Artemis Accords / Experte lobt Luxemburgs Vereinbarung mit NASA und Co.
Luxemburg will das Sonnensystem erforschen und seine Resourcen nutzbar machen. Zusammen mit den USA und sechs weiteren Nationen hat Wirtschaftsminister Franz Fayot deshalb im Oktober die Artemisvereinbarung unterzeichnet. Für viel Aufsehen sorgte das in Luxemburg nicht. Was taugt das Dokument überhaupt? Der Anwalt und Experte für Weltraumrecht Antonino Salmeri lobt den Text.
Die Eroberung des Sonnensystems ist in den Köpfen vieler Menschen immer noch Science-Fiction. Doch in den vergangenen Jahren sind viele Pläne plötzlich sehr konkret geworden. Die NASA will zurück auf den Mond. Und dieses Mal sollen die Männer und Frauen dem Trabanten nicht nur eine Stippvisite abstatten, sondern einen dauerhaften Außenposten errichten. Ein Mini-Weltraumstation (die „Gateway“) soll im Orbit des Mondes die Stellung halten, während auf der Oberfläche geforscht wird und für einen weiteren Schritt hinaus ins All trainiert wird – für die Besiedelung des Mars.
All dies wird nur möglich sein, wenn die Menschen auf dem Mond den größten Teil dessen, was sie brauchen, vor Ort herstellen können. Dazu zählen Material für Unterkünfte, Treibstoff, Strom, Luft und Wasser. Deshalb gewinnt der Ressourcen-Abbau vor Ort – sprich Space Mining – an Bedeutung.
Die neue Mondmission der NASA trägt den Namen Artemis. So heißt die griechische Mondgöttin und Schwester von Apollo, nach dem die Mondmissionen der 60er Jahre benannt waren. Bei der Mission soll auch erstmalig eine Frau den Mond betreten. Am 13. Oktober haben NASA-Chef Jim Bridenstine und Vertreter aus sieben anderen Ländern die Artemis-Vereinbarung unterzeichnet. Ein Dokument über die friedliche Nutzung des Mondes, des Mars, der Kometen und Asteroiden. Die Unterzeichner sind ein eklektisches Oktett bestehend aus den USA, Australien, Kanada, Italien, Japan, den Emiraten, dem Vereinigten Königreich und Luxemburg. Der luxemburgische Unterzeichner ist Wirtschaftsminister Franz Fayot. Die Raumfahrt ist in Luxemburg, wie in vielen Ländern, Sache des Wirtschaftsministeriums. Die Luxemburger Weltraumbehörde LSA ist dem Wirtschaftsministerium nicht nur untergeordnet, sie residiert auch im gleichen Gebäude.
Rücksicht und Kooperation
Antonino Salmeri ist Anwalt und Experte für Weltraumrecht. Unter anderem hat er sich bereits in einer Arbeit mit dem Luxemburger Space-Mining-Gesetz befasst. Die Artemis-Vereinbarung bewertet er sehr positiv.
Salmeri hat die Entstehungsgeschichte der Vereinbarung als Außenstehender beobachtet und glaubt, über die Entwicklungsgeschichte hinweg einen Wandel bei der NASA gesehen zu haben. Ursprünglich plante die NASA lediglich eine Reihe von bilateralen Abkommen mit den Partnern der Artemis-Mission. Das Endresultat, eine multilaterale Vereinbarung, überzeugt ihn.
Den Text sieht er auf einer Linie mit dem Weltraumvertrag von 1967. Dieser Vertrag ist das Kernstück des Weltraumrechts. Er verbietet unter anderem, dass ein Land sich einen Himmelskörper aneignet. Die Macher des Weltraumvertrages konnten 1967 allerdings die Space-Mining-Aktivitäten des 21. Jahrhunderts nicht vorhersehen, sodass heute in einigen Punkten mehr Klarheit nötig ist. Dort, wo die Artemis-Vereinbarung über den Weltraumvertrag hinausging, täten sie dies auf eine gute Weise, glaubt Salmeri.
Ein wichtiger Artikel darin regelt, dass die Unterzeichner auch im Weltraum Rücksicht auf die Arbeit eines anderen nehmen. Die Unterzeichner wollen sich gegenseitig darüber auf dem Laufenden halten, wo sie was tun, und Rücksprache halten, bevor sie etwas tun, das die Arbeit von anderen stören könnte. Ein Beispiel: Durch die Ankunft eines Landers auf dem Mond wird Staub aufgewirbelt. Für Roboter, die am Landeplatz aktiv sind, könnte das zum Problem werden. Er könnte eine Untersuchung zunichtemachen. Im schlimmsten Fall beschädigt der Staub ihre Instrumente, sodass sie unbrauchbar sind. Damit so etwas nicht passiert, sollen die Unterzeichner sich in Zukunft absprechen. Doch die Zusammenarbeit geht viel weiter. Die Länder verpflichten sich, die wissenschaftlichen Informationen, die sie im Rahmen der Vereinbarung sammeln, mit der Öffentlichkeit und der Wissenschaftsgemeinschaft zu teilen.
Gemeinsame Standards auf dem Mond
Die Frage, welcher Teil der Vereinbarung der wichtigste ist, lässt sich für Salmeri nicht einfach beantworten. „Die einzelnen Länder haben unterschiedliche Prioritäten und damit unterschiedliche Vorteile durch dieses Dokument“, so der Anwalt. Für ihn aber ist Paragraf 5 besonders wichtig. Darin verpflichten sich die Unterzeichner, an gemeinsamen Standards für ihre Infrastruktur zu arbeiten. Etwa bei Landeplätzen oder auch bei der Aufbewahrung von Treibstoff. Salmeri glaubt, dass hiervon Länder mit einem kleineren Weltraumsektor profitieren können, da es einfacher wird, die Infrastruktur mitzubenutzen, die andere bereits errichtet haben – zum Beispiel ein Kraftwerk, das die zukünftigen Mondinstallationen mit dem nötigen Strom versorgt.
Die Vereinbarung enthält außerdem einen Abschnitt über Weltraumressourcen. Auf den ersten Blick, könnte man glauben, für Luxemburg sei ein Abschnitt besonders wichtig. Doch Salmeri misst ihm weniger Bedeutung zu. Der Paragraf wiederhole lediglich die bereits anerkannte Tatsache, dass das Schürfen von Ressourcen auf dem Mond, Asteroiden oder anderen Himmelskörpern keine nationale Inbesitznahme eines Himmelskörpers darstellt und damit nicht gegen den Weltraumvertrag von 1967 verstößt. Die Artemis-Vereinbarung fügt dem nichts Neues hinzu. Offene Fragen, zum Beispiel, ob die Nutzung von Weltraum-Ressourcen auf nationaler oder internationaler Ebene geregelt sein sollte, beantwortet auch die Artemis-Vereinbarung nicht.
Unterzeichnet wurde sie von den Chefs unterschiedlicher Weltraumbehörden und von Regierungsmitgliedern. Sie sind in Luxemburg nicht etwa die Chamber gegangen. Welche juristische Relevanz haben sie dann? „Die Artemis-Vereinbarung ist eine politische Selbstverpflichtung“, so Salmeri. Es handelt sich nicht um ein Abkommen im Sinne des internationalen Rechts – rechtlich sind sie also nicht bindend. „Politisch haben sie jedoch eine große Bedeutung.“ Er glaubt nicht, dass eines der Länder ins Weltall fliegt und die Vereinbarungen bricht. Ein solches Vorgehen würde auf der politischen Bühne zu schwerwiegenden Konsequenzen führen.
Jeder kann mitmachen
Gleichzeitig sind Privatunternehmen von den Vereinbarungen betroffen. Sie haben sich selber zwar zu nichts verpflichtet, aber sie benötigen für ihre Aktivitäten Genehmigungen, die sie von den unterzeichnenden Staaten erhalten. Unternehmen aus Luxemburg, die Space Mining betreiben wollen, brauchen zum Beispiel laut dem Space-Mining-Gesetz von 2017 eine ministerielle Zulassung.
Dass weder China noch Russland oder Indien Unterzeichner der Vereinbarungen sind, kommentiert Salmeri ähnlich, wie es auch Fayot schon getan hat. „Es ist ein offenes Dokument.“ Das Dokument hält sogar fest, dass jeder, der will, sich der Vereinbarung anschließen kann. „In Zukunft werden noch andere Länder hinzukommen. Kürzlich gab es die Nachricht, dass Brasilien Interesse hat. Ich denke, dass das eine tolle Sache wäre“, sagt Salmeri. Natürlich gibt es politische Gründe, die China oder Russland davon abhalten könnten, der Vereinbarung beizutreten. Allerdings enthalte der Text kaum strittige Punkte, meint Salmeri. Tatsächlich könnten alle Länder von Sicherheitszonen für ihre Weltraumaktivitäten oder Datenaustausch profitieren. „Ich sehe keinen Grund, dem nicht beizutreten, oder wenigstens selbst etwas zu entwickeln, das dem sehr ähnlich ist“, so Salmeri.
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