Esch / Restaurant „ThaiThai“ schließt nach vier Jahren
Vier Jahre lang brachte das Restaurant ThaiThai ein Stück fremde Kultur nach Esch. Seit zwei Wochen hat das beliebte Lokal im Marco-Polo-Gebäude gegenüber vom Friedensgericht seine Türen geschlossen. Besitzerin A’se Dunbar blickt auf viele Erfahrungen, schöne Erinnerungen, und so manche Hürden zurück.
„Die Menschen sind immer überrascht, wenn sie mich sehen”, ist das Erste, was A’se Dunbar bei dem Gespräch mit dem Tageblatt sagt. „Erstens, weil ich nicht Thai bin, zweitens, weil ich eine Frau bin, und drittens, weil ich nicht alt bin”, lacht sie. Trotzdem hat die 33-jährige Mutter, die gerade im siebten Monat mit ihrem zweiten Kind schwanger ist, das Restaurant vier Jahre lang souverän geleitet.
Probleme hat A’se nie gesehen, immer nur Lösungen. Die Amerikanerin mit afrikanischen Wurzeln strotzt nur so vor positiver Energie. Die Begeisterung, mit der sie von ihrem Restaurant erzählt, macht es schwer, zu begreifen, dass es das ThaiThai nun nicht mehr gibt.
Neue Herausforderung
Angefangen hatte alles 2015. A’se, die vier Jahre lang auf der Hotelschule in Diekirch war und danach Erfahrungen in verschiedenen Sparten des Horeca-Bereiches gesammelt hat, stellt sich einer neuen Herausforderung: Ein eigenes Restaurant.
Ihre Stiefmutter ist Thailänderin. „Und eine großartige Köchin”, schwärmt A’se. Ihre Stiefmutter war es, die sie auf die Idee brachte, ein eigenes thailändisches Restaurant zu eröffnen. „Ich wusste, dass ich meiner Familie damit helfen kann”, sagt die 33-Jährige, die immer zuerst an andere denkt. Ihre Stiefmutter spricht nur Thai und Englisch, wodurch ihre Möglichkeiten auf dem luxemburgischen Arbeitsmarkt eingeschränkt waren. Ihr Bruder war nicht der beste Schüler und könnte durch den Einstieg in den Familienbetrieb wertvolle Berufserfahrung sammeln, so der Plan.
Mit ihrer Stiefmutter als Chefköchin wagt A’se den Sprung in die Selbstständigkeit. „Die Rezepte auf unserer Karte waren ein Mix aus uns beiden”, erklärt die werdende Mutter. Während ihre Stiefmutter die original thailändischen Gerichte beisteuerte, kümmerte sich A’se darum, dass wirklich für jeden etwas auf der Karte zu finden war. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, der wählerische Kunde zu sein”, sagt sie. Deshalb hat sie alles dafür getan, dass sich in ihrem Restaurant niemand als der „nervige Kunde” fühlt.
Wertvoller Kundendienst
Für die Gäste, die nicht Thai essen wollten, setzt sie einen Burger und einen Taco auf die Karte. Außerdem war nichts vorgekocht, sodass wirklich jede Zutat eines Gerichtes vom Koch angepasst werden konnte. Glutenfrei, vegan, sehr scharf oder überhaupt nicht scharf, mit oder ohne Koriander – alles kein Problem für A’ses Team. „Ich wollte einen Kundenservice anbieten, der in Luxemburg leider sehr selten ist“, sagt sie. Das wussten die Escher zu schätzen und hielten ThaiThai vier Jahre lang die Treue. Zu wenig Kundschaft war nie das Problem.
Ein weiteres Qualitätsmerkmal, auf das die 33-Jährige bis heute stolz ist, war die Abwesenheit von Geschmacksverstärkern in ihren Gerichten. Ihre Stiefmutter sei sogar aus vorigen Restaurants rausgeschmissen worden, weil sie sich weigerte, sogenanntes MSG, einen häufig von asiatischen Restaurants genutzten Geschmacksverstärker, zu verwenden. „Ich wollte einfach nichts verkaufen, was ich selbst nicht essen würde”, sagt A’se aus Überzeugung.
Obwohl der individuelle Kundenservice, kombiniert mit der aufgeschlossenen Art der Geschäftsführerin, funktioniert, war es in den vier Jahren nicht immer einfach. Vor etwas mehr als zwei Jahren war das Restaurant-Team extrem unterbesetzt. Damals war A’se gerade schwanger mit ihrem Sohn: Sie arbeitet bis eine Woche vor der Geburt im Restaurant. Einen Monat nachdem ihr Kind zur Welt gekommen ist, schnallt sie es sich um den Bauch und arbeitet weiter. „Ich hatte keine andere Wahl, eine Pause stand überhaupt nicht zur Debatte.”
Mentale Gesundheit
Dass A’se ihren Laden gerade jetzt schließt, hat zu einem Großteil mit ihrer aktuellen Schwangerschaft zu tun. Noch einmal will sie ihren Alltag von damals nicht wiederholen, der sich mit einem Zweijährigen und einem Neugeborenen noch schwieriger gestalten würde. „Ich muss zugeben, dass ich meinen Sohn in den letzten beiden Jahren nicht sehr oft ins Bett gebracht habe”, sagt sie. Auch wenn sie früh zu Hause war, hat sie ständig für die Arbeit telefoniert. Frei hatte A’se eigentlich nie. Dazu kommt, dass der Vertrag ihres Bruders ausläuft und sie erneut einen Personalmangel feststellen muss.
Sie musste sich dazu zwingen, aufzuhören – für sich und für ihre Familie. „Ich habe lange nur dafür gelebt, dass es anderen gut geht”, sagt A’se, „das ist ein Problem und hat sich auf meine mentale Gesundheit ausgewirkt.” Kalt lässt sie die Schließung natürlich nicht; aber sie erlaubt keine Traurigkeit rund um das Baby, wie sie sagt. „Ich bin sehr dankbar für die vergangenen vier Jahre und für all das, was ich gelernt habe.” A’se erreichen täglich Nachrichten von traurigen, aber äußerst dankbaren Kunden, die ihr alles Gute für die Zukunft wünschen. Und wer weiß, was noch kommt. Die Facebook-Seite von ThaiThai bleibt jedenfalls noch online. „Die Option, irgendwann wieder aufzumachen, ist da. Es liegt am Universum, zu entscheiden”, sagt A’se voller Optimismus.
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