Gipfeltreffen / EU droht Moskau mit „massiven Konsequenzen“
Bis spät in die Nacht berieten die EU-Staats- und Regierungschefs gestern in Brüssel. Große Entscheidungen standen zwar keine an, doch wurde mit gewisser Spannung darauf gewartet, wie die 27 auf den russischen Truppenaufmarsch an der Ostgrenze zur Ukraine reagieren würden. Die Lösung praktischer Fragen wurde von ihnen in Sachen Corona erwartet.
Wie es bereits die EU-Außenminister zu Beginn der Woche getan hatten, riefen ebenfalls die EU-Staats- und Regierungschefs die russische Führung „dringend“ zur Deeskalation der Spannungen an der ukrainischen Grenze auf. Kiew erhielt noch einmal die Zusage der 27, dass sie die Souveränität und territoriale Integrität des Landes unterstützen würden. Und Drohungen gegenüber Moskau wurden ebenfalls wiederholt: „Jede weitere militärische Aggression gegen die Ukraine wird massive Konsequenzen und hohe Kosten“ nach sich ziehen, hielten die Gipfelteilnehmer in ihrer Schlusserklärung fest. Restriktive Maßnahmen würden mit Partnern abgestimmt. Unmittelbare Sanktionen wurden somit keine angekündigt. Dagegen hatten sich neben dem neuen österreichischen Kanzler Karl Nehammer ebenfalls der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel ausgesprochen. Er plädierte vielmehr dafür, den Dialog mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu suchen.
Darauf setzen die 27 und sprechen sich dafür aus, das im sogenannten Normandie-Format zu tun, dem neben Russland und der Ukraine noch Deutschland und Frankreich angehören. Bereits am Vortag hatten der französische Präsident Emmanuel Macron und der deutsche Kanzler Olaf Scholz am Rande des Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij geredet. Die EU-Chefs drängen darauf, den ukrainischen Konflikt möglichst im Normandie-Format zu regeln. Denn mit Verbitterung mussten sie in den vergangenen Tagen feststellen, dass Putin es vorzieht, mit US-Präsident Joe Biden über die Sicherheit in Europa zu reden.
Allerdings nimmt es Moskau nach dem Urteil des sogenannten Tiergarten-Prozesses in Berlin, Deutschland übel, dass dabei der Vorwurf erhoben wurde, die russische Regierung sei in den Mord an einem Georgier tschetschenischer Herkunft verstrickt. Moskau könnte das als Vorwand nehmen, um sich vorerst einem Treffen des Normandie-Formats auf höchster Ebene zu entziehen. Das Urteil in Berlin jedoch bewog gestern den luxemburgischen Premier dazu, sich offen für eine europäische Reaktion darauf zu zeigen. Dabei verwies Bettel auf den Fall Skripal im Jahr 2018, als nach einem Giftanschlag auf den früheren Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter Julia die EU Sanktionen gegen zwei hohe Vertreter des russischen Militärgeheimdienstes GRU verhängten. Zudem wiesen mehrere EU-Staaten als weitere Maßnahme russische Diplomaten aus. Luxemburg beteiligte sich nicht daran, rief aber seinen Botschafter „zu Gesprächen“ nach Luxemburg zurück.
Booster-Impfungen „dringend“ geboten
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben angesichts der schnellen Ausbreitung der neuen Corona-Variante Omikron dazu aufgerufen, Booster-Impfungen durchzuführen. Das sei „kruzial“ und „dringend“ geboten. Zudem wollen sich die 27 über die Geltungsdauer der Covid-Zertifikate abstimmen. Die Kommission dürfte bereits am kommenden Montag über einen sogenannten delegierten Rechtsakt die Gültigkeitsdauer des Covid-Zertifikats auf neun Monate festlegen. Medienberichten zufolge sollte dies ab Februar gelten, falls sich keine qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten dagegen ausspricht. In Frankreich allerdings soll der sogenannte „pass sanitaire“ bereits nach sieben Monaten nach der zweiten Impfung auslaufen, wenn keine Booster-Impfung vorgenommen wird. Diese Regelung gilt seit vergangenem Mittwoch für Personen ab 65 Jahren. Ab dem 15. Januar kommenden Jahres gilt die Bestimmung für alle Personen ab dem 18. Lebensjahr.
Eine Empfehlung vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) besagt, dass sechs Monate nach einer zweiten Impfdosis eine Auffrischung erfolgen sollte. Um den Mitgliedstaaten genügend Zeit zu lassen, die Auffrischungsimpfungen zu organisieren, wurden weitere drei Monate anberaumt, womit die Dauer von neun Monaten zustande kam. Allerdings wurde noch nicht festgelegt, wie lange das Covid-Zertifikat nach der Booster-Impfung gültig sein soll.
Des Weiteren riefen die 27 dazu auf, Einschränkungen der Reisefreiheit zwischen den EU-Mitgliedstaaten nicht „unverhältnismäßig“ zu erschweren, wie es weiter in den Gipfel-Schlussfolgerungen heißt. Denn neben Portugal und Italien sollen der Nachrichtenagentur AFP zufolge auch Irland und Griechenland von Geimpften bei der Reise zusätzlich einen negativen PCR-Test verlangen. Luxemburg lehnt eine solche Maßnahme ab, die vor allem wegen der hohen Zahl an Grenzgängern weder durchführbar noch zu kontrollieren ist.
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