Luxemburg / „Es war schockierend“: So erlebten die Menschen in Niederanven und Umgegend den 6. November 2002
Insgesamt 20 Jahre ist der Flugzeugabsturz einer Maschine der Luxair in Niederanven mit 20 Todesopfern her. Ein Unglück, das damals auch an vielen Menschen in der Umgebung nicht spurlos vorbeigegangen ist. Bis heute erinnern sich die meisten noch sehr gut an die Geschehnisse vom 6. November 2002 – wie die Gespräche mit Passanten auf dem Parkplatz eines Supermarktes in Niederanven zeigen.
Vor 20 Jahren stürzte am Morgen des 6. November 2002 über einem Feld in Niederanven ein Passagierflugzeug der Luxair ab und ging am Boden in Flammen auf. Insgesamt 20 Menschen kamen dabei ums Leben. Notfallpläne wurden ausgerufen, mehr als 300 Bedienstete der Polizei und 150 Hilfskräfte waren im Einsatz, zahlreiche Straßen wurden gesperrt. Wer sich heute in Niederanven umhört und mit den Menschen ins Gespräch kommt, merkt schnell, dass die Tragödie fast jedem aus dem Ort und der Umgebung in Erinnerung geblieben ist.
So auch Marc Wirtz aus Roodt-Syr, den man an einem Wochentag im November in der Mittagspause vor einem Supermarkt in Niederanven trifft. Schon vor 20 Jahren lebte der heute 72-Jährige in Roodt-Syr – rund fünf Kilometer von Niederanven und zehn Kilometer vom Luxemburger Flughafen entfernt – und war schon damals an die landenden Maschinen gewohnt. „An dem Tag stand ich mit einem Freund im Garten und es kam ein Flugzeug. Über uns hörten wir ein seltsames Geräusch. ‚So hören die sich normalerweise aber nicht an‘, sagte ich noch zu dem Freund.“
Dieser machte sich dann auf den Nachhauseweg – um nur kurze Zeit später anzurufen und von einem abgestürzten Flieger in der Nähe zu berichten. Vom Absturz selbst hat Marc Wirtz nichts mitbekommen. Auch Nico Backes aus dem nahegelegenen Schüttringen erinnert sich noch an den 6. November 2002. Wegen einer Erkrankung fällt ihm das Reden heutzutage schwer, trotzdem gibt er zu verstehen, wie erschreckend die Situation damals war. Er war an dem Tag mit dem Auto unterwegs und blieb kurz nach dem Unglück an der Unfallstelle an der route de Trèves stehen. „Oh Mamm“, sagt er im Gespräch vor dem Niederanvener Supermarkt immer wieder, wenn er an die Geschehnisse zurückdenkt.
Schock und Panik
Pepino Pucci aus dem französischen Diedenhofen, der heute – wie schon vor 20 Jahren – als Frisör in Niederanven arbeitet, erfuhr durch einen Kunden von dem Absturz. „Ich schnitt gerade einem Journalisten die Haare, als er die Nachricht bekam und sofort da hinmusste. Vom Absturz selbst hatten wir aber nichts mitbekommen“, erinnert sich Pepino Pucci. Und erzählt weiter, dass ein Freund von ihm damals eine Freundin in dem Unglück verloren hat: „Das hat ihn sehr mitgenommen. Es war ein Schock.“ Schlimm findet der 60-Jährige, dass sich die juristische Aufarbeitung der Tragödie so lange hingezogen hat.
Die ebenfalls aus Frankreich stammende Evelyne Ziegler hat am Tag selbst nicht viel vom Unglück mitbekommen. Sie arbeitete damals in Howald, ist jetzt aber in einem Laden in Niederanven beschäftigt. „Eine Kollegin hat mir dann einmal Bilder gezeigt und davon erzählt“, berichtet die 52-Jährige.
Wer sich allerdings noch gut erinnern kann, ist Georges Behm aus Ernster. Seine Tochter und sein Sohn gingen damals in Niederanven zur Schule. „Als wir im Radio davon hörten, war die Panik zuerst groß, da wir nicht wussten, wo der Flieger abgestürzt war. Wir fürchteten, dass es über der Schule gewesen sein könnte“, erzählt er.
Betroffenheit in den Gemeinden
Schon vor 20 Jahren leitete der aktuelle Bürgermeister Raymond Weydert (CSV) die Geschicke in der Gemeinde Niederanven. Er erinnert sich noch daran, als er am 6. November 2002 per Telefon die Nachricht von dem Flugzeugabsturz erhielt. Allerdings befand er sich zu dem Zeitpunkt auf einer Tagung im italienischen Ispra und konnte unmittelbar nach dem Absturz seine Hilfe nur aus der Ferne anbieten. Marie-Josée Frank, die damalige Bürgermeisterin der Gemeinde Betzdorf – deren Gebiet nicht weit entfernt von der Unglücksstelle beginnt –, erinnert sich an den Telefonanruf mit der schrecklichen Nachricht, „als wäre es erst vor einer Minute gewesen“. In den ersten Stunden und in den Tagen danach empfing sie vor Ort unter anderem die Familien der Verstorbenen und spendete Trost. Die Opfer der Katastrophe wurden zunächst in die ehemalige Kapelle von Roodt-Syr in der Gemeinde Betzdorf gebracht. Noch heute schmerzt auch Marie-Josée Frank die Erinnerung an das Erlebte, wie die gelernte Krankenschwester, die in der Palliativpflege gearbeitet hat, erzählt: „Es war dramatisch. Seelisch gesehen war es für mich die größte Herausforderung in den zwölf Jahren meiner Amtszeit.“
Dem 64-Jährigen sind die zahlreichen Straßensperren in Erinnerung geblieben und dass kein Durchkommen möglich war. Georges Behm berichtet weiter: „Per Radio und Fernsehen hat man sich dann informiert. Es war schockierend, denn man rechnet ja nicht damit. Ich fliege zweimal im Jahr und da denkt man sich: ‚Es hätte auch dich treffen können.‘“ Georges Behm hat sogar eine Ausgabe einer Wochenzeitung mit Artikeln zur Tragödie aufbewahrt und diese kürzlich wieder ausgepackt. „Ein hässliches Erinnerungsstück“, sagt er, und beendet das Gespräch vor dem Supermarkt dann mit einem nachdenklichen: „Hoffentlich passiert so etwas nie wieder.“
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