Kopf an Schwanz aneinandergereiht ließe sich mit ihnen nahezu die gesamte italienische Küste einrahmen, Luxemburgs 327 Kilometer Landesgrenze 20-mal mit einem Schal aus feinstem Pelz umschlagen. Appetitlich ist das nicht. Aber was ist schon appetitlich an den 17 Millionen Nerzen, die Dänemark wegen einer gegen Impfstoffe vielleicht resistenten Coronavirus-Mutation keulen lässt?

Bestimmt nicht, dass sie aus Mangel an Verbrennungsöfen auf militärischen Sperrgebieten vergraben wurden. Und sicher noch weniger, dass Fäulnisgase die zig Millionen verbuddelten Nerzkadaver nun wieder an die Erdoberfläche treiben. Dänemarks Friedhof der Pelztiere, eine Szenerie wie in einem Horrorfilm. Und nach den ganzen Schlachthof-Clustern ein weiteres Beispiel dafür, welch hochinfektiösen Cocktail Nutztierindustrie und Coronavirus ergeben.

Kann sich übrigens noch jemand an unsere Empörung über den Wet Market in Wuhan erinnern? An unsere Forderungen, dass so was ja wohl nicht gehe und diese Märkte schließen müssten? In Europa haben wir jetzt Millionen potenziell hochinfektiöse Zombie-Nerze. So viel dazu.

Frisches Pandemie-Ungemach kreiert Europa aber nicht nur beim Zusammenpferchen von Tieren. Forscher der Universität Basel haben eine neue Virusvariante untersucht, die für einen Großteil der zweiten Welle verantwortlich sein soll, unter der der Kontinent jetzt so ächzt. Urlauber brachten sie im Sommer als Souvenir aus Spanien mit zurück in ihre Heimatländer. Erstmals nachgewiesen wurde sie im Juni im Nordosten Spaniens, wo sie sich unter den Billigarbeitern in Europas Obstgärten verbreitete. Ein Super-Spreader-Ereignis unter Landarbeitern, die meist in erbärmlichen Bedingungen in Baracken hausen müssen – für das Virus ein gefundenes Fressen: Der Untersuchung zufolge macht die neue Variante inzwischen mehr als acht von zehn Corona-Fällen in Großbritannien aus. In Spanien sind es demnach 80, in Frankreich bis zu 40 Prozent. Auch Deutschland und Belgien sind betroffen. Luxemburg erwähnt die Studie nicht.

Die Nerz-Cluster wie auch jene in den Schlachthöfen oder auf den Plantagen tauchten nicht in der Unwissenheit des Pandemiebeginns auf. Nichts wird so sehr gepredigt wie Distanz, Distanz, Distanz. Wenn es aber darum geht, auch noch den letzten Cent aus Mensch und Tier zu quetschen, heißt es wieder Profit, Profit, Profit. Auch mitten in der Pandemie, mit gewachsenem Informationsstand über das Virus und wie es sich verbreitet. Die Rechnung kommt jetzt, bezahlt wird mit Lockdowns.

Im Frühling fragten sich einige noch, ob die Pandemie alles zum Guten verändern werde, ob wir nachher, wenn die Lektionen gezogen sind, besser leben könnten. Mit geändertem Kurs – in einer gerechteren, nachhaltigeren, achtsameren Welt. Inzwischen hangeln wir uns von Lockdown zu Lockdown. Die einzige verbliebene Vision von einer Welt nach Corona ist die, dass das Virus weg ist.

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Armand Back

Armand Back ist seit 2006 beim Tageblatt. Über die Korrektur ging es erst in die Lokalredaktion, um dann mit der internationalen Politik in die große weite Welt hinausgeworfen zu werden. Dort treibt sich der Escher noch heute herum und behält besonders Europas neue Rechte im Blick. Andere Schwerpunkte sind der Brexit, Migration, der Mittlere Osten und sonst alles, was die Welt und damit auch den Autor gerade in Atem hält. Zuletzt und wohl auch in nächster Zeit ist die Corona-Krise hinzugekommen. Eine besondere Vorliebe gilt Esch und Wien, dem Balkan und dem Kaukasus, dem Westen Irlands und dem Süden Italiens. Entspannt wird vorzugsweise mit den vielen Lieben, sonst mit schräger Musik. Mag Unterhaltung, die gruselt, und hält sich selber für den besten Pasta-Koch.

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