Sondergipfel / EU-Staaten befassten sich mit der Finanzierung ihrer Sicherheit

(v.l.) Der polnische Premierminister Donald Tusk, der EU-Ratspräsident António Costa und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach dem Gipfeltreffen
Der Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Montag befasste sich fast ausschließlich mit der Verteidigung. Nun wird ein Weißbuch zum Thema abgewartet, das im März vorliegen und die Marschroute für die 27 vorgeben soll.
Donald Trump ist nicht das erste Mal US-Präsident, insofern dürften für einige der Gipfelteilnehmer die Diskussionen über die Verteidigungsausgaben nicht neu sein. Dennoch hat sich offensichtlich seit Trumps erstem Mandat nicht allzu viel getan. Erst der russische Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine war eine Art Weckruf für die EU-Europäer, mehr für ihre eigene Sicherheit zu tun. Doch auch das war bereits vor fast drei Jahren. Nun aber wollen die 27 handeln und ihre Verteidigung selbst in die Hand nehmen.
Immerhin: Zwischen 2021 und 2024 seien die Verteidigungsausgaben der EU-Staaten um 30 Prozent gestiegen. Die 23 EU-Staaten, die ebenfalls der NATO angehören, würden mittlerweile „im Durchschnitt“ zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung aufwenden, sagte EU-Ratspräsident António Costa nach dem Sondergipfel. Es müsse nun in diese Richtung weitergehen. Das Zwei-Prozent-Ziel hatte die NATO bereits 2014 vorgegeben. Allerdings dürfte diese Zielvorgabe nun nicht mehr reichen. Es werde derzeit analysiert, wie groß die Kluft in den NATO-Mitgliedstaaten sei, sagte der Generalsekretär der transatlantischen Allianz, Mark Rutte, der ebenfalls am Treffen der 27 teilnahm. Doch er weiß jetzt bereits: „Es werden mehr als zwei Prozent sein“, die die NATO-Staaten für ihre Verteidigung künftig aufwenden müssten. Trump hat, noch bevor er wieder im Weißen Haus saß, fünf Prozent gefordert. Dazu wird es jedoch wohl kaum kommen. Selbst Polen, das viel früher auf die gewaltsame Expansionspolitik des Kreml reagiert hatte, gibt derzeit vier Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung aus, wie der polnische Regierungschef Donald Tusk in Brüssel erklärte.
Die Finanzierung der Verteidigung ist ein zentrales Thema, das auf verschiedenen Wegen angegangen werden soll. Erst einmal sollte jedes EU-Land selbst sehen, wie weit es sein Verteidigungsbudget erhöhen kann. Dabei will die EU-Kommission den Mitgliedstaaten jedoch entgegenkommen. Sie sei bereit, auszuloten, wie „die gesamte Bandbreite an Flexibilität, die der neue Stabilitäts- und Wachstumspakt bietet“, ausgenutzt werden kann, damit die EU-Staaten ihre Verteidigungsausgaben erhöhen können, versprach die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Denn der Pakt sehe vor, dass in außergewöhnlichen Zeiten mehr Flexibilität bei der einzelstaatlichen Haushaltsgestaltung möglich sei. „Und wir sind in außergewöhnlichen Zeiten“, stellte die EU-Kommissionschefin fest.
Gemeinsame Aufgaben, gemeinsame Finanzierung
Mittelfristig dürften jedoch auch finanzielle Mittel aus dem EU-Haushalt für Verteidigungsausgaben bereitgestellt werden. Zumindest stellte António Costa in Aussicht, dass mit dem neuen mehrjährigen EU-Haushaltsplan ab dem Jahr 2028 die Verteidigungsausgaben ein „wichtiges Thema“ sein werden. Zudem wollen die 27 zunehmend die Europäische Investitionsbank (EIB) für die Finanzierung von Projekten einbinden. Allerdings schließt die EIB aus, „Waffen, Munition und Ausrüstung für ausschließlich militärische Zwecke“ zu finanzieren. Im Gespräch sind aber auch die gemeinsame Finanzierung von gemeinsamen Projekten. Dabei schloss der luxemburgische Premierminister Luc Frieden aus, dass es zu diesem Zweck zur Auflage sogenannter „Eurobonds“ kommen werde.
Donald Tusk versprach, die Arbeiten zur Finanzierung der Verteidigungsausgaben während der laufenden polnischen EU-Ratspräsidentschaft zu beschleunigen. Polen hat auch ein handfestes Interesse daran. So haben Polen und Griechenland im vergangenen Jahr eine Initiative für eine gemeinsame Luftabwehr lanciert. Diese sei von allen Partnern begrüßt worden, so Donald Tusk nach dem Sondergipfel. Der vorerst „östliche Schutzschild“ könnte sich von der Ostsee auch über die Nordsee erstrecken. Da es sich dabei um eine „gemeinsame Aufgabe“ handele, müsse auch die Finanzierung eine gemeinsame sein, deutete der polnische Regierungschef an.
Beim Gipfeltreffen ging es aber auch um andere Themen, etwa wie die europäische Verteidigungsindustrie gestärkt werden kann, wobei Luc Frieden wie der französische Präsident dafür plädierte, „mehr europäisch“ zu kaufen. Die EU-Kommissionschefin wiederum regte eine Kooperation mit der ukrainischen Rüstungsindustrie an. Die verfüge vor allem im Bereich von Drohnen über ausreichend Erfahrung auf den Schlachtfeldern.
Was nun im Weißbuch stehen wird, das der neue EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius im März vorlegen wird, fasste António Costa folgendermaßen zusammen: Wie kann budgetärer Spielraum geschaffen werden, um mehr in die Verteidigung zu investieren? Wie können gemeinsame Projekte gemeinsam finanziert werden und wie kann private Finanzierung für Investitionen in die Verteidigung mobilisiert werden?
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