Drohender Lieferstopp / EU-Staaten einigen sich auf Gas-Notfallplan: Luxemburger Gasverbrauch um acht bis neun Prozent zurückgegangen
Die EU-Staaten haben sich auf das von der EU-Kommission vor rund einer Woche vorgeschlagene Gas-Sparziel geeinigt. Der Notfallplan der Kommission, mit dem die EU-Staaten auf einen russischen Gas-Lieferstopp reagieren wollen, wurde nach einigen Änderungen angenommen.
Angesicht des Umstandes, dass die Kremlführung in Moskau Gas zunehmend als Druckmittel einsetzt und seine Lieferungen an die EU-Staaten zunehmend reduziert, haben sich diese am Dienstag auf einen Notfallplan geeinigt. Allerdings kam die Einigung nur aufgrund verschiedener Ausnahmeregelungen gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag zustande. „Heute senden wir ein starkes Signal nicht nur an Wladimir Putin, (…) sondern, noch wichtiger, an unsere Bürger“, zeigte sich der amtierende EU-Ratsvorsitzende und tschechische Industrieminister Jozef Sikela mit der Einigung zufrieden.
Demnach sollen die EU-Staaten zwischen dem 1. August und zum 31. März 2023 auf zunächst freiwilliger Basis 15 Prozent ihres Gasverbrauchs einsparen. Als Grundlage dient der Durchschnittsverbrauch der letzten fünf Jahre im gleichen Zeitraum. Die Regelung gilt für ein Jahr und wird im Mai kommenden Jahres einer Überprüfung unterzogen.
Ausnahmeregelungen gelten für die EU-Inselstaaten Irland, Malta und Zypern, da sie nicht mit dem europäischen Gasnetzwerk verbunden sind und somit nicht andere Staaten bei Gasknappheit unterstützen können. Eine Ausnahme gelte auch für die baltischen Staaten, da diese an das russische Stromnetz angebunden seien, erklärte Jozef Sikela. Die baltischen Staaten sollten aber alle Mittel nutzen können, um ihr Stromnetz funktionsfähig zu halten, sollten sie vom russischen Stromnetz abgekoppelt werden. Zudem sollen EU-Länder, die ihre Gasspeicher über die vorgeschriebene Menge auffüllen oder über eine beschränkte Interkonnektivität zu anderen EU-Mitgliedstaaten verfügen, von einer Ausnahmebestimmung profitieren.
Turmes: Gasverbrauch bereits zurückgegangen
In Luxemburg sei der Gasverbrauch bereits um acht bis neun Prozent zurückgegangen, was vor allem darauf zurückzuführen sei, dass die hiesige Industrie auf die gegenwärtigen Preisentwicklungen auf dem Gasmarkt reagiert habe, erklärte uns der luxemburgische Energieminister Claude Turmes, der am Dienstag an der Sondersitzung der EU-Minister in Brüssel teilgenommen hat. Um die restliche Menge bis zum vorgegebenen Sparziel einzusparen, werde er mit anderen Regierungsmitgliedern wie François Bausch, Taina Bofferding und Lex Delles, aber auch mit Energielieferanten und anderen Akteuren nach Wegen suchen, um weitere Einsparmöglichkeiten zu finden. Zudem werde eine Energiesparkampagne ausgearbeitet, die im Herbst präsentiert werden soll, so Turmes weiter. Der versicherte, dass sich Luxemburg solidarisch mit anderen, stärker von einem eventuellen Lieferstopp betroffenen EU-Staaten verhalten werde.
Das 15-Prozent-Einsparziel basiere auf einer Modellrechnung, die unter anderem von den europäischen Gasnetzbetreibern vorgenommen worden sei, und entsprechen 45 Milliarden Kubikmetern Gas. Es sei aber schwierig vorauszusagen, wie viel Gas im Winter gebraucht werde, meinte gestern die EU-Energiekommissarin Kadri Simson nach der Ratstagung. Dies hänge unter anderem von den Temperaturen im Winter und zusätzlichen alternativen Gaslieferungen ab, die die EU in den kommenden Monaten erreichen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten bemühen sich seit Wochen darum, andere Gaslieferanten zu finden oder zusätzliches Gas in anderen Lieferländern als Russland zu bestellen. Turmes gab sich beim Eintreffen im Brüsseler Ratsgebäude zuversichtlich. Die EU-Länder müssten noch diesen Winter und im kommenden Jahr über die Runden kommen, „und dann bye-bye russisches Gas“, so der luxemburgische Energieminister.
Luxemburg gemeinsamer Gasmarkt mit Belgien
Sollte es in den kommenden Monaten dennoch zu einer ernsthaften Verknappung von Gas in der EU kommen, kann ein sogenannter „Unionsalarm“ ausgelöst werden. Dies könnte auch der Fall sein, wenn mindestens fünf EU-Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene einen Gasnotstand feststellen. Dann müssten Reduzierungsmaßnahmen eingeführt werden und es könnte zu verpflichtenden Einsparzielen kommen. Turmes versicherte, dass in einem solchen Fall private Haushalte zu den geschützten Kunden zählen würden. Zudem würden lebensnotwendige und kritische Einrichtungen, etwa im Gesundheitswesen, von solchen Maßnahmen ausgenommen werden, wurde in Brüssel weiter beschlossen.
Der Energieminister wies gestern zudem darauf hin, dass Luxemburg seit drei Jahren mit Belgien in einem gemeinsamen Gasmarkt verbunden ist und sein Gas über den Hafen in Zeebrugge bezieht, eine Anlaufstelle für Gas aus Norwegen sowie Flüssiggas (LNG). Noch am Dienstag traf sich Claude Turmes mit seiner belgischen Amtskollegin Tinne van der Straeten zu einem bilateralen Gespräch. Diese Zusammenarbeit hat offenbar auch handfeste Vorteile. Denn derzeit sei das Gas in Zeebrugge um 30 bis 40 Euro pro Megawattstunde billiger als etwa auf dem deutschen Gasmarkt, sagte der luxemburgische Grünen-Politiker.
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„30 bis 40 Euro pro Megawattstunde billiger als…“
Jetzt versteh was die freundliche Dame am Telefon von Südenergie meinte mit, es sei aus weiser Voraussicht, dass man meine Gasrechnung um 136% seit Juni 21 erhöht hätte.