Sicherheit / Esch ist nicht die Hauptstadt der Kriminalität, und trotzdem …
Esch ist nicht die Hauptstadt der Kriminalität. Dennoch wird mit dem lokalen Sicherheitsplan versucht, die Sicherheit und vor allem das Sicherheitsgefühl der Menschen zu verbessern. Ein Balanceakt.
„The Esch Clinics“ nennt sich eine Veranstaltung des Lehrstuhls für die Stadterneuerung Eschs. Am vergangenen Donnerstag hatten Uniprofessor Markus Miessen und seine Studenten das Thema Sicherheit auf den Lehrplan gesetzt. Rede und Antwort standen dabei der Polizei-Regionaldirektor Tom Didlinger, Sozialkoordinator Emmanuel Cornelius und Geograf Joe Birsens, Mitautor des „Observatoire social“ der Stadt Esch.
Nur eine Handvoll der anwesenden Studenten wohnen in Esch, weshalb sie auch wenig Erfahrung mit der Sicherheit oder besser dem Sicherheitsgefühl in der Stadt haben. „Ich habe meine Studentenwohnung in Belval und da fühle ich mich nicht unsicher, höchstens allein“, berichtet ein Erstsemester augenzwinkernd. In der Tat ist die Sicherheit in dicht besiedelten Gegenden ein großes Thema und nicht dort, wo zum Ende des Tages immer weniger Menschen unterwegs sind. Was die Zahlen bestätigen. Geograf Joe Birsens sagt, dass 40 Prozent der Befragten in einer Umfrage über das Studentenleben in Belval und in Esch angaben, sich im Escher Zentrum nicht sicher zu fühlen. In Belval sind es nur 20 Prozent.
Polizei-Regionaldirektor Tom Didlinger unterstreicht das mit der Polizeistatistik für Esch aus dem Jahr 2021. Die aktuellen Zahlen von 2022 seien ähnlich, so Didlinger. Da aber der im März vorgestellte lokale Sicherheitsplan (PLS) auf den Statistiken von 2021 beruhe, wurden diese Zahlen den Studenten präsentiert (siehe Kasten). Doch auch diese Statistiken sind mit Vorsicht zu genießen. Zum Beispiel ist nach ihnen ein Hotspot der Kriminalität in Esch die Luxemburger Straße. Was auf die Ladendiebstähle im hier ansässigen Supermarkt liegt, so Didlinger.
Sicherheit vs. Sicherheitsgefühl
Unter dem Strich kommt heraus, dass Esch kein größeres Problem mit Kriminalität hat als die Hauptstadt oder aber vergleichbare Gemeinden wie Differdingen. Natürlich könne man eine Stadt aber nicht mit der Situation in einem Dorf vergleichen. Erstes Fazit demnach des Nachmittags: Esch ist nicht, wie oft in den Medien oder in den sozialen Netzwerken beschrieben, die Hauptstadt der Kriminalität. Aber es kommt zu Straftaten, zum Teil zu brutalen, wie am Samstag in Belval. Trotzdem müsse „zwischen objektiver und subjektiver Sicherheit unterschieden werden“, so der Escher Sozialkoordinator Emmanuel Cornelius. Denn das, worüber man hier diskutiere, sei in erster Linie das Sicherheitsgefühl der Bürger. „Sicherheit ist sehr subjektiv“, ergänzt Tom Didlinger, „ein Gefühl der Unsicherheit zu haben bedeutet noch lange nicht, in Gefahr zu sein“.
Bei vielen Maßnahmen des lokalen Sicherheitsplans geht es darum, das Sicherheitsgefühl der Menschen zu stärken. Dass Überwachungskameras höchstens zu einer Verlagerung der Kriminalität an einen anderen Ort führen, darüber sind sich die Anwesenden einig. An neuralgischen Stellen eingesetzt, können sie das Sicherheitsgefühl der Bürger aber steigern. Auch Polizeipatrouillen haben diesen Effekt, selbst wenn Tom Didlinger von einem schmalen Grat berichtet, den man dort beschreite. Sind zu wenige unterwegs, könnten sich die Menschen unsicher fühlen. Bei zu viel Polizei entstehe für den Passanten unter Umständen das Gefühl, in einer unsicheren Gegend unterwegs zu sein.
Verstärkte Polizeipräsenz ist jedenfalls eines der Hauptanliegen des PLS. „Ich hoffe, dass sie in diesem Sommer mehr Fußpatrouillen im Escher Zentrum gesehen haben“, sagt Tom Didlinger. In der Tat hat die Aufstockung des Personalbestands bei der Polizei solche Streifen möglich gemacht. Aufgefallen sind sie einigen Studenten schon. Warum die Polizisten in Luxemburg stets in voller Kampfmontur unterwegs seien, wird Didlinger gefragt. Die Luxemburger Polizei trage die schusssicheren Westen im Gegensatz zu Beamten im Ausland über dem Hemd, das sei aber der einzige Unterschied, antwortet der Polizeidirektor.
Drei Hotspots
Fakt ist, dass es in Esch echte Hotspots gibt, die das Unsicherheitsgefühl der Bürger wachsen lassen. In erster Linie sind das Bahnhof, Brill- und Stadthausplatz. Wobei es bei letzterem in erster Linie die Obdachlosen und bei ersterem Jugendliche mit Migrationshintergrund sind, die ein mulmiges Gefühl bei Passanten hinterlassen können. Ob eine solche Aussage nicht diskriminierend sei und diese Menschen nicht eh verstärkt ins Visier der Polizei geraten, will ein Student wissen. „Es ist aber ein Fakt“, erwidert Tom Didlinger, „und wir kennen die meisten ja auch“. „Es gibt eben Plätze, wo das Unsicherheitsgefühl am größten ist. Dort sollen Kameras helfen, dass sich die Menschen sicherer fühlen“, ergänzt Emmanuel Cornelius.
Nach gut zwei Stunden ist die Runde beendet. Ganz überzeugt sind die Studenten nicht. Denn sie haben erfahren, dass die Polizeistatistiken aus verschiedenen Gründen zu relativieren sind, zumal es ja auch noch die Dunkelziffern gibt. Trotzdem ist der lokale Sicherheitsplan auf ihnen aufgebaut. Aber nicht nur, wie Cornelius auf eine entsprechende Frage präzisiert, zahlreiche Akteure hätten ihren Input gegeben. Joe Birsens hatte zuvor die städteplanerischen Maßnahmen beleuchtet. Einen Balanceakt nennt er den schmalen Grat zwischen Sicherheit und defensiver, also ausschließender Architektur. Darunter versteht man u.a. unterteilte Sitzbänke, die es zum Beispiel Obdachlosen unmöglich machen, sich auf ihnen niederzulegen. Auch da geht es um das Sicherheitsgefühl. Und das ist im Gegensatz zur Sicherheit so gut wie gar nicht messbar.
Esch: 3.558 Straftaten im Jahr 2021
Der im März vorgestellte lokale Sicherheitsplan (PLS) wurde von einer Arbeitsgruppe aus 15 Gemeindediensten, der Polizei sowie sechs externen Vereinigungen und Institutionen wie das Jugendhaus oder der Geschäftsverband ausgearbeitet. Er ist auf vier Jahre ausgelegt und hat vier Achsen: Bekämpfung der sogenannten Inzivilitäten, Verbrechensvorbeugung, Erhöhung des Sicherheitsempfindens und Straßensicherheit. Aus den über 100 ausgearbeiteten Maßnahmen wurden von den politisch Verantwortlichen 49 ausgewählt, die allerdings noch immer nicht veröffentlicht wurden.
Der PLS fußt auf den Polizei-Statistiken von 2021. Demnach wurden in dem Jahr insgesamt 3.558 Straftaten in Esch begangen, wovon fast die Hälfte (1.734) Diebstähle waren. 992 waren Straftaten gegenüber Personen. Im Straßenverkehr gab es 1.310 Anzeigen (488 wegen Fahrens ohne nötige Papiere, 29 wegen Fahrens trotz Fahrverbots, 198 wegen eines „délit de grande vitesse“, 304 wegen Alkohol am Steuer). Es kam zu 325 angezeigten Unfällen, der Großteil: (Park-)Unfälle mit Fahrerflucht (213). 52 Personen wurden im Straßenverkehr verletzt, ein Mensch starb.
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„Esch ist nicht die Hauptstadt der Kriminalität“
awer net weit eweg !!
Här Michel wo ist ist denn ihrer Meinung nach in Luxemburg die Hauptstadt der Kriminalität?
Hat sich etwa deswegen Herr Mischo aus dem Staub gemacht und ist in ein Ministerium geflohen ?