/ Escher Zusammenhalt lohnt sich erneut: Das Hochhaus wird nicht in dem Innenhof der Rue des Remparts gebaut
Ungewöhnlich viele Bürger versammelten sich am Freitagmorgen in den Publikumsreihen des Escher Gemeinderates. Viele von ihnen waren Anwohner der kleinen rue des Remparts. Denn auf der Tagesordnung stand die Abstimmung über das Hochhaus, das in ihrem Hinterhof gebaut werden sollte.
Die Escher Bürger haben es erneut geschafft. Das Hochhaus wird nicht gebaut. Genau wie beim Turm am „Portal Eent“ wurde am Freitag das Hochhausprojekt in der Grand-rue vom Gemeinderat abgelehnt, weil die Bewohner auf die Barrikaden gegangen sind. Das geplante Hochhaus hätte nämlich direkt vor die Gärten der Einwohner der kleinen rue des Remparts gesetzt werden sollen. Bürgermeister Georges Mischo (CSV) hatte gleich zu Beginn der Diskussionen den Saal verlassen, weil die Immobilienagentur Bennimmo, die für den Verkauf der Wohnungen zuständig hätte sein sollen, seinem eigenen Schwiegervater Benni Schomer gehört. Mischo wurde somit von der Entscheidung ausgeschlossen.
Schöffe Martin Kox („déi gréng“) legte den Gemeinderäten gleich am Anfang ans Herz, das Teilbebauungsprojekt in diesem Umfang abzulehnen. „Der Innenhof soll frei bleiben“, betonte der Schöffe. Zudem sollen 50 Prozent der Fläche dort begrünt werden.
Mandy Ragni erklärte, dass die beiden Gebäude verbunden werden sollten, um mehr Platz in der geplanten „Maison relais“ zu schaffen. Die Grünen-Schöffin gab jedoch zu, selbst bei den Bewohnern der rue des Remparts gewesen zu sein und gesehen zu haben, wieso das nicht die ideale Lösung sein könne.
Vonseiten der Opposition hagelte es in diesem Zusammenhang heftige Kritik an der Bautenpolitik der Stadt. Es gebe keine rote Linie mehr in der Stadtentwicklung, so Vera Spautz (LSAP). „Ich sehe es kommen, dass wir im Herbst mit weiteren Projekten konfrontiert werden, bei denen wir aufgefordert werden, sie nicht zu stimmen“, so die LSAP-Rätin.
Der unabhängige Rat Dan Codello reichte aufgrund der rezenten Diskussionen rund um die urbanistischen Projekte der Stadt eine Motion ein. Er fordert, dass die Unterlagen der Teilbebauungspläne künftig dem Gemeinderat unter „points à discuter“ vorgelegt werden. Zudem sollen die Informationsversammlungen weiterhin regelmäßig stattfinden sowie eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen werden, bestehend aus einem Team von Urbanisierungsspezialisten und Bürgern. Gemeinsam sollen sie an der Vision „Esch-sur-Alzette au 21e siècle“ arbeiten.
Der Gemeinderat entschied sich zur Erleichterung der Bewohner einstimmig gegen den Teilbebauungsplan „Grand-rue“ und nahm die Motion des unabhängigen Gemeinderates an.
Vor vollendete Tatsachen gestellt
Bürgermeister Georges Mischo kündigte eine punktuelle Änderung des PAP des geplanten Viertels „Rout Lëns“ an. Die Dichte des Wohnraums soll von 205 auf 160 Einwohner pro Hektar reduziert werden. In diesem Zusammenhang informierte er den Gemeinderat, dass in dieser Woche mehrere Architektenbüros gefragt wurden, ob sie am Wettbewerb für die Schule im neuen Viertel teilnehmen wollen. Die Gemeinde begleite die Planung und den Bau. Die Konvention solle noch in diesem Jahr im Gemeinderat besprochen werden.
Henri Hinterscheid kritisierte die Vorgehensweise des Bürgermeisters, den Bau einer Sporthalle und einer Schule vorzustellen, ohne dass die Projekte je im Gemeinderat besprochen worden seien. „Hier findet eine Missachtung des Gemeinderats statt“, regte sich der LSAP-Rat auf, „wir werden hier immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt“. Darauf reagierte Mischo etwas eingeschnappt mit der Aussage: „Wir hätten das Projekt der Sporthalle heute nicht vorstellen müssen.“
Marc Baum („déi Lénk“) kritisierte die Vorgehensweise des Schöffenrates ebenfalls. Wenn die Dichte der Wohnungen verringert werden solle, werfe das ein ganz neues Licht auf das geplante Viertel. Es sei nicht an der Baufirma, über die Einwohnerdichte des Wohnraums zu entscheiden, sondern an der Gemeinde. Außerdem sei nie ein Mobilitätskonzept für das Viertel „Rout Lëns“ ausgearbeitet worden. Ein Problem, an dessen Lösung die Baufirma sicherlich kein Interesse hätte.
Auch mit der Art und Weise, wie die Gemeinde den Bürgern den partizipativen Prozess darlege, zeigte sich Baum nicht einverstanden. Den Ort grün zu gestalten werde als Argument genutzt, um in die Höhe zu bauen. Baum befürchtet, dass das neue Viertel zu einem „zweiten U-Boot neben Belval“ wird.
Terres rouges: älteste Industriebrache
Vera Spautz bestärkte Baum in seinen Aussagen. Diejenigen, die in den Versammlungen gewesen seien, um über das neue Viertel mitzuentscheiden, hätten sich gefühlt wie im Kindergarten. „Ihnen wurden ein paar hübsche Fotos vorgelegt“, so Spautz. Die ehemalige Bürgermeisterin der Stadt bemängelte, dass verschiedene Bürger die Pläne des „Rout Lëns“-Viertels schon gesehen hätten, diese jedoch noch nie im Gemeinderat präsentiert worden seien. „Wir fordern, die Pläne im Herbst hier auf dem Tisch zu haben“, betonte sie.
Der unabhängige Rat Dan Codello erinnerte daran, dass die „Terres rouges“ die älteste Industriebrache im Land ist. Die Mobilitätsfrage müsse unbedingt geklärt werden. Er warnte den Schöffenrat davor, die urbanistische Zukunft der Stadt zu verspielen.
Schöffe Martin Kox betonte, dass sich das Projekt noch in der Entwicklung befinde. Sobald der PAP ausgearbeitet sei, werde er im Gemeinderat ausführlich diskutiert. Es habe öffentliche Versammlungen gegeben, bei denen die Bevölkerung sich einbringen konnte und es sei keineswegs so gewesen, dass bisher alles im Geheimen besprochen wurde. Die Schule sei nun einmal eine Priorität und es dürfe nicht zu viel Zeit verloren werden.
Henri Hinterscheid forderte schlussendlich, dass ein Verkehrskonzept noch vor dem PAP „Rout Lëns“ im Gemeinderat präsentiert wird. Mehrheit und Opposition einigten sich darauf und stimmten sowohl dieser Entscheidung wie auch der partiellen Änderung bezüglich der Einwohnerdichte einstimmig zu.
Südgaz vs. Südstroum
Noch bevor der neunte Punkt auf der Tagesordnung rund um den Konflikt zwischen Südgaz und Südstroum erreicht war, löste er heftige Diskussionen zwischen der CSV-DP-„déi gréng“-Koalition und der Opposition aus. Christian Weis (CSV) forderte im Namen der Koalition, den Punkt komplett von der Tagesordnung zu streichen und auf September zu vertagen. Sein Argument:
Am 15. Juli findet eine Versammlung zwischen dem Schöffenrat, den betroffenen Gemeinden und den Vertretern von Südgaz und Südstroum statt. Es gebe bisher noch keinen neuen Moment. Der Schöffenrat solle am 15. Juli die Möglichkeit haben, ohne Druck an diesen Diskussionen teilzunehmen. Die Mehrheitsparteien stimmten dafür, während die Opposition dagegen stimmte. Der unabhängige Rat Dan Codello hielt gegen das Argument von Christian Weis: „Heute könnten berechtigte Fragen und Anregungen von den Räten gestellt werden, die dem Schöffenrat in der anstehenden Versammlung behilflich sein könnten.“
„Was hier passiert, ist ziemlich außergewöhnlich“, fand Marc Baum („déi Lénk“). Der Gemeinderat habe nicht gewusst, dass die beiden Anbieter in Konkurrenz zueinander stehen. Dies sei ein Fakt, der die Räte in der letzten Sitzung überrascht hat. Marc Hansen (LSAP) beschuldigte die Mehrheitsparteien, ihre demokratische Macht zu missbrauchen. Der Punkt wurde vertagt.
Was sonst noch besprochen wurde
- Abgesehen von der Renovierung der beiden bestehenden Sporthallen in Lallingen soll noch eine dritte daneben gebaut werden. Der Wettbewerb für das Architektenbüro soll noch im Sommer ausgeschrieben werden. Vorgesehen ist eine große Halle mit zwei Sportplätzen und einem kompletten Stockwerk, das nur den Kampfsportarten gewidmet ist.
- Die Machbarkeitsstudie der „Ecole Neiduerf“ wurde vorgestellt. Diese ist zunächst für 70 Kinder geplant, dabei handelt es sich jedoch um eine provisorische Zahl. Das Projekt wird in den kommenden Monaten in den zuständigen Kommissionen weiter ausgearbeitet.
- Die Testphase des sogenannten „Sport- a Kulturbus“ beginnt im kommenden September. Der Bus soll Kinder von bis zu 14 Jahren innerhalb Eschs zu ihren Freizeitaktivitäten wie dem Konservatorium oder den Sportvereinen bringen. Dadurch sollen die Eltern und damit zugleich auch der Verkehr entlastet werden.
- Mike Hansen (LSAP) reichte eine Motion ein, in der er die Gemeinde dazu aufforderte, den Klimanotstand auszurufen. Die Motion wurde von der Mehrheit des Gemeinderats abgelehnt und in die zuständige beratende Kommission weitergegeben.
- Dan Codello setzte einen Punkt bezüglich der CFL-Schalter auf die Tagesordnung. Diese sollen mit der Umsetzung des kostenlosen öffentlichen Transportes 2022 in Esch geschlossen werden. Die Gemeinde sprach sich dafür aus, ein Zeichen zu setzen und zu kommunizieren, dass ein solcher Schalter auch dann noch sinnvoll sein kann.
- Erste Einblicke ins Escher „Bâtiment IV“, wo Cueva an seinem bisher größten Projekt mit 106 Künstlern arbeitet - 24. Oktober 2020.
- Esch will Vorreiter in Sachen Sport werden - 24. Oktober 2020.
- Nach Transition zurück auf der Bühne: Luxemburger überzeugt zum zweiten Mal bei „The Voice of Germany“ - 21. Oktober 2020.
Déi Haeren sollen sech e Baukasten kaafen, da kenen se esou héich bauen wéi se welen.