EU-Parlament / EU-Bürger sollen nicht mehr auf Kosten der Wälder konsumieren
Das Europäische Parlament (EP) wird heute über eine EU-Verordnung abstimmen, mittels der die weltweite Abholzung von Wäldern bekämpft werden soll.
Immer wieder steht der Anbau von Soja oder die Viehhaltung, vor allem in lateinamerikanischen Ländern, aber auch anderen Teilen der Welt, in der Kritik, da zunehmend mehr Waldflächen dafür abgeholzt werden. Einer Schätzung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge wurden demnach in den Jahren 1990 bis 2020 weltweit 420 Millionen Hektar Wald zerstört, eine Fläche größer als die Europäische Union. Damit geht nicht nur ein großer Verlust an Biodiversität einher, mit der massiven Entwaldung gehen auch riesige Mengen an CO2-Speicher verloren, die im Kampf gegen den Klimawandel dringend benötigt werden.
Dem will die EU nun mit einer neuen Verordnung entgegenwirken, denn Schätzungen zufolge seien zehn Prozent der weltweiten Entwaldung auf den Konsum in der Union zurückzuführen. Die EU-Kommission schlägt daher vor, den Import von sechs bestimmten Produkten zu verbieten, wenn sie auf zuvor abgeholzten Waldflächen angebaut wurden. Die betroffenen Produkte wurden aufgrund einer Impaktstudie bestimmt. Es sind die am meisten in die EU importierten Waren, für die Wälder abgeholzt werden. Es sind dies Palmöl, das einen Anteil von 33,95 Prozent an diesen Gütern ausmacht, gefolgt von Soja (32,83 Prozent), Holz (8,62 Prozent), Kakao (7,54 Prozent), Kaffee (7,01 Prozent) und Rindfleisch (5,01 Prozent).
Die EU-Parlamentarier schlagen vor, weitere Produkte wie Kautschuk, Derivate von Palmöl, Holzkohle und andere Fleischsorten auf die Verbotsliste zu setzen, wie der Berichterstatter im EP, der luxemburgische EP-Abgeordnete Christophe Hansen, uns gestern erklärte. Später sollten ebenfalls Zucker und Methanol berücksichtigt werden. Zudem soll nach Ansicht der EP-Abgeordneten das Anwendungsgebiet ausgeweitet werden. Zunächst auf weniger dicht bewaldete Gebiete, nach der Vorlage einer Impaktstudie zum neuen Gesetz durch die EU-Kommission, auf Moore und Sumpfgebiete, die ebenfalls eine wichtige Rolle beim Erhalt der Biodiversität spielen.
Allerdings befürchtet Christophe Hansen, dass die Einbeziehung weiterer Produkte bei den anstehenden Verhandlungen mit dem Rat der EU-Länder nicht duchgesetzt werden kann. Während der Debatte über die Verordnung gestern im EP in Straßburg bremste EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius die Ambitionen der Parlamentarier. Er wolle das System nicht „überfrachten“ und „schrittweise“ vorgehen. Er befürchtet, dass die Verordnung auf internationaler Ebene rechtlich angegriffen werden könnte. Allerdings zeigte sich Virginijus Sinkevicius offen dafür, aufgrund neuer Daten das Anwendungsgebiet auszuweiten.
Rechte der indigenen Bevölkerung berücksichtigen
Christophe Hansen hob hervor, dass Änderungen der EP-Abgeordneten an der Verordnung die Grundstücksrechte der indigenen Bevölkerungen und deren Nutzungsgewohnheiten berücksichtigten, die in bestimmten Ländern wie etwa Brasilien internationalen Standards hinterherhinken würden. Zudem wollen die EP-Abgeordneten Kleinbauern, die 80 Prozent der Produzenten ausmachten, finanziell und technisch unterstützen.
Es wird an den Herstellern liegen, den Nachweis zu erbringen, dass ihre Produkte nicht von Flächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt wurden. Das Stichdatum wurde gewählt, um zu verhindern, dass vor dem Inkrafttreten der EU-Regelung noch zusätzliche Flächen für den Anbau von Produkten, die für den EU-Import bestimmt sind, abgeholzt werden. Zur Kontrolle sollen unter anderem moderne Satellitentechnik und damit verbundene Technologien eingesetzt werden. Zudem sollen bestimmte Länder strenger kontrolliert werden als andere. Die Verordnung zur Bekämpfung der weltweiten Entwaldung kann als Ergänzung zum Lieferkettengesetz angesehen werden und sollte an dieses angepasst werden, forderte Christophe Hansen gestern.
Der luxemburgische EP-Abgeordnete geht davon aus, dass das vom EP abgeänderte Gesetz heute angenommen wird. Danach werden die Verhandlungen mit dem Rat beginnen, die, so die Hoffnung des EU-Umweltkommissars, noch in diesem Jahr abgeschlossen werden könnten. Dann könnte das Gesetz bereits im kommenden Jahr in Kraft treten.
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