Geldpolitik / Europäische Zentralbank erhöht Leitzinsen erneut um 0,25 Prozentpunkte
Die EZB lässt im Kampf gegen die hartnäckige Inflation nicht nach und schraubt die Zinsen erneut nach oben.
Die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag in Frankfurt, die
Schlüsselsätze um einen viertel Prozentpunkt anzuheben. Das ist bereits die neunte Erhöhung in Folge. Die EZB hatte im Sommer 2022, nach langem Zögern, mit ihrem rasanten Straffungskurs begonnen.
Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, steigt auf 3,75 Prozent von 3,50 Prozent. Die Währungshüter wollen so lange wie erforderlich ausreichend restriktive Zinsen festlegen, um die Inflation zeitnah auf das Ziel von zwei Prozent zu drücken, erklärte der EZB-Rat zum künftigen Kurs.
Erste Reaktionen von Volkswirten fielen positiv aus. „Es ist gut, dass sich die EZB die Möglichkeit offen gelassen hat, ihre Zinsen weiter anzuheben“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Ein Einlagensatz von 3,75 Prozent stehe noch nicht für eine ausgeprägt restriktive Geldpolitik, die mit Blick auf die
deutlich gestiegenen Inflationserwartungen notwendig sei.
Zuletzt waren Ökonomen uneins, ob der Höhepunkt beim Einlagensatz mit 3,75 Prozent erreicht sein wird oder erst bei 4,00 Prozent. Das wäre das höchste Niveau seit der Einführung des Euro 1999. Die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft war im Juni zwar auf 5,5 Prozent gesunken von 6,1 Prozent im Mai. Von Entwarnung kann aber noch nicht gesprochen werden. Denn die Teuerung liegt immer noch mehr als doppelt so hoch wie das Stabilitätsziel der Notenbank von 2,0 Prozent Inflation.
Sorge bereitet den Währungshütern auch die Entwicklung der Kerninflation – ein Maß, das die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert. „Die zugrunde liegende Inflation bleibt insgesamt hoch, auch wenn bei einigen Messgrößen Anzeichen einer Abschwächung zu erkennen sind“, erklärten die Währungshüter. Die Kernrate war im Juni auf 5,5 Prozent gestiegen von 5,3 Prozent im Mai.
Konjunkturausblick eingetrübt
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte am Dienstag die Notenbanken davor gewarnt, zu früh vom Kurs der Zinserhöhungen abzukommen. Der Kampf gegen die Teuerung sei eindeutig noch nicht gewonnen. Die Kerninflation müsse deutlicher und nachhaltiger nach unten gebracht werden. Es könne bis Ende 2024
oder Anfang 2025 dauern, bis die Inflation wieder den Zielmarken der Notenbanken entspreche.
Andererseits muss die EZB auch aufpassen, dass sie mit ihrem rasanten Straffungskurs die ohnehin schon schwächelnde Konjunktur im Euroraum nicht vollständig abwürgt. Für die am Montag anstehenden Daten zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in der Eurozone im zweiten Quartal erwarten Experten lediglich ein kleines Wachstum von 0,2 Prozent. Zuvor war es beim BIP zwei Quartale in Folge leicht bergab gegangen.
Die kurzfristigen Konjunkturaussichten im Euroraum haben sich laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde eingetrübt. Ursächlich dafür sei insbesondere die schwächere Binnennachfrage, sagte die Französin am
Donnerstag auf der Pressekonferenz nach der Zinssitzung in Frankfurt. Schärfere Finanzierungsbedingungen drückten auf die Ausgaben. Dies sei an der Industrieproduktion abzulesen, die auch unter dem schwachen weltwirtschaftlichen Umfeld leide. Der Dienstleistungssektor erweise sich als widerstandsfähiger, habe
jedoch an Schwung verloren. „Es ist zu erwarten, dass die Wirtschaft kurzfristig schwach bleiben wird“, so das Fazit der EZB-Chefin. Mit der Zeit würden fallende Inflationsraten und steigende Einkommen jedoch eine Konjunkturerholung stützen.
In den USA hat die Fed am Mittwoch ihren geldpolitischen Schlüsselsatz um einen viertel Prozentpunkt angehoben auf die neue Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent. Für die nächste Zinssitzung im September hielten sich die US-Währungshüter um Notenbankchef Jerome Powell aber alle Türen offen. Sowohl eine Anhebung als auch eine Pause ist Powell zufolge denkbar.
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