Erneuerbare Energien / Eurosolar feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Bestehen und orientiert sich neu
Eurosolar hatte schon immer starke Gegner. Vor 20 Jahren ist die Initiative angetreten, Solarenergie und Fotovoltaik zu thematisieren, um fossile Energien zu ersetzen. Oft als „Ideologen“ abgestempelt und bekämpft von der Industrie, haben die Aktivisten zwei Jahrzehnte lang dicke Bretter gebohrt. Der Pioniergeist ist geblieben, die Rolle hat sich zwischenzeitlich geändert. Heute will Eurosolar ein ehrlicher Makler in Sachen erneuerbare Energien sein.
Den Gegenwert von rund 66.000 Fotovoltaikanlagen bezahlt Europa täglich für Öl und Gas aus Russland. Mit diesem Budget hätte man nach drei Tagen genügend Dachflächen mit Fotovoltaikanlagen ausgestattet, um alle Haushalte Luxemburgs mit Strom und Wärme zu versorgen. Das sind eigene Berechnungen der Initiative Eurosolar vom April dieses Jahres, die stutzig machen. Eigenheime wie diese kommen ohne Gas und Öl aus.
Rechnungen wie diese offenbaren auch: „Der Ukrainekrieg zeigt sehr gut, wie Europa sich von einem einzigen Lieferanten abhängig gemacht hat“, sagt Paul Kauten (58). Der Elektroingenieur und ehemalige Lehrer am „Lycée des arts et métiers“ (LAM) ist Gründungsmitglied und widmet sich schon früh der Frage nach alternativen Energien. Zusammen mit Kollegen und Schülern entstehen in den 90er Jahren Schulprojekte zum Thema.
Das Solarmobil ist eines davon. „Es ging darum, möglichst weit mit Solarstrom zu kommen“, sagt Kauten, der zu jener Zeit an der Entwicklung beteiligt war. Das Solarmobil ist damals ein Vorzeigeprojekt. Es fährt 1992 und 1993 bei der „Tour de Sol“ mit und in 1994 beim „Saar-Lux-Cup ’94“. Nach fünf ereignisreichen Jahren macht es seine letzte Fahrt und wird zum Ausstellungsstück am LAM. Ein paar Jahre entsteht das „Solar-Labo“ für Experimente der Schüler. Es ist ein paar Mal umgezogen und steht heute am „Réidener Lycée“.
Schulprojekte sind die Keimzelle
Die Schülerprojekte sind die Keimzelle für die Gründung von Eurosolar als Asbl im Jahr 2002. Der Gegenwind war damals heftig. „Ideologische Spinner“ war noch das Geringste, was sie bei der Gründung zu hören bekommen. Man solle doch das Geld und Zeit stattdessen woanders einsetzen, wo es sinnvoller ist. Das war die Kritik. Hinzu kommen eingefahrene Gewohnheiten. „Die Menschen sind daran gewöhnt, auf den Knopf zu drücken und schwupp, ist Energie da“, sagt Paul Zens (57), Präsident von Eurosolar und Mitglied von „déi gréng“. „Niemand macht sich Gedanken, wo sie herkommt.“
Gegenwind kommt auch aus der Industrie, die mit fossilen Brennstoffen immer noch viel Geld verdient. Sie hält an jahrzehntelang eingefahrenen Narrativen fest und betreibt Lobbyarbeit. „Sie waren nicht an dem Neuen interessiert“, sagt Zens. Nicht nur sie. „Jahrelang wurden Öl- oder Gasheizungen lieber technisch aufgepeppt, als sie zu ersetzen“, sagt er. „Und jetzt, wo es schnell gehen soll mit Alternativen, fällt auf, wo es überall fehlt.“
Bei Eurosolar ist man der festen Überzeugung, dass die Techniken für erneuerbare Energien und die damit verbundene Wende längst da sind. Allerdings gehören sie zusammengeführt und gebündelt. Daran arbeitet die Initiative aktuell. Nach 20 Jahren ist sie dabei, Kompetenzen rechts und links zu vernetzen, um Interessierte an die richtige Stelle zu orientieren. „Heute haben wir die Rolle eines ehrlichen Maklers“, sagt Präsident Zens. Das ist Arbeit im Hintergrund. „So wie wir das mit einer Vollzeitstelle machen können“, schränkt Gründungsmitglied Kauten ein.
Hindernisse für die Energiewende sind nicht kleiner geworden
Trotzdem soll die Öffentlichkeitsarbeit nicht zu kurz kommen. Während es in den Anfangsjahren hauptsächlich darum geht, technische Informationen zu liefern oder über den „Solarpreis“ auf Vorreiter und das Thema aufmerksam zu machen, gibt es heute Podcasts, in denen Experten zu Wort kommen. Außerdem will Eurosolar seine Präsenz bei Veranstaltungen breiter streuen als bisher und nach wie vor an Projekten arbeiten.
Eines davon sind „Energiegemeinschaften“. In der Gemeinde Saeul soll eine solche zwischen 16 Häusern entstehen, die sich die gewonnene Energie über Fotovoltaik vor allem zu den Spitzenzeiten täglich teilen. Obwohl heute niemand mehr über das Warum bei erneuerbaren Energien streitet, sind die Hürden beim Wie nicht kleiner geworden. Es kommen neue hinzu. Bei dem individuellen Wunsch, unabhängiger zu werden, scheitert derzeit vieles an der Globalisierung.
Fotovoltaikzellen kommen aus asiatischen Ländern wie Korea, Japan oder China. Es gibt Lieferprobleme. Außerdem ist der Preis für die Zellen gestiegen. Was heißt das für Eurosolar? „Es braucht uns nicht mehr, um zu zeigen, wie eine Zelle funktioniert, aber es braucht uns nach wie vor als Multiplikator für das Thema“, sagt Eurosolar-Präsident Zens. 50 Jahre nach dem ersten Bericht des „Club of Rome“ über die Grenzen des Wachstums, 30 Jahre nach dem „Solarmobil“ und 20 Jahre nach der Gründung von Eurosolar gibt es immer noch viele Fragen. Und es gibt eine Anlaufstelle.
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