Editorial / Eschofolies: Vor den EU-Wahlen senden Weis, Knaff, Sehovic und Co. bedenkliche Zeichen
Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Der Spruch lässt für die politische Zukunft der Stadt Esch wenig Gutes erahnen. Ein Steuerbetrüger wird weiter mit Steuergeldern hantieren können. Machterhalt geht in der zweitgrößten Stadt des Landes offenbar vor politischer Aufrichtigkeit. Das lässt sich auch mit zehn Pim Tonics nicht schönsaufen.
Pim Knaff genoss nie den besten Ruf. Das ist ihm offensichtlich weiterhin herzlich wurscht. Gerne lautstark auftretend, zielten seine Angriffe auch abseits der Sitzungen des Gemeinderats nicht selten unter die Gürtellinie. Gewählt wurde der DP-Mann trotzdem weiterhin zuverlässig.
Mit seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und dem Beharren auf seinem Posten des Ersten Schöffen der Stadt steigt Knaff nun in neue Tiefen hinab. Knaffs Verhalten in der Affäre ist so klebrig, dass es kaum verwundert, dass er nicht von seinem Stuhl loskommt.
So weit, so vorhersehbar.
Das wahre Trauerstück ist ein anderes. Knaffs eigene Partei sowie seine Escher Koalitionspartner CSV, vor allem in Person von Bürgermeister Christian Weis, und „déi gréng“ stützen den Mann trotz seiner Verurteilung – und stürzen sich mit in dessen Abgründe. Ob sie da wieder hinausfinden? Keine der drei Parteien zog die Reißleine und sagte sich von ihm beziehungsweise der Dreierkoalition los. CSV, DP und „déi gréng“ senden damit wenige Tage vor den Europawahlen ein Signal, das nicht falscher sein könnte.
In der Causa Knaff samt dem seltsamen Schulterschluss gegen politische Integrität der Escher Koalitionspartner entblößte sogar die Escher ADR ihr politisches Kalkül in einem entwaffnenden Kommentar. „Und dann wundern sie sich, dass wir immer mehr Stimmen bekommen“, zeigte sich ein ADR-Mann am Dienstag überrascht gegenüber dem Tageblatt – und traf damit genau den Punkt, vor dem „déi Lénk“ als Erste und später auch die LSAP warnten: Ein Verhalten à la DP, CSV und „déi gréng“ untergräbt das Vertrauen der Menschen in die Politik. Sie stellen sich über die Regeln des Anstandes. Tun so, als gingen sie allgemeingültige Verhaltensweisen nichts an.
Kurzum: Sie treten auf, als stünden sie, von allen Gewissensmühen befreit, über den „normalen“ Bürgerinnen und Bürgern. Wenige Tage vor einer Europawahl, die viele als die wichtigste seit langer Zeit betiteln. Auch alle Vertreter der genannten Parteien tun das gebetsmühlenartig. Da es darum geht, einen Rechtsruck zu verhindern und jene, die Europa wieder abbauen wollen, von den Brüsseler Schalthebeln fernzuhalten. Und dann wundern sie sich …
Nach dem Wechsel von Ex-Bürgermeister Georges Mischo in die Regierung Frieden schien Esch aufzuatmen. Unter Mischo hatte sich eine bleierne Stimmung über die politische Landschaft der Stadt gelegt. Sein Nachfolger Weis wurde, auch an dieser Stelle, mit Vorschusslorbeeren überhäuft – voreilig, wie es scheint. Am Wochenende steigt mit den völlig überteuerten und null nachhaltigen „Francofolies“-Konzerten Knaffs Prunkprojekt in seine nächste Ausgabe. Finanziert mit Steuergeldern. Den kritischen Künstlern des Kollektivs „Richtung22“ wurde längst der Geldhahn abgedreht. Von Knaff höchstpersönlich.
Die Escher Dreierkoalition hat offenbar ihren moralischen Kompass begraben. Willkommen bei den Eschofolies. So weit, so traurig.
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