Moldau / EU-Referendum und Präsidentenkür könnten Abschied von Moskau besiegeln
Der EU-Anwärter Moldau steht vor einer Richtungswahl. Die Präsidentenkür und der Volksentscheid zum anvisierten EU-Beitritt könnten den Abschied von Russland besiegeln – und die Teilung des Landes zementieren. Erwartet wird ein Sieg der EU-Befürworter. Doch Moskau mischt im Stimmenstreit kräftig mit.
Vor den wichtigsten Wahlen in der Geschichte der Republik Moldau kann die proeuropäische Staatschefin Maia Sandu zumindest auf die Unterstützung Brüssels zählen. Rechtzeitig vor der Präsidentenkür und dem Referendum zum anvisierten EU-Beitritt am Sonntag sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei ihrer Visite in Chisinau in der letzten Woche dem EU-Anwärter satte 1,8 Milliarden Euro in den nächsten zwei Jahren zu. Das Paket habe das Potenzial, „die Größe der Wirtschaft zu verdoppeln“, so ihre frohe Wahlkampfbotschaft.
Die großzügige Schützenhilfe kommt der 52-jährigen Amtsinhaberin vor der Richtungswahl in dem 2,5 Millionen Einwohner zählenden, zwischen Rumänien und der Ukraine liegenden Binnenstaat gelegen. Zwar liegt die prowestliche Hoffnungsträgerin der regierenden PAS im elfköpfigen Kandidatenfeld in den Umfragen mit 36 Prozent der Stimmen klar vor ihrem größten Rivalen, dem russophilen, von der sozialistischen PSRM unterstützten Ex-Generalstaatsanwalt Alexandru Stoianoglo, der bei rund zehn Prozent notiert.
Doch nicht nur, weil die Favoritin vermutlich in die Stichwahl muss, liegen vor der doppelten Richtungswahl im geteilten Land die Nerven blank: Auch im Stimmenstreit vor dem gleichzeitig angesetzten Referendum über die Festschreibung des EU-Beitritts in der Verfassung mischt Moskau kräftig mit.
63 Prozent der Moldauer sollen sich laut Umfragen zwar für einen EU-Beitritt aussprechen. Doch der Verdacht massiver Manipulationen und des versuchten Stimmenkaufs wird auch durch die 15 Millionen US-Dollar genährt, die in den letzten Wochen allein von der russischen Promswjasbank (PSB) auf die Konten zehntausender Moldauer geflossen sein sollen: Die PSB gilt als Spezialbank für staatliche Rüstungs- und Großaufträge.
Jahrzehnte kaum Interesse am Land
Mehrere prorussische Präsidentschaftskandidaten ohne Siegeschancen sollen zudem von dem Justizflüchtling und im russischen Exil lebenden Oligarch Ilan Schor unterstützt werden. Wegen milliardenschwerer Finanzmanipulationen war der 37-Jährige im letzten Jahr in Abwesenheit in zweiter Instanz zu 15 Jahren verurteilt worden. Kurz darauf wurde seine Schor-Partei vom moldauischen Verfassungsgericht verboten.
Bis auf das benachbarte Rumänien hatten die EU-Partner der verarmten Moldau jahrzehntelang kaum Beachtung geschenkt: Die Beitrittsperspektiven des durch den Dauerkonflikt mit den russophilen Separatisten in dem 1990 abgesplitterten Transnistrien geschwächten EU-Nachbarn schienen ohnehin nur gering.
Erst als nach Russlands Angriff auf die Ukraine im Frühjahr 2022 zeitweise auch eine Invasion der Republik Moldau drohte, begann sich die EU um eine entschlossenere Stärkung der Bande zu Chisinau zu bemühen: Wie die Ukraine wurde das Land im Juni 2022 offiziell zum EU-Beitrittskandidat erklärt.
Ein klares Ja zu einem in der Verfassung festgeschriebenen EU-Beitritt beim Referendum könnte den endgültigen Abschied von Russland besiegeln, aber auch die Teilung des Landes vorläufig weiter zementieren: In dem östlich des Dnister gelegenen, von Moskau kontrollierten Parastaat Transnistrien, in dem Chisinau nichts zu melden hat, leben auf zwölf Prozent des Staatsterritoriums mit 375.000 Menschen rund 17 Prozent der Bevölkerung.
Triste Lebensverhältnisse
Ein nur knapper Erfolg bei der Doppelwahl könnte sich für Sandu und die proeuropäischen Kräfte als Pyrrhussieg entpuppen: Vor der Parlamentswahl im nächsten Jahr könnten die prorussischen Kräfte neuen Auftrieb erhalten.
Für Sandu spricht, dass sie den für die Moldau eigentlich fatalen Ukraine-Krieg geschickt dazu genutzt hat, die internationale Position und die EU-Perspektiven ihres Landes zu stärken: Entschlossen hat sie die 2022 noch von der Einverleibung durch Moskau bedrohte Moldau in Richtung Westen gelotst.
Zu schaffen machen der ersten Präsidentin der moldauischen Geschichte im Stimmenstreit jedoch nicht nur die Desinformationskampagnen und der „Schattenkrieg“ Moskaus. Der vor ihrer Wahl 2020 versprochene Aufschwung ist ebenso ausgeblieben wie sichtbare Ergebnisse im gelobten Kampf gegen die Korruption. Enttäuschte Wähler könnten zu Hause bleiben oder für die russophile Konkurrenz stimmen. Denn an den tristen Lebensverhältnissen der meisten Moldauer hat sich in den letzten vier Jahren kaum etwas geändert.
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