenden Simon Gronowski
Die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau jährt sich am 27. Januar zum 80. Mal. In diesem Zusammenhang fand am Freitag ein Treffen zwischen Schülern und dem belgischen Holocaust-Überlebenden Simon Gronowski statt.
Belgien, April 1943. Der 20. Deportationszug rollt über die Schienen, Endstation Auschwitz-Birkenau. Über 1.600 Menschen sind an Bord, darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen. In der Nähe von Boortmeerbeek, rund 30 Kilometer von Mechelen entfernt, bleibt der Zug plötzlich stehen. Drei Aktivisten aus dem belgischen Widerstand schaffen es, den Zug mithilfe einer improvisierten Signallampe und Luftschüssen anzuhalten und 17 Menschen zu befreien. Vom Eifer der Widerstandskämpfer angetrieben, gelingt weiteren 200 Passagieren die Flucht. Darunter befindet sich auch der elfjährige Simon Gronowski.
„Es ist das einzige Mal, dass sich so etwas in der Geschichte der Shoah ereignet hat“, sagte Mil Lorang von „MemoShoah“ am Freitagnachmittag im Casino in Luxemburg. Drei Schulklassen – eine 2e des Lycée classique d’Echternach, eine 3e des Lycée Bel-Val und eine 4e des Lycée Michel Lucius – trafen dort den heute 93-jährigen Simon Gronowski. Bereits am Vortag hielt der Holocaust-Überlebende eine Konferenz im voll besetzten Auditorium des Cercle Cité. Fast 60 Jahre lang schwieg Gronowski darüber, was ihm im Zweiten Weltkrieg widerfahren ist – über seine Verhaftung von der Gestapo, seinem einmonatigen Aufenthalt in der Dossin-Kaserne von Mechelen, die Reise ins Unbekannte im Deportationszug und über seine jahrelange Flucht vor den Nazis in Belgien. Anfang der 2000er brach er schließlich sein Schweigen – und schrieb seine Geschichte in mehreren Büchern nieder.
Am 27. Januar 2025 jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau zum 80. Mal. In diesem Zusammenhang haben unter anderem das „Zentrum fir politesch Bildung“ und „MemoShoah“ ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt. „Es ist meine Pflicht, aufzuklären“, so Gronowski. „Rechtsextremismus ist eine Gefahr für die Jugend und die Wiege des Hasses. Er muss mit friedlichen Mitteln bekämpft werden.“ Dies gelinge zum einen über Erinnerungsarbeit, zum anderen über Wahlen. „Man sollte keine rechtsextremen Parteien wählen“, sagt er. „Es lebe der Frieden und die Freundschaft unter den Menschen.“
Den Tränen nahe
Die Schüler zeigten sich von Gronowskis Geschichte beeindruckt. „Ich finde es gut, dass man Schüler darüber aufklären kann, wie die Perspektive eines Überlebenden ist“, sagt die 18-jährige Zoé vom Lycée Bel-Val. „Wir haben auch viel mehr erfahren als das, was in manchen Büchern steht. Es wurde viel intensiver darüber berichtet.“ Ihre Mitschülerin Maria (18) pflichtet ihr bei. „Ich finde es wichtig, dass wir solche Aktivitäten machen. Wenn man mit Zeitzeugen darüber redet, kann man sich wirklich in ihre Situation hineinversetzen und sich vorstellen, wie es sich anfühlt, seine Familie verlassen zu müssen und auf sich alleine gestellt zu sein“, sagt sie.
Die Schülerinnen waren besonders berührt vom Moment, als Simon Gronowski bei der Deportation von seiner Schwester getrennt wurde – nicht wissend, dass er sie nie wiedersehen würde. „Ich hatte mehrmals Gänsehaut“, gibt die 19-jährige Chloé zu. „Mir sind beinahe die Tränen gekommen.“ Auch von Gronowskis Friedensbotschaft und Optimismus waren sie beeindruckt. „Trotz seiner Erlebnisse sagt er, dass man positiv denken sollte. Das ist eine wichtige Botschaft, die wir mitnehmen können“, sagt Maria. Die Schülerinnen sind sich einig, dass das Treffen mit dem Holocaust-Überlebenden und das Besuchen der Schauplätze des Zweiten Weltkriegs zu einem besseren Verständnis der Thematik beitragen. „Man sollte Schüler besser darüber aufklären, damit so etwas nicht noch einmal passiert. Wir sind die nächste Generation, die etwas ändern kann“, findet Zoé.
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