Stad Lëtzebuerg / Experte: Private Sicherheitsleute könnten die öffentliche Staatsgewalt untergraben
Die privaten Wachleute, die bis zum 31. Januar in Luxemburg-Stadt patrouillieren, arbeiten laut Juraprofessor Dr. Stefan Braum in einer rechtlichen Grauzone. Denn: Grundsätzlich könne eine private Sicherheitskraft im öffentlichen Raum eingreifen unter Berufung auf die Nothilfe. Andererseits sei dieses Recht eigentlich dem normalen Bürger vorbehalten.
Luxemburg-Stadt hat ein privates Unternehmen angestellt, um für mehr Sicherheit – oder zumindest für ein größeres Sicherheitsgefühl – zu sorgen. Bis zum 31. Januar patrouillieren zwei Zweier-Teams mit Hund im Bahnhofsviertel. Ein weiteres patrouilliert ohne Vierbeiner in der Oberstadt. Polizeiminister Henri Kox („déi gréng“) ist nicht nur gegen die privaten Sicherheitskräfte in Luxemburg-Stadt, er behauptet auch, dass sie in ihrer jetzigen Form illegal seien. Juraprofessor Dr. Stefan Braum von der Universität Luxemburg spricht hingegen von einer rechtlichen Grauzone.
„Zunächst können die privaten Sicherheitskräfte im öffentlichen Raum herumlaufen – das ist unproblematisch“, erklärt Braum dem Tageblatt gegenüber. Das Problem fange an, sobald die privaten Wachleute Eingriffskompetenzen wahrnehmen würden – zum Beispiel, wenn sie körperliche Übergriffe oder einen Drogendeal sehen würden. Dann sei die Frage: Was dürfen sie machen? „Eigentlich nichts“, sagt der Juraprofessor. „Aber es wird argumentiert, dass sie sich auf allgemeine Notwehrrechte berufen sollen.“
Die sogenannte Nothilfe erlaube es jedem Zivilisten, in einer Notsituation auszuhelfen. Laut Braum darf man anderen Menschen in solchen Fällen, unter Berufung des Nothilferechts, „auf die Mütze hauen“. Diese Regelung sei Teil des Strafrechtes. Das Problem: „Sicherheitsleute sind nicht Leute wie Sie und ich“, so Braum. „Es ist eine organisierte Form der quasi-öffentlichen Gewalt, die allerdings über keine öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage verfügt.“ Deswegen sei es eine Grauzone: Das Nothilferecht sei eigentlich für natürliche Personen gedacht.
Die Probleme mit den Sicherheitsleuten
Stefan Braum befürchtet, zwischen den privaten Sicherheitskräften und der Polizei könne ein „unklares und diffuses Miteinander und zum Teil Gegeneinander“ entstehen. Luxemburg-Stadt gehe hingegen von einer möglichen Koexistenz aus. In den Medien sagt der Schöffenrat von Luxemburg-Stadt, die Aufgabe der Wachleute sei lediglich Prävention und das Vermitteln eines Sicherheitsgefühls. Braum fragt sich allerdings, was passiere, wenn die privaten Sicherheitsleute eine Straftat beobachten: „Wenn jemand – ohne Polizei anwesend – durch die Sicherheitskräfte festgenommen oder verfolgt wird, dann könnten Beweise erlangt werden, die im öffentlichen Rechtsverfahren nicht verwertbar sind“, sagt der Juraprofessor. „Die Sicherheitskräfte unterliegen den öffentlich-rechtlichen Einflussbefugnissen nicht.“
Kurzum: Laut Braum könnten die privaten Sicherheitsleute das staatliche Gewaltmonopol durch negative Auswirkungen „unterminieren“. Zum einen könnten Strafprozesse – durch das falsche Einschätzen der Situation der Sicherheitskräfte – negativ beeinflusst werden. Zum anderen sei es möglich, dass die Präsenz der privaten Wachleute das notwendige Vertrauen in die Polizei schwäche. „Studien im Ausland haben dieses Phänomen untersucht“, sagt Stefan Braum. Er beziehe sich unter anderem auf die Studie „Morphologie der Macht: Urbane ‚Sicherheit‘ und die Profitorientierung sozialer Kontrolle“.
Verschiedene Kommunen in Deutschland und Frankreich, die mit privaten Sicherheitsleuten arbeiten, haben laut Braum einen klaren rechtlichen Rahmen: „Da ist es teilweise klar geregelt: Die privaten Wachleute dürfen nicht eingreifen – nur die Polizei kontaktieren.“
Mangel an Ressourcen
Die Bürgermeisterin von Luxemburg-Stadt, Lydie Polfer, sagte dem Radiosender 100,7 gegenüber, dass die Polizei frustriert sei, weil hinter den Festnahmen kaum Sanktionen stehen würden und fast niemand einem Richter vorgeführt werde. Für Stefan Braum ist das Teil des Rechtsstaates: „Gott sei Dank funktioniert das Kriminaljustizsystem so, dass es von der polizeilichen Festnahme bis hin zur Gefängnisstrafe unterschiedliche Filter gibt.“ Es gebe sehr viele Mechanismen, die verhindern könnten, dass es zu einer Rechtsstrafe komme. Das gehöre zu den Kernspannungen im Kriminaljustizsystem.
Vielmehr gibt es laut Braum ein Ressourcen-Problem bei der Strafverfolgung durch Polizei, Staatsanwaltschaften und Justiz: Die Arbeitsbelastung sei für alle zu groß. „Das sieht man auch daran, wie lange die Verfahren mitunter dauern“, sagt Stefan Braum. „Dort könnte man für Verbesserungen ansetzen.“ So oder so müsse nicht jeder polizeiliche Einsatz zu einer Verurteilung führen – das sei eine falsche Erwartung. „Wäre das so, dann würde Schrassig aus allen Nähten platzen“, sagt der Juraprofessor.
Platzverweis
Es gibt laut Lydie Polfer einen weiteren Frust-Punkt für die Polizisten der Luxemburger Hauptstadt: das Versprechen, dass es bis Ende des Jahres möglich sei, Menschen zu verweisen, die in Eingängen schlafen, Drogen nehmen oder ihre Notdurft verrichten. Bis jetzt hat die Regierung diesen Gesetzestext noch nicht eingeführt. „Das luxemburgische Recht ist in verschiedenen Hinsichten sehr fortschrittlich und in anderen Bereichen gibt es Lücken, die in anderen Ländern nicht existieren“, sagt Stefan Braum. Der Platzverweis – wie es ihn in Deutschland bereits gebe – erlaube es, jemanden, der eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstelle, aufzufordern, den Bereich zu verlassen.
„Das Problem: Was ist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung?“, fragt Braum. Grundsätzlich sei es nicht möglich, einen Obdachlosen einfach so des Platzes zu verweisen. „Der schläft da – das ist eigentlich keine Verletzung des Strafrechts, es sei denn, es gibt kommunale Verbote, die das untersagen.“ In Deutschland gebe es hingegen das abstrakte Rechtsgut der öffentlichen Ordnung. „Bei der öffentlichen Ordnung kommt es nicht auf Gesetze, sondern auf die Vorstellung aller ‚gerecht-Denkenden‘ an“, erklärt Braum. Auch in Luxemburg könne der Platzverweis „entsprechend eng gefasst“ eingeführt werden. Das ist laut Stefan Braum allerdings nur durch ein Zusammenspiel vom Kommunalrecht und einem angepassten Polizeirecht möglich.
Die privaten Sicherheitsleute werden noch bis zum 31. Januar durch die Straßen der Luxemburger Hauptstadt patrouillieren. Damit dies ohne größere Probleme vonstattengehe, ist es für Stefan Braum wichtig, jetzt Rechtsklarheit zu schaffen – sowohl im Kommunalrecht als auch auf Staatsebene. „Es muss klar sein, dass das öffentliche Gewaltmonopol ausschließlich dem Staat unterliegt.“
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Wehret den Anfängen oder dem Beginn einer Bananenrepublik!
Die Frage ist dann aber,wieso sind Private-Sicherheitsdienste denn erlaubt? Es geht doch um Präsenz in der Öffentichkeit.Was sie auf jedenfall machen können,sie können die Polizei alarmieren und Täter identifizieren.Ausgebildete Hunde können Waffen oder Sprengstoffe erwittern BEVOR sie gezündet werden.Zum Beispiel von einem Sprengstoffexperten Allah’s,denn das sind Feiglinge die niemand erkennt bis es knallt. Dasselbe gilt für Drogen. Also was wollen wir? Sicherheit oder Angst?
Private Sicherheitsleute in privaten Räumen, Kino, Austellung, Theater, Kunstgallerie usw. Ja. Im öffentlichen Raum haben diese Sherrifs nichts zu suchen.
Es zeugt von Humor, in einem Viertel, das offenbar völlig ungestört von den Protagonisten von Drogenszene, Beschaffungskriminalität und Strassenprostitution kontrolliert wird, überhaupt noch von „Staatsgewalt“ zu reden.
Die Sicherheit der Bürger darf nicht zum Geschäft werden. Wird sie aber mit privaten Sicherheitsgesellschaften.
Entweder gett de Problem vun der Police gelei’st, oder et muss een sech eppes aanescht anfaalen loossen !
Weiter nicht schlimm, bald wird hierzulande alles privatisiert sein inklusive die Regierung.
Ein paar Rambos mit Schäferhunden , die absolut keine Befugnisse haben, und die Bürger sollen sich in Sicherheit wähnen!
Leeft op der selwechter Schinn wéi d’Kameraën am öffentleche Raum: sie sollen dem (gutt)gléwege, besonnesch eelerem Wal-Vollek dat sougenannt SécherheetsGEFILL vermëttelen. E Gefill eben, keng Sécherheet!
Sécherheet bréngen eenzeg regelmässeg Fousspatrulle vun der Police.