Europaparlament / EU-Verordnung: Kein Konsum mehr auf Kosten der Wälder
Die EU-Bürger sollen mit ihrem Konsum nicht mehr zur weltweiten Abholzung von Wäldern beitragen. Darauf zielt eine EU-Verordnung ab, die derzeit vom luxemburgischen EVP-Abgeordneten Christophe Hansen als Berichterstatter im Europäischen Parlament (EP) bearbeitet wird.
„Wenn wir es ernst meinen mit dem Kampf gegen den Klimawandel, müssen wir uns auch um die Wälder kümmern“, sagt Christophe Hansen. Und verweist darauf, dass in den Jahren 1990 bis 2020 weltweit an die 420 Millionen Hektar Wald abgeholzt wurden, eine Fläche mindestens so groß wie die Europäische Union. Damit wurde nicht nur der Lebensraum vieler Pflanzen und Tiere oder, wie in Lateinamerika, von Ureinwohnern zerstört. Neben dem Schaden für die Biodiversität gehen durch die massive Entwaldung auch riesige Mengen an CO2-Speicher verloren, die zur Erreichung der Ziele gegen den Klimawandel dringend benötigt werden. Dem Weltklimarat zufolge sollen die Entwaldung sowie die Schädigungen von Wäldern für elf Prozent der Treibhausgase verantwortlich sein.
Rund zehn Prozent der weltweiten Entwaldung sind dem Konsum der Menschen in der Europäischen Union geschuldet. Dabei geht es nur in einem geringen Maß um das Holz selbst. Einer Impaktstudie der EU-Kommission zufolge sind es vor allem das in der EU konsumierte Palmöl (33,95 Prozent) und das Soja (32,83 Prozent), für die Wälder abgeholzt werden. Es folgen Holz (8,62 Prozent), Kakao (7,54 Prozent), Kaffee (7,01 Prozent) und Rindfleisch (5,01 Prozent). Die EU-Kommission schlägt daher vor, den Import dieser Produkte in die EU zu verbieten, sollten sie auf Flächen angebaut worden sein, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt wurden. Das Stichdatum wurde gewählt, um zu verhindern, dass vor dem Inkrafttreten der EU-Regelung noch zusätzliche Flächen für den Anbau von Produkten, die für den EU-Import bestimmt sind, abgeholzt werden. Christophe Hansen will der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Liste noch Kautschuk und Papier hinzufügen.
„Es wird eine Herausforderung, dies zu kontrollieren“, gesteht der EU-Parlamentarier ein, was vor allem Mehrarbeit für die Zollbehörden bedeuten würde. Helfen könnten dabei moderne Satellitentechnik und damit verbundene Technologien. Christophe Hansen verweist zudem darauf, dass bereits jetzt gentechnikfreie Lebensmittel angeboten werden, deren Anbau ebenfalls kontrolliert werde. Die EU-Kommission sieht in ihrem Vorschlag vor, die Herkunftsländer der gelisteten Produkte nach drei Risikokategorien einzustufen. Hansen befürchtet jedoch, dass diese Einstufungen vor der Welthandelsorganisation angefochten werden. Er schlägt daher vor, nur den Erzeugern aus jenen Produktionsländern einen vereinfachten Zugang zum EU-Markt zu geben, die das geringste Risiko für entwaldungsfreie Lieferketten bieten können. Das würde gleichzeitig auch einen Anreiz für andere Länder schaffen. In der EU wird der erste Importhändler für die Einhaltung der neuen Regeln verantwortlich sein.
Neue Regel möglicherweise 2023 in Kraft
Beim Kakao-Anbau will der EVP-Abgeordnete die Regeln auf alle Produzenten anwenden, bei denen es sich bis zu 80 Prozent um kleine Bauern handelt. Er plädiert jedoch dafür, dass die kleinen Produzenten finanziell und technisch unterstützt werden, um sich auf die neuen Regeln einstellen zu können. Auch die Rechte indigener Bevölkerungen sollen ebenso berücksichtigt werden wie ihre Nutzungsgewohnheiten der Wälder, in denen sie leben.
Während die EU-Kommission vorschlägt, die Produkte zu zerstören, die nicht der entwaldungsfreien Lieferkette entsprechen, will Christophe Hansen diese an andere Drittstaaten weiterleiten. „Es wäre unverantwortlich, diese Produkte zu vernichten“, sagt der EP-Abgeordnete. Er empfiehlt zudem eine Revisionsklausel, damit in zwei Jahren anhand einer Impaktstudie festgestellt werden kann, ob nicht auch andere Produkte gelistet werden müssten. So gibt er zu bedenken, dass britische Hühnerfarmen sehr wohl Soja verwenden könnten, das nicht den EU-Regeln entspreche. Was sich durchaus zum Nachteil von Hühnerzüchtern in der EU entwickeln könnte. Denn Christophe Hansen schließt nicht aus, dass die entwaldungsfreie Lieferkette zu einem Preisanstieg bei den gelisteten Produkten in der EU führen wird. Demnach könnte unter Umständen auch das britische Importhuhn auf der Liste landen.
Die Regelung könnte bereits im kommenden Jahr in Kraft treten. Vorher muss sich Christophe Hansen noch durch an die 2.000 Änderungsvorschläge zur Verordnung durchkämpfen, bevor sie dem EP-Umweltausschuss im Juli sowie dem Plenum frühestens im September zur Abstimmung vorgelegt werden kann. Anschließend müsse noch mit den EU-Mitgliedstaaten als Ko-Gesetzgeber verhandelt werden. Wobei Hansen davon ausgeht, dass der zuständige Ministerrat weniger ambitionierte Absichten hat als die EU-Parlamentarier.
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